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Unser Fragebogen – Robert Narr

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 2/2021
Antworten von Robert Narr, Narr Francke Attempto Verlag, Tübingen

Was ist Ihre Erinnerung an Ihr erstes Buch? Um welches Buch handelt es sich?

Meine erste wirklich lebendige Erinnerung habe ich an das Buch „Der Herr der Worte“ von David Kirschner und Ernie Contreras. Dort taucht ein Junge in verschiedenste Geschichten ab, und ich weiß noch, dass ich oft stundenlang genau so vertieft in die dazugehörigen Illustrationen abgetaucht bin.

Ihre drei Lieblingsbücher sind …

„Die Molekularküche“ von Thomas Vilgis (Tre Torri), ein Kochbuch. „Webseiten programmieren und gestalten“ von Mark Lubkowitz (Rheinwerk Computing), ein Fachbuch. „Das geheime Leben der Bücher vor dem Erscheinen“ von Ron ­Heussen, ­Anne Mikus und Farid Rivas Michel (verlag hermann schmidt), ein schlichtweg schön gemachtes Buch.

Würden Sie Ihre Lieblingsbücher auch als eBook lesen?

Das kommt ein bisschen drauf an. „Das geheime Leben der Bücher“ ist wie eigentlich alles vom hermann schmidt verlag vor allem auch ein haptisches Erlebnis. Auch die „Molekularküche“ ist keine reine Rezeptsammlung, sondern lebt von den großformatigen Bildern und den Erklärungen. Beim Kochen und dafür Einkaufen habe ich allerdings gerne das eBook zur Hand, heißt, viele meiner Bücher habe ich sowohl als Print-Buch als auch als eBook. Was den Band von Mark Lubkowitz angeht, ist das natürlich anders. Hier ist vor allem die digitale Ausgabe fürs Recherchieren und die Schlagwortsuche von Vorteil, gerade bei noch nicht wirklich greifbaren Problemen. Nichtsdestotrotz lese ich hier auch sehr gerne Dinge im Print-Buch nach, besonders, wenn ich eh schon viele Fenster am Computer offen habe.

Entspannen Sie beim Lesen oder was sind Ihre Mittel gegen Stress?

Ich entspanne am besten abends beim Kochen, vor allem, wenn ich mal zu besonderen Anlässen mehrere Gänge vorbereiten kann. Beim Kochen bin ich so weit weg vom Alltagsstress, das hilft enorm beim Abschalten. Das gilt übrigens auch fürs Kochbuch-Lesen.

Traumjob VerlegerIn? Beruf oder Berufung?

Wenn es mir ums Geld gegangen wäre, wäre ich Elektroinge­nieur geworden.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Wir sind ein Familienunternehmen. Das heißt nicht, dass mein Weg lange vorbestimmt war. Im Gegenteil, ich bin kein klassischer Bücherwurm, sondern habe Elektrotechnik studiert und wollte eigentlich ins Ausland. Ich trat eher zufällig im Jahr 2013 auf den Plan, als im Verlag eine richtige Verlagssoftware eingeführt werden sollte, um die Titel- und Adressdaten zu verwalten und endlich von Excellisten und Hängeregistraturen wegzukommen. Deshalb bin ich damals als Aushilfe eingesprungen. Tatsächlich hätten wir wohl alle nicht gedacht, was das für eine Kettenreaktion auslöste. Ich schnupperte hinein, hämmerte die Titel in die Datenbank und entdeckte Potenzial. Die tatsächliche Entscheidung für den Verlag war trotz allem nicht leicht, denn es ging plötzlich um eine ziemlich grundsätzliche Frage. Das Zünglein an der Waage? Ich fand es spannend, in einer Branche zu arbeiten, die so stark im Umbruch ist wie die Verlagsbranche. Das war eine Her ­ ausforderung, der ich nicht widerstehen konnte.

Gibt es für Sie ein Vorbild aus der Welt der VerlegerInnen?

Tatsächlich habe ich keine direkten Vorbilder, nein. Was ich insgesamt aus der Branche mitgenommen habe: Es ist wichtig, mutig zu sein. Manchmal muss man sich einfach etwas trauen, statt lange zu zögern, sonst verpasst man womöglich den richtigen Moment. Manchmal geht so etwas auch daneben, aber man hat doch immer was dabei gelernt.

Wie beginnt ein guter Tag als VerlegerIn?

Mit dem ersten Kaffee und zwei Stunden ohne unerwartete Probleme.

Und wie sieht ein schlechter Tag aus?

Ein solcher Tag beginnt wohl mit einer kaputten Kaffeemaschine und wenn ich es aufgrund beliebiger Unvorhersehbarkeiten bis mittags noch nicht geschafft habe, auch nur mein Postfach zu öffnen.

Was war das spannendste Ereignis in Ihrem Berufsleben?

Das Spannendste bisher war wohl der beinahe gleichzeitige Zukauf der Verlage UVK und expert. So viel wie in diesem ersten Jahr habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht über Strukturen, Gruppendynamik, Veränderungsmanagement und Zusammenhalt gelernt. Wir haben trotz der zahlreichen, erschöpfenden und oftmals unerwarteten Hürden alle sehr viel dafür getan, dass eine gute Basis fürs Zusammenwachsen entstehen konnte. Das macht mich jetzt, fast drei Jahre später, immer noch sehr glücklich.

In einem FAZ-Interview stellte Felicitas von Lovenberg Verlegern diese Frage: Wenn Sie eine einzige Veränderung am Buchmarkt bestimmen könnten – welche wäre es?

Allen die Möglichkeit geben, „DEAL“s abzuschließen.

Wie viel Prozent seines Umsatzes wird Ihr Verlag im Jahr 2025 durch elektronische Informationen erwirtschaften?

Vermutlich knapp 55 Prozent.

Und die große Frage am Schluss: Wie wird sich die Verlagslandschaft in den nächsten zehn Jahren verändern?

Es wird weiterhin die großen Player geben, und die werden sicherlich auch weiterwachsen. Aber genau so wird es auch die kleineren, unabhängigen Verlage geben, die sich neu gründen oder erhalten, die sich durchbeißen und individuelle Produkte jenseits des Mainstreams auf den Markt bringen, die sich vielleicht vertriebstechnisch zusammenschließen, um mithalten zu können. Und natürlich das Mittelfeld, zu dem wir ja auch gehören, das oft vor der Wahl steht: aufgeben oder sich neu erfinden. Achtsamkeit, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und allen voran Identifikation und Individualität werden immer wichtigere Themen, Verlage dürfen diese Bedürfnisse nicht ignorieren. Die Branche ist wie alles nicht vor den Auf uns Abs gefeit, Probleme wird es immer geben. Darüber hinau ­ s muss man vor allem eins: eine gute Idee haben.

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