Editorial

Wer, außer Hysterikern …

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 1/2021

„Wer, außer Hysterikern, hätte Anfang des Jahres 2020 gedacht, dass für ein solches Werk im Stil eines Praxisleitfadens ein akuter Bedarf entstehen könnte?“, fragt unser Rezensent in seiner Buchbesprechung zum Pandemiestrafrecht. Bis eine ausreichende Immunisierung der Bevölkerungen erreicht sein wird, bleiben jedoch nur Instrumente zur Eindämmung der weltweiten Pandemie. Dabei kommt dem Recht sowohl in der Umsetzung der Pandemiebekämpfung als auch in der Abfederung ihrer Folgen eine wichtige Rolle zu. Und so brachte das Jahr in vielen Rechtsbereichen Neuerungen mit sich. Eine Auswahl der von den Verlagen in beachtlicher Geschwindigkeit herausgebrachten Titel stellen wir vor. Viele sind auch für Nichtjuristen interessant.

Und wer, außer Hysterikern, hätte vor einem Jahr gedacht, dass es die Bilder vom 6. Januar aus dem amerikanischen Kapitol, dem Sitz beider Parlamentskammern, jemals geben könnte. Verstörende Bilder. Unsere Demokratien sind fragil. Diese Ausgabe fokussiert deshalb am Anfang auf Beiträge, die sich in unterschiedlicher Weise mit der Mühsal der Verteidigung der Demokratie und der Verteidigung der Menschenrechte beschäftigen.

Die Haltung des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer zu Grundsatzfragen von Demokratie, zu Recht und Unrecht, zur Unabhängigkeit der Justiz und der Verantwortung jedes einzelnen Bürgers in der Demokratie, sein Mut, vor Auseinandersetzungen nicht zurück zu weichen, trotz der persönlichen vergifteten Kritik an ihm, verband ihn mit vielen Studierenden der 1968er-Generation“, urteilt unsere Rezensentin in ihrem Beitrag Fritz Bauer und Achtundsechzig. Heute können in der aktuellen Diskussion besonders Fritz Bauers Beiträge zum Widerstandsrecht für die notwendige Klarheit sorgen. Auch deshalb sind sie wichtiger denn je.

In der Stuttgarter Stauffenberg-Gedächtnisvorlesung Josef Wirmer – Die Wiederherstellung der Herrschaft des Rechts erinnert Anton Wirmer an seinen Vater, den Widerstandskämpfer Josef Wirmer.

Der Volksgerichtshof, vor dem Wirmer die offene Auseinandersetzung mit Roland Freisler suchte, verurteilt ihn am 8. September 1944 zum Tode. Am selben Tag wird er in Berlin-Plötzensee ermordet. Im Vortrag berichtet der Sohn, was den Vater geprägt und bewegt hat und was er uns heute noch zu sagen hat. „Obwohl ein Vortrag über eine Zeit solcher Umbrüche nur kursorisch ausfallen kann“, schreibt unser Rezensent, „werfen Biografien wie die Josef Wirmers doch ein Schlaglicht auf die Jahre 1932–1944 aus der Perspektive eines Mannes, der dazu beitragen wollte, dem erkannten Wahnsinn Einhalt zu gebieten.“ Dazu gehörte Mut.

Zum Weimarer Verfassungsjubiläum reichen wir zwei Bücher nach. Ein vielstimmiger Tagungsband zu Weimars Verfassung dokumentiert sehr interessante Facetten des Weimarer Verfassungssystems, seiner Innovation, sozialen Errungenschaften und seines Entwicklungspotenzials. Und wer hätte bei dem vor Monaten herausgebrachten Titel Der Weimarer Reichstag. Die schleichende Ausschaltung, Entmachtung und Zerstörung eines Parlaments daran gedacht, dass heute so viele Bezüge daraus wieder so aktuell sind. „Die heftigen gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen prägten nicht nur die Politik auf der Straße, sondern natürlich auch die Politik in den Parlamenten“, so unser Rezensent. Das ist alles sehr, sehr nachlesenswert.

Sie werden bei den vielen weiteren Themen in dieser Ausgabe sicher wieder persönliche Entdeckungen machen und für Ihre Kunden wichtige Bücher finden. Und ich hoffe so sehr, dass ich irgendwann wieder solche – oder ähnliche – Sätze am Schluss eines Editorials schreiben kann: „Die Leipziger Buchmesse öffnet im März ihre Tore. Und natürlich sind auch wir vom fachbuchjournal wieder da. Wir freuen uns auf die weltoffene und neugierige Atmosphäre in den Messehallen und beim großen Lesefest in der Stadt. Und natürlich freuen wir uns auch auf die Begegnungen und Gespräche mit Ihnen.“ Das war vor genau einem Jahr!

Angelika Beyreuther

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