Seit vielen Jahren legen wir Verlegerinnen und Verlegern einen Bogen mit immer gleichlautenden Fragen vor und veröffentlichen diesen Fragebogen dann auf unserer letzten Seite. Da dies unsere Weihnachtsausgabe ist und in dieser Zeit die Chancen groß sind, dass Wünsche auf offene Ohren treffen, will ich hier aus den letzten Jahren einige der Antworten auf unsere Frage, Wenn Sie eine einzige Veränderung am Buchmarkt bestimmen könnten – welche wäre es? zusammenbringen. Ich finde diese kompakte Wunschliste beeindruckend.
• Ich würde Arrest vorsehen für all jene, die gedruckte Bücher als Ausgabeform eines Contents verunglimpfen. Vittorio E. Klostermann, Frankfurt am Main
• Den Buchmarkt auf den Kopf stellen: Inhalt vor Algorithmus. Manfred Metzner, Verlag das Wunderhorn, Heidelberg
• Stärkere Förderung der unabhängigen Verlage und ihrer jungen Autoren. Klaus Kehrer, Heidelberg
• Die Backlist ist genauso wichtig wie das aktuelle Programm. Bücher haben andere Zyklen als Obst. Sie sind keine verderbliche Ware. Jan Wenzel, Spector Books, Leipzig
• Allen die Möglichkeiten geben, „DEAL“s abzuschließen. Robert Narr, Narr Francke Attempto Verlag, Tübingen
• Ich würde die Besteuerung der großen internationalen Internetkonzerne einführen. Das wäre eine Maßnahme, von der nicht zuletzt der stationäre Buchhandel profitieren dürfte. Katharina Eleonore Meyer, MERLIN, Gifkendorf-Vastorf
• Eine einzige Veränderung genügt nicht, aber ich würde vielerlei Aktionen unternehmen, die die Sichtbarkeit der unabhängigen Verlage im Buchhandel und in den Barsortimenten vergrößern, statt sie zu reduzieren. Britta Jürgs, AvivA Verlag, Berlin
• Ein Traum wäre, wenn Bibliotheken, Institutionen aber auch Unternehmen künftig mit einem ausreichend hohen Budget für Bücher und digitale Informationsangebote ausgestattet wären. Julia Rondot, medhochzwei, Heidelberg
• Die Nachfrage nach Büchern sinkt, der Buchmarkt schrumpft, der Kampf um Marktanteile wird härter. Verlage können Wachstum nur noch auf Kosten anderer Verlage generieren: bessere Handelskonditionen bieten, aufwendigere Marketingkampagnen fahren, erfolgreiche Autoren abwerben …. Vielleicht könnte man wie im amerikanischen Profisport ein System einführen, das Nachwuchsautoren über eine bestimme Anzahl von Jahren an ihren »Ausbildungsklub« bindet. Das wird natürlich nicht passieren. Jürgen Christian Kill, Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München
• Eine von Preisen unabhängige, flächendeckende Förderung für unabhängige Verlage (gilt nicht für Nazis). Katharina Holzmann, David Rabolt, Sascha Ehlert, K orbinian Verlag, Berlin
• Ich höre immer wieder, dass in den Zeitungen und im Hörfunk die Buchbesprechungen reduziert werden, ich würde mir das Gegenteil wünschen. Aimée Dornier, IUDICIUM, München
In dieser aktuellen Ausgabe ist Monika Osberghaus dran. Sie ist Verlegerin des Klett Kinderbuchverlags aus Leipzig, der dieses Jahr mit dem Spitzenpreis des Deutschen Verlagspreises 2021 ausgezeichnet wurde. „Alle Verlage machen nur noch bis zu 20 Titel im Jahr. Reicht völlig aus.“, sagt sie. Punkt! Und auf unsere Schlussfrage, wie sich die Verlagslandschaft in den nächsten zehn Jahren verändern werde, antwortet sie: „Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich hoffe nur, es gibt dann ein paar mehr risikofr eudige HerzblutverlegerInnen wie mich und nicht noch weniger.“ Dahinter setzen wir ein Ausrufezeichen!
Sie finden in dieser Ausgabe viele Anregungen für Ihren Bucheinkauf. Decken Sie sich für die hoffentlich ruhigen Tage um Weihnachten und die Zeit „zwischen den Jahren“ mit Büchern ein. Meine besondere Buchempfehlung finden Sie auf Seite 4: Hier geht’s lang! Elke Heidenreich beschreibt darin, wie Bücher von frühester Jugend an ihr Leben geprägt haben und ihr das Rüstzeug für all das gaben, wofür sie heute brennt: literarische Anregungen zum Lesen – und Leben – geben. Der Eisele Verlag hat es sehr liebevoll und durchdacht ausgestattet. Hier geht’s lang! ist ein wirklich gelungenes kleines Buch, wieder so eines, das mit Leidenschaft – und Herzblut – gemacht wurde.
Angelika Beyreuther