Editorial

Die Welt – im besten Fall – ein wenig besser machen.

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 4/2017

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg beginnt ein einfacher Schäfer in der damals verödeten und zerstörten Provence Bäume zu pflanzen. Einfach so, um die Welt wieder schöner zu machen, pflanzt er Tag für Tag, jahrzehntelang. Ohne Eigennutz. Und er schafft es tatsächlich, eine karge Berggegend in der Haut-Provence wieder aufzuforsten und dadurch nicht nur den Menschen in dieser Gegend eine Zukunft zu geben, sondern auch die Natur wieder zum Erblühen zu bringen.

Vor nicht langer Zeit hörte ich diese Geschichte vom „Mann, der Bäume pflanzte“ zum ersten Mal. Obwohl ein Klassiker der französischen Literatur, kannte ich die Kurzgeschichte von Jean Giono „L’homme qui plantait des arbres“ nicht. Dabei ist die Geschichte so ergreifend und schön und könnte heute nicht aktueller sein: Ein Außenseiter, stur, leidenschaftlich, tatkräftig, hinterlässt nachhaltige Spuren. Der Hanser Verlag hat das kleine Buch mit dem großen Inhalt dankenswerter Weise letztes Jahr neu herausgebracht.

Manchmal nähert man sich der Lebensleistung eines Einzelnen, versteht seine Ideen und Visionen erst, wenn dieser Mensch nicht mehr ist. Umso größer kann der Ansporn sein, in dessen Fußstapfen zu treten.

Bei dem Sprachwissenschaftler und Sanskritist Otto von Böhtlingk (1815–1904) war allerdings schon zu seinen Lebzeiten klar, dass er ganz Großes vollbrachte: „Es gelang ihm auf den Tag genau an seinem sechzigsten Geburtstag, sein Lebenswerk zu vollenden und den kompletten Wortschatz einer klassischen, schriftlich fixierten Sprache und Literatur, des Sanskrit, zum ersten Mal komplett vorzulegen – im siebenbändigen sog. Petersburger Wörterbuch. Schon bei seinem Erscheinen galt dieses voluminöse Werk mit seinen mehr als 5.000 Seiten nicht nur als Meilenstein der Indologie, sondern der Sprachwissenschaft überhaupt“, berichtet unser Rezensent. Jetzt ermöglicht Agnes Stache-Weiske durch ihre herausragende Brief-Biographie Einblicke in das Leben dieses großen Wissenschaftlers, der, wie der Titel sagt, der „Wißenschaft … von ganzer Seele leb[t]e“.

Europa in der Krise!? Unser Rezensent setzt ein Ausrufezeichen und ein Fragezeichen. Die Wahrnehmungen über Europas Zukunft ändern sich – so scheint es – mittlerweile fast im Jahrestakt. Drei Bücher von Ökonomen, die wir aus der großen Fülle der zu diesem Thema mittlerweile vorhandenen Literatur ausgewählt haben, bieten Reflexionen über den Stand und die Zukunft der Europäischen Integration.

In den letzten Jahren sind auch zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema 500 Jahre Reformation erschienen. Über die Frauen in der Reformationszeit wird dabei nur marginal berichtet. Wir haben uns auf die Suche gemacht und Bücher gefunden, die die Vielfalt der Lebensmodelle der Frauen in der Reformationszeit beleuchten.

Neben weiteren außergewöhnlichen Büchern finden Sie, wie jedes Jahr in unserer Sommerausgabe, viele Besprechungen von Neuerscheinungen aus der Astronomie. Vielleicht werden manche davon Sie zu aufregenden nächtlichen Ausflügen anstiften? Sie entdecken dabei sicher wieder viel Neues am Sternenhimmel.

Der junge Wiener Verleger Nikolaus Brandstätter beantwortet dieses Mal unseren Fragebogen auf der letzten Seite – und er hat richtig viel Schwung! „Verleger zu sein ist ein große Freude, ein Privileg. Das schönste für mich ist, so viele spannende Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen kennenlernen zu dürfen und als Plattform für ihre Ideen und Visionen zu fungieren.“ Genauso ist es. Das spricht einer Redakteurin aus der Seele. Dass es, wie für Nikolaus Brandstätter, „für mich nur gute und bessere Tage gibt, keine schlechten“, das ist allerdings „eine Frage der Einstellung“. Aber das Folgende ist gewiss: „Jeder Tag, an dem wir die Möglichkeit haben zu gestalten, ist ein guter Tag!“ Und auf die Frage nach dem spannendsten Ereignis in seinem Berufsleben antwortet der Jungverleger enthusiastisch und liebenswert so: „Das spannendste Ereignis ist für mich immer morgen. Gemeinsam mit unserem hochmotivierten Verlagsteam, beseelten AutorInnen und beglückenden Mitstreitern die Welt neu zu erfinden und sie im besten Fall ein wenig besser zu machen ist mehr als spannend. Es ist sinngebend.“

Angelika Beyreuther

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