Urs Mannhart, Lentille. Aus dem Leben einer Kuh. Berlin: Matthes & Seitz 2022. [Band 025 der Reihe punctum; erscheint in Kooperation mit dem Magazin Reportagen.] 151 S., Klappenbroschur, ISBN 978-3-7518-0809-5, € 16,00.
Lentille, eine junge Kuh, ist als Teil einer achtköpfigen Herde auf einem kleinen Bauernhof in der Westschweiz beheimatet. Sie ist kurz davor, ihr erstes Kalb zur Welt zu bringen. Sie liegt im Stroh, abseits der anderen Kühe der Herde, und alles entwickelt sich erfreulich – bis unvermittelt Komplikationen auftreten. Unter Aufbringung ihrer ganzen Kräfte versuchen der
Bauer Michaël und die Tierärztin, dem Kalb den Weg in die Welt zu zeigen, doch als das Totgeborene schließlich im Stroh neben Lentille liegt, stellt sich plötzlich die Frage, inwiefern Tiere eine Persönlichkeit haben. Spürt Lentille diesen Schmerz? Wie wird sie damit umgehen?
Anschaulich und nah am Tier erzählt dieser Essay von einer Mensch-Tier-Beziehung, in der sich Fürsorglichkeit und Nutzen nicht ausschließen, in der sich jedoch weit über sie hinausweisende Fragen aufdrängen: Was benötigt es, um das Wohlbefinden einer Kuh festzustellen? Was folgt daraus, wenn wir auch Nutztieren eine Persönlichkeit zugestehen?
Gefühlsduselei? Nein. Urs Mannhart, 1975 geboren, der heute als Schriftsteller, Reporter und Biolandwirt in La Chaux-de-Fonds lebt, hat das Thema gründlich und fachübergreifend recherchiert und Wesentliches über das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Nutztier zusammengetragen.
Und nicht zuletzt…. ist es eine wunderbar lesbare und liebevolle Geschichte darüber, wie bereichernd es sein kann, einfach mal viel nutzlose Zeit in der Nähe von wiederkäuenden Kühen zu verbringen. (red)