Landeskunde

Der japanische Maler Katsushika Hokusai

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 5/2021

Giuseppe Latanza/ Francesco Matteuzzi: Hokusai – Die Seele Japans entdecken. Zürich: Midas Verlag 2020, 126 S., ISBN 978-3-03876-172-3, € 19,90.

    „Die große Welle von Kanagawa“, das erste Blatt der Bildserie „36 Ansichten vom Berg Fuji“ aus den Jahren 1831/33, hat den Maler und Holzschnittkünstler Hokusai (1760–1849) weltberühmt gemacht. Weniger bekannt ist, wer dieser Mann war, der wie kaum ein anderer die europäische Malerei des späten 19. Jahrhunderts beeinflussen sollte. „Hokusai? Ich betrachte mich als seinen Nachahmer […]“, das sind Worte, die G. Latanza (Bilder) und F. Matteuzzi (Texte) dem Maler Claude Monet in den Mund legen. In der Tat – mehrere Ausstellungen über die Wirkung des japanischen Farbholzschnitts auf den Impressionismus haben das in den vergangenen Jahren gezeigt – ist der Einfluss Hokusais und seiner Zeitgenossen gut belegt. In dieser Bildgeschichte im Stil japanischer Mangas werden die Leser auf unterhaltsame Art mit dem Werdegang dieses bedeutenden Künstlers vertraut gemacht. Ein Fachbuch im engeren Sinne ist dieses Buch nicht, obgleich sich die Autoren auf eine Reihe wissenschaftlicher Publikationen stützen. Die Übersetzung aus dem Italienischen ist gelegentlich sperrig; in seiner Jugend, die er in Edo, dem heutigen Tôkyô verbrachte, wird Hokusai kaum als „Wanderbibliothek“ (S. 16) gearbeitet, sondern für einen Leihbuchhändler Bücher ausgetragen haben. Anschaulich breiten Zeichner und Autor aus, wie sich bei Hokusai im Verlauf seiner Ausbildung bei unterschiedlichen Meistern und in verschiedenen Ateliers und Werkstätten allmählich ein eigener Stil herausbildete. Berühmt geworden sind seine Farbholzschnitte mit Themen aus der „fließenden Welt“ (ukiyo-e) – dem Alltag der Kabuki-Schauspieler, Sumo-Ringer und Kurtisanen. Darüber hinaus hat Hokusai seine Fertigkeiten auch in illustrierten Postkarten, in satirischen Büchern und in Bildern erotischen Inhalts (als „shunga“, d.h. „Frühlingsbilder“ bezeichnet man dieses Genre) verewigt sowie seine Kenntnisse in späten Jahren in Lehrbüchern an den Nachwuchs weitergegeben. Eingewoben in die von Bildern geprägte Geschichte seines Lebens sind Kolumnen über Kultur und Geschichte Japans, etwa über die Zeitrechnung, die Malerei-Schulen in der Edo-Zeit (1603–1867) oder über den japanischen Ringkampf. Das ist meistens informativ, nicht immer ganz präzise und gelegentlich etwas klischeehaft, etwa dort, wo es um Geishas oder die Samurai geht. Ob man durch Betrachtung der Bilder Hokusais die „Seele Japans entdecken“ kann, wie der Untertitel des Buchs suggeriert, sei einmal dahingestellt. Japan zu „exotisieren“, d.h. fremder zu machen als es wirklich ist, scheint immer noch ein probates Mittel, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen.

    In den Abbildungen nimmt G. Latanza die Tradition der japanischen Mangas auf; er beschreibt im Nachwort, wie er die Bilder mit Tusche und Pinsel geschaffen und sie dann, was die Farbgebung betrifft, digital nachgearbeitet hat. Das Ergebnis ist ansprechend; man blättert die Bildgeschichte in einer knappen Stunde gerne durch. Nicht ganz klar ist, an welche Leserschichten, oder besser: Betrachter, sich dieses Buch wohl wenden will. Wenn es jüngere Leser zum Einstieg in die Beschäftigung mit der japanischen Kultur animieren könnte, hätte es seinen Zweck mehr als erfüllt. Kenner und Liebhaber des japanischen Farbholzschnitts werden eher zu anderen Büchern greifen. (wsch)

    Wolfgang Schwentker (wsch) ist Professor em. für vergleichende Kultur- und Ideengeschichte an der Universität Ôsaka und Mitherausgeber der Neuen Fischer Weltgeschichte. schwentker@hus.osaka-u.ac.jp

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