Editorial

Verleger sein ist wunderbar, wenn…

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 5/2017

Der Schauspieler, Dokumentarfilmer und Buchautor Hannes Jaenicke ist prominent. Für sein Engagement hat er zahlreiche Preise erhalten. Seine drei Bücher mit den drastischen Titeln „Wut allein reicht nicht“, „Die große Volksverarsche“ und – dieses Jahr neu – „Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche“ eroberten jedes Mal die SPIEGEL-Bestsellerlisten. Die Bücher und auch sein Engagement finden aber keineswegs ungeteilte Zustimmung. Er sei der „Indiana Jones der Mülltrennung“, der „Affen-Versteher“, der „Vielflieger gegen den Klimawandel“. Das neue Buch mit dem Untertitel „Warum wir dringend Helden brauchen“ sei, so Deutschlandfunk Kultur, eine „Mischung aus Gemeinplätzen und Kalendersprüchen“ – und ziemlich belanglos.

Das wollte ich dann doch genauer wissen. Und auch wenn ich über die recht deftige Ausdrucksweise im Buch manches Mal gestolpert bin: die vielen kleinen Beispiele für das, was Hannes Jaenicke als alltägliches Heldentum beschreibt, das meist „unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ stattfindet, mögen zwar gemeinhin bekannt sein, sie haben mich aber trotzdem zu neuem Nachdenken angeregt. Und sie machen Mut zum Querdenken, zu Individualität und Eigensinn, zum Ausscheren aus den Erwartungen und zum Ausscheren aus der Herde. „Wir brauchen Weltverbesserer und Gutmenschen!“, sagt Hannes Jaenicke dazu und ist sich bewusst, dass diese Charakterisierungen in Deutschland nicht unbedingt Komplimente sind.

Alle meine Fragen im fachbuchjournal-Interview hat Hannes Jaenicke bereitwillig beantwortet. Seine Argumente überzeugen mich. Ich finde ihn authentisch. Lesen Sie selbst.

Wie in jeder Ausgabe des fachbuchjournals gibt es wieder viele weitere Themen. Besonders beeindruckend finde ich den Text von Bundesministerin a.D. Prof. Dr. Däubler-Gmelin über die Beteiligung der Justiz am Staatsterror der Nazis und das Verschweigen, das Vertuschen und das Nichtaufarbeiten dieses unrühmlichen Kapitels im Nachkriegsdeutschland.

Ganz aktuell ist natürlich die große Bücherschau zum Reformationsjubiläum. Außergewöhnlich gut gefällt mir auch die Zusammenstellung von Frauenbiografien. Und zum 150. Geburtstag von Käthe Kollwitz gibt es schöne Bücher.

Unseren Fragebogen auf unserer letzten Seite beantwortet dieses Mal Dr. Andreas Rötzer. Seit 2004 führt er in Berlin den Verlag Matthes & Seitz – mit jugendlichem Schwung und großem Erfolg. Seine Antwort auf die Frage „Traumjob VerlegerIn? Beruf oder Berufung?“ bringt es auf den Punkt: „Verleger sein ist wunderbar, wenn die Bücher, die man verlegt, gelesen werden, wenn man neue Autoren und geniale Manuskripte entdeckt. Und es ist furchtbar, wenn diese Autoren und Bücher nicht wahrgenommen werden. Der Alltag des Verlegers führt weit über das hinaus, was man erlernt hat und routiniert ausüben könnte. Er fordert mich immer völlig unerwartet neu heraus. Hinzu kommt, dass man sich in einem Maße mit der Tätigkeit identifizieren muss, die für viele Berufe wohl eher ungewöhnlich ist. Ich weiß aber nicht, ob Berufung nicht ein zu starkes Wort dafür ist. Der Verleger ist ja kein Priester oder Künstler. Und selbst unter denen finde ich wenige, die „berufen“ sind.“

Die Frankfurter Buchmesse öffnet in wenigen Tagen ihre Tore. In den Hallen werden viele originelle Büchermenschen Gespräche führen, auch das Thema Traumjob hin und her wälzen. Und sicher wird es unter den vielen Neuerscheinungen ganz außergewöhnliche Bücher zu entdecken geben. Wenn Sie möchten, dann besuchen Sie doch auch wieder eine unserer Veranstaltungen, die wir an den Fachbesuchertagen täglich um die Mittagszeit auf der Professional & Scientific Information Stage N 99 anbieten. Die Details über die Themen, hochkarätigen Diskussionsteilnehmer und Moderatoren finden Sie in dieser Ausgabe auf Seite 4. Oder kommen Sie einfach mal bei uns am Verlagsstand M 70 in Halle 4.2 vorbei. Es gibt viel Neues zu berichten. Ich freue mich auf Sie und die Gespräche mit Ihnen.

Angelika Beyreuther

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