Buchtipps

Thedel v. Wallmoden: Wir bauen Archen

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 5/2023

Aber unsere gemeinsame Arbeit am Kontinuum der literarischen Tradition bezieht ihre Motivation und Legitimation auch daraus, dass es Texte gibt, die für unsere kulturelle Identität konstitutiv sind. Das Bild der Arche meint eine kulturelle Integration, eine Verständigung auf eine kulturelle Substanz, mit dem Ziel, die Stürme gemeinsam zu überdauern. Noch ist es nicht die Zeit der bedrohlichen und alles verschlingenden Flut, aber es ist der Mühe wert, weiter an diesen Archen zu bauen. (Thedel v. Wallmoden1)

Der Verleger ist Vermittler […], einer, der für andere eintritt, der versucht, ihnen den Weg zu ebnen. Es wäre Anmaßung, so zu tun, als schriebe der Verleger die Bücher seiner Autoren selber […]. Er wählt aus, er gibt den Büchern Gestalt, er stellt geistige und praktische Zusammenhänge her, er findet Formeln, die den Autor begehrenswert, interessant, verständlich machen. […] Die Summe der Bücher, die ein Verleger mit seinem Namen begleitet, ist gleichfalls auch eine Aussage über ihn selbst. In der Abfolge der Jahre werden seine geistigen und künstlerischen Interessen, seine sozialen, seine politischen Überzeugungen offenbar. Der Verleger […] veröffentlicht, vielleicht sogar wider Willen, wachsend ein Porträt von sich selbst. (Eugen Claassen2)

Thedel v. Wallmoden: Wir bauen Archen. Essays und Reden.
Göttingen: Wallstein, 2023. 408 S., geb., Schutzumschlag,
ISBN 978-3-8353-5555-2. € 28,00.

Verantwortung für Autoren und Werke zu übernehmen, sich für literarische Qualität einzusetzen und diese auch gegen den herrschenden Trend durchzusetzen, persönlich für sie zu haften – das ist es, was Verleger immer ausgezeichnet hat. Zum erfolgreichen Verlegen gehört aber auch die Kontinuität der Zusammenarbeit und die Pflege eines Werkes. Das Bewahren der literarischen Tradition ist für Thedel v. Wallmoden ebenso wichtig wie langfristige Beziehungen zu Autorinnen und Autoren. Mit dem Bild der Arche ist ein kulturelles Erbe gemeint, das es zu bewahren gilt. Leidenschaftlich schreibt Thedel v. Wallmoden über Fluch und Segen der Arbeit des Verlegers, über wichtige Autoren, Freunde und Wegbereiter wie Ruth Klüger, Heinz Ludwig Arnold oder Walter Pehle, über Ringelnatz, Rosa Luxemburg und Ernst Toller. Vorbilder wie Kurt Wolff und Samuel Fischer werden gewürdigt ebenso wie die Rolle des oft verkannten „unsichtbaren Zweiten“ – der Lektorin oder des Lektors. Er analysiert literarische Werke, diskutiert Herausforderungen und Chancen in der Buchbranche sowie die Rolle von Verlagen in der Gesellschaft. Immer wieder fragt er nach der Bedeutung von Klassikerausgaben und wissenschaftlichen Editionen in unserer Zeit. Und er gibt Einblicke in die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte des Wallstein-Verlags.

Das Buch ist eine Gabe der Herausgeber Thorsten Ahrend, Christoph König und Nikola Medenwald zum 65. Geburtstag des Wallstein-Verlegers Thedel v. Wallmoden im Juni 2023; und für alle Bücherfreunde ist es ein wunderbares Geschenk. (red)

1 „Was ist Editionswissenschaft und warum veröffentlichen wir wissenschaftliche Editionen?“ Vortrag „What is Scholarly Editing and Why Publish Scholarly Editions? Anlässlich der Tagung „Hannah Arendt. The Modern Challenge to Tradition. The First Volume of the Critical Edition” an der Vanderbilt University, Nashville, Tennessee (2.-4.11.2017). In: „Wir bauen Archen. Essays und Reden“, Wallstein, Göttingen, 2023.

2 Eugen Claassen, „Über das Verlegen“, in: ders., In Büchern denken, ausgewählt und hg. von Hilde Claassen, Hamburg und Düsseldorf 1970.

Diese Seite benutzt Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

Datenschutzerklärung