Editorial

Leidenschaft. Handwerk. Kunst.

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 5/2022

Seit vielen Jahren legen wir Verlegerinnen und Verlegern einen Bogen mit immer gleichlautenden Fragen vor und veröffentlichen diesen Fragebogen dann auf unserer letzten Seite. Viele beeindruckende Persönlichkeiten kamen in den letzten Jahren dabei zu Wort. Die kürzesten, ähnlichsten, eindeutigsten – und mich auch sehr berührenden – Antworten bekamen wir immer auf unsere Frage „Traumjob VerlegerIn? Beruf oder Berufung?“.

Es ist eine Daseinsform. Es ist mein Leben. (Monika Osberghaus, Klett Kinderbuch, Leipzig)

Schicksal, Irrsinn und somit kein Entrinnen. (Daniel Kampa, Zürich)

Traumjob und Berufung. (Julia Eisele, München)

Berufung. (Christian Ruzicska, Secession, Berlin)

Natürlich ist es ein Traumjob! Wenn auch anders als erträumt. Aber dann hilft die Berufung. (Klaus Kehrer, Heidelberg)

Wenn es ums Geld gegangen wäre, wäre ich Elektroningenieur geworden. (Robert Narr, Narr Francke Attempto, Tübingen)

Im Endeffekt auf jeden Fall Berufung, da meine Mutter mir das Verlegerinnen-Dasein quasi vorlebte. (Anna Kindermann, Berlin)

Ich war nicht von Anfang an glücklich im Beruf, es brauchte zehn Jahre bis zur Leidenschaft. (Vittorio E. Klostermann, Frankfurt am Main)

Traumjob, ja, schon! Beruf, ja, Berufung, ja, auch. (Katharina Eleonore Meyer, Merlin, Gifkendorf-Vastorf)

Verlegerin sein ist für mich ein Traumjob. Beruf und Berufung zugleich, allen Widrigkeiten zum Trotz. (Britta Jürgs, AvivA, Berlin)

Es ist ein Traumjob und ein Privileg, Unternehmerin zu sein, die mit Ideen und einem daraus entstehenden Kulturgut handeln darf. (Nora Pester, Hentrich & Hentrich, Leipzig)

Was ich an meinem Beruf liebe, sind die Begegnungen mit großartigen Menschen. Viele unserer Autorinnen und Autoren betreiben ihre Wissenschaft im klaren Bewusstsein ihrer Verantwortung für die Gesellschaft – und das imponiert mir. Mich mit solchen Menschen auszutauschen, empfinde ich als großes Privileg. Ihre Ideen, ihr Wissen und ihre Erkenntnisse verbreiten zu helfen, sehe ich als meine ehrenvolle Aufgabe. Nennen Sie es Berufung, wenn Sie mögen. (Barbara Budrich, Leverkusen)

Die Mitgründung des Verlags war 1978 ein politischer, aufklärerischer Akt, um Öffentlichkeit zu schaffen für Poesie, Literaturen und vergessenen und verfolgten AutorInnen … zu ihrem Recht zu verhelfen. … Daraus wurde aus dem Dasein als Rechtsanwalt und Teilzeit-Verleger ein Traumjob, der aber durch die digitale Revolution und die damit verbundenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen schwer unter Druck geraten ist. (Manfred Metzner, Wunderhorn, Heidelberg)

Erster Traumjob war für mich Hochschullehrer. Zum Zusatz-Traumjob wurde Verleger erst, als ich – weil Hochschullehrer – nicht davon leben musste. (Ulrich Stascheit, Fachhochschulverlag, Frankfurt am Main)

Berufung! Im Hauptjob bin ich Rechtsanwältin. Nach rund 15 Jahren anwaltlicher Tätigkeit wollte ich endlich auch meinen Traum von einer Tätigkeit mit türkischer Literatur realisieren und habe den Verlag … gegründet. (Inci Bürhaniye, binooki, Berlin)

Der Münchner Verleger und Kunstsammler Lothar Schirmer ist in dieser Ausgabe dran und bringt in seiner Antwort auf die Frage nach Traumjob, Beruf oder Berufung das Verlegersein auf den Punkt: „Es ist eine Leidenschaft, ein Handwerk und eine Kunst.“ Und wie für so viele unabhängige Verlegerinnen und Verleger ist Kurt Wolff auch für ihn das große Vorbild. „Man verlegt entweder Bücher, von denen man meint, die Leute sollen sie lesen, oder Bücher, von denen man meint, die Leute wollen sie lesen. Verleger der zweiten Kategorie zählen für uns nicht – nicht wahr?“ Über dieses wunderbare und leidenschaftliche Kurt Wolff Zitat freue ich mich jedes Mal von Neuem.

Die Frankfurter Buchmesse, die größte Bücherschau der Welt, öffnet in wenigen Tagen ihre Tore. Wir freuen uns auf die Begegnungen und auf den Gedankenaustausch mit unseren Leserinnen und Lesern, mit Autorinnen und Autoren und natürlich mit Verlegerinnen und Verlegern. Denn die bringen, trotz all der Widrigkeiten der letzten Jahre und der aktuell für viele fast substanz- und existenzgefährdenden Krise, nicht zuletzt durch ihren riesengroßen Idealismus, immer wieder wundervolle Bücher auf den Markt.

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