Editorial

… lehre die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 2/2018

„Ich kann ohne Kunst nicht leben, weil sie mich im wortwörtlichen Sinn begeistert. Kunst ist für mich wie ein Dünger, der meine emotionale Beteiligung an mir selbst, an anderen und an der Welt immer wieder aktiviert. Kunst ist der beste Umgang, den man haben kann“, schreibt die Schauspielerin Adele Neuhauser in ihrer Autobiografie mit dem Titel „Ich war mein größter Feind“. Das Buch landete schnell auf den Bestseller-Listen, verdient und verständlich. Denn seit Adele Neuhauser sich im Wiener „Tatort“ an der Seite von Harald Krassnitzer einem Millionenpublikum als Figur der Bibi Fellner in die Herzen spielt, ist sie im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt.

Als Sechsjährige entscheidet sie, Schauspielerin zu werden. Als Sechszehnjährige beginnt sie die Schauspielausbildung. „Das Großartige und Faszinierende an der Schauspielerei war für mich immer in andere Charaktere schlüpfen zu können und mich für diesen Augenblick von mir und meinem Lebensumstand zu ‚befreien‘“, sagt sie in unserem fachbuchjournalInterview. „Was aber noch eine treibende Kraft für mich war, ist die Tatsache, dass ich mein Umfeld zum Lachen bringen konnte und so hatte ich auch das Gefühl ein bisschen dafür geliebt zu werden. Deshalb schrieb ich auch in meiner Autobiografie, das Lachen ist nah an der Liebe.“

Freiheit war für Adele Neuhauser immer wichtiger als Sicherheit. Immer wieder warf die Schauspielerin feste Engagements über Bord, ließ Bequemlichkeit und Sicherheit hinter sich, um neu aufzubrechen „und [zu] schauen, was geht“. Auf meine Frage, ob sie das nie bereut habe, antwortet sie eindeutig: „Diese Frage kann ich wirklich knapp mit einem Nein beantworten.“

In ihrem Buch fand ich diese Stelle deshalb auch besonders schön: „Das Gehirn funktioniert nicht wie ein Muskel, den man nur zu trainieren braucht. Neues Wissen, neue Fähigkeiten erwerben wir vor allem dann, wenn wir emotional berührt werden. Wenn uns etwas unter die Haut geht. Wenn wir im Theater sitzen, uns einen Film anschauen oder ein Gemälde, entsteht im besten Fall diese Energie, an die ich so sehr glaube und die ich versuche zu leben. Diese Energie mobilisiert uns und sie lässt sich mühelos vermehren und weitergeben. Da gibt es diesen schönen Satz von Antoine de Saint-Exupéry, der uns auffordert: ‚Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.‘ Darum geht es eigentlich. Und darum geht es in der Kunst. Um Energie.“

Lesen Sie selbst. Interview und Buch. Und bei den vielen weiteren Büchern, die wir – wie in jeder Ausgabe des fachbuchjournals – auch in dieser für Sie ausgesucht, gelesen und besprochen haben, werden für Sie vielleicht auch weitere Entdeckungen dabei sein.

 

Angelika Beyreuther

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