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Unser Fragebogen – Dincer Gücyeter

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 3/2023
Antworten von Dincer Gücyeter, ELIF VERLAG, Nettetal

Beim Lesen bin ich eher der Träumer …

Was ist Ihre Erinnerung an Ihr erstes Buch? Um welches Buch handelt es sich?

Das Kinderbuch „Fliegender Stern“ von Ursula Wölfel. Nach der Lektüre wollte ich den Rest meines Lebens als Indianer mit Kopfschmuck aus Federn verbringen. Es war Karnevalszeit in NRW, jedes Kind im Cowboykostüm war ein potentieller Feind.

Ihre drei Lieblingsbücher sind …

Sehr viele, aber die Gedichte von Else Lasker-Schüler, die Theaterstücke von Tennessee Williams schlage ich immer wieder auf, mein Lieblingsbuch in letzter Zeit ist Rot (Hunger) von Senthuran Varatharajah.

Würden Sie Ihre Lieblingsbücher auch als eBook lesen?

Bestimmt, habe es aber bisher nicht getan.

Entspannen Sie beim Lesen oder was sind Ihre Mittel gegen Stress?

Beim Lesen bin ich eher der Träumer, bin mit Handlungen, Figuren unterwegs, das bedeutet nicht unbedingt Entspannung. Zum Entspannen probiere ich immer neue Gerichte aus, das Kochen tut mir gut.

Traumjob VerlegerIn? Beruf oder Berufung?

Die Situation ändert sich immer wieder. Oft hatte ich den Gedanken, mit allem aufzuhören. Aber ab einem bestimmten Punkt trägt man für sein Milieu, für all die wunderbaren Autorinnen und Autoren auch eine Verantwortung.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Das kann ich nicht so einfach beantworten. Irgendwie bin ich in dieses Milieu reingerutscht. Wie es damals passiert ist, kann ich mir nicht mehr erklären. Es geht weiter, das bedeutet, dass ich immer noch Freude an meiner Arbeit habe.

Gibt es für Sie ein Vorbild aus der Welt der VerlegerInnen?

Ich habe einen großen Respekt vor Klaus Schöffling. Auchwenn er nicht mehr der Verlagsleiter ist, was er in seiner Lebenszeit geschaffen hat, ist große Kunst.

Wie beginnt ein guter Tag als VerlegerIn?

Für mich wie der Filmtitel von Jim Jarmusch: Coffee and Cigarettes. Und der schönste Tag für einen Verleger ist, wenn auf dem Tisch ein gutes Manuskript liegt.

Und wie sieht ein schlechter Tag aus?

Davon gibt es viele, wie jede und jeder in der Buchbranche hat man mit vielen Wellen zu kämpfen.

Was war das spannendste Ereignis in Ihrem Berufsleben?

Fünf Jahre nach dem Start blieben mir 1000 Euro übrig, mit dem ganzen Geld habe ich mir das Gesamtwerk von Thomas Bernhard bestellt.

Wenn Sie eine Veränderung am Buchmarkt bestimmen könnten – welche wäre es?

Natürlich die Hierarchien, es ändert sich in letzten Jahren einiges. Und die Bezeichnung „Kleine Verlage“ finde ich seltsam. Die Größe eines Verlages hat nichts mit der Anzahl der Publikationen, sondern mit der verlegerischen ­Vision zu tun. Für mich sind die meisten unabhängigen Verlage auch die größten in Deutschland.

Und die große Frage am Schluss: Wie wird sich die Verlagslandschaft in den nächsten zehn Jahren verändern?

Die Unabhängigen werden auf jeden Fall mehr Platz und Aufmerksamkeit genießen. Den Umgang mit Ressourcen müssen wir alle nochmal überdenken. Die Lieferung in 24 Stunden wird es z.B. auf keinen Fall mehr geben, was ich auch in Ordnung finde. Und mein Gefühl sagt, dass es in Zukunft statt zwei Programme nur ein Verlagsprogramm im Jahr geben wird. Es wird immer noch nach alten Strukturen gehandelt und das kann auf Dauer sehr mühsam sein. Ein wenig runterschrauben wäre vielleicht eine Entlastung für alle Abteilungen.

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