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Unser Fragebogen – Andreas Heidtmann

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 6/2022
Antworten von Andreas Heidtmann, Verlag Poetenladen, Leipzig

The answer, my friend, is blowin‘ in the wind.

 

Was ist Ihre Erinnerung an Ihr erstes Buch? Um welches Buch handelt es sich?

Das erste Buch, an das ich mich sehr genau entsinne, ist „Rübezahl“ im Bertelsmann Lesering von 1970. Ich habe es gerade gegoogelt, es gibt es noch antiquarisch mit demselben Cover wie in meiner Kindheit. Ich erinnere mich an jedes Bild und an jede Geschichte über den unheimlichen, aber doch nie böswilligen Berggeist aus dem Riesengebirge.

Ihre drei Lieblingsbücher sind …

„Amerika“ von Franz Kafka, „Tropic of Cancer“ von Henry Miller und „Die gestundete Zeit“ von Ingeborg Bachmann. Gut, ich muss jetzt schnell aufhören, sonst fallen mir dreißig andere Lieblingsbücher ein.

Würden Sie Ihre Lieblingsbücher auch als eBook lesen?

Nein! Wer bin ich denn?

Entspannen Sie beim Lesen oder was sind Ihre Mittel gegen Stress?

Es kommt darauf an, wenn ich als Verleger lese, ist das eher nicht Entspannung, ich lese aber sehr gern auf Zugfahren und Reisen und genieße es, wenn ich ein Buch geschenkt bekomme, das ich nicht kenne.

Traumjob VerlegerIn? Beruf oder Berufung?

Weniger Beruf als Leidenschaft, Berufung wäre mir etwas zu pathetisch.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Ein Haufen Zufälle und die Liebe (da ist nun doch das Pathos) zum Buch und zur Literatur. Und der Wunsch, jungen Autor*innen Chancen zu geben und immer ein bisschen subversiv am Buchmarkt zu sein, gegen den Mainstream.

Gibt es für Sie ein Vorbild aus der Welt der VerlegerInnen?

Ich bin ja kein studierter Buchwissenschaftler, so dass ich – wie viele andere wohl auch – gern Kurt Wolff nenne. Aber natürlich gibt es viele andere hervorragende Verleger. Ich bin relativ spät in die Branche eingestiegen und verdanke viel Wissen den aktiven Independent-Verlegern, die auch hier schon Ihre Fragen beantwortet haben. Eigentlich sind sie meine Vorbilder und Ratgeber*innen.

Wie beginnt ein guter Tag als VerlegerIn?

Mit einem Apfel und einer Tasse Kaffee. Mit der Nachricht beim Öffnen des Browsers, dass die Welt noch nicht untergegangen ist und dass angesichts der globalen Katastrophen weiterhin Bücher rezensiert und vor allem gelesen werden.

Und wie sieht ein schlechter Tag aus?

Wenn unerwartete Remittenden kommen.

Was war das spannendste Ereignis in Ihrem Berufsleben?

Die erste große Kritik für den ersten Gedichtband im Verlag. Sie war von Harald Hartung in der FAZ. Ich kaufte die Zeitung am nahen Kiosk und durchforschte schon auf der Straße das unhandliche Format, um zur Rezensionsseite zu gelangen. Mir war klar, dass keiner ein Lyrikdebüt bespricht, um es zu verreißen. Es war zum Glück wirklich ein kleines Loblied.

In einem FAZ-Interview stellte Felicitas von Lovenberg Verlegern diese Frage: Wenn Sie eine einzige Veränderung am Buchmarkt bestimmen könnten – welche wäre es?

Mehr Lyrik in den Regalen.

Wie viel Prozent seines Umsatzes wird Ihr Verlag in fünf Jahren durch elektronische Informationen ungefähr erwirtschaften?

15 Prozent? The answer, my friend, is blowin‘ in the wind.

Und die große Frage am Schluss: Wie wird sich die Verlagslandschaft in den nächsten zehn Jahren verändern?

Da das Buch natürlich neben anderen Medien einen schweren Stand hat, wird es sicher zu Verwerfungen kommen. Bei den Independents vermute ich, dass bei einigen, die jetzt von Verlegern vor dem Ruhestand geführt werden, keine Nachfolge kommen wird. Der Onlinehandel wird pros­ perieren. Ich fürchte, kleinere und mittlere Verlage werden mehr und mehr von Förderung abhängig sein, um ein anspruchsvolles Programm auf die Beine stellen zu können.

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