Recht

Insolvenzrecht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 5/2023

Bornemann, Alexander (Hrsg.), FK-InsO. Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, Bd. 2, §§ 270 – 359 InsO. EuInsVO. EGInsO. InsVV. ArbnErfG. BetrAVG, Luchterhand, 10. Auflage, Hürth 2023, ISBN 978-3472-09623-8, 1.743 und XLIII S., € 159,00.

    Kommentare zur Insolvenzordnung gibt es eine ganze Reihe, was die Bedeutung dieses Rechtsgebiets unterstreicht. Zu den mittlerweile etabliertesten Erläuterungswerken der Insolvenzordnung zählt der Frankfurter Kommentar, der nunmehr bereits in 10. Auflage erscheint. Was sich in der Vorauflage schon abgezeichnet hatte, wurde nun Realität: Die Vielzahl der insolvenzrechtlich relevanten Gesetze erforderte eine Aufteilung des Stoffes in 2 Bände. Auch einen neuen Herausgeber hat der Kommentar bekommen: An die Stelle von Wimmer tritt Alexander Bornemann, der seinem Vorgänger auch in dessen Funktion im Insolvenzreferat des BMJ nachgefolgt ist. Die Kontinuität ist also gesichert. 10 Autoren und eine Autorin verantworten im vorliegenden Band 2 des Frankfurter Kommentars die §§ 270 – 359 InsO, die EuInsVO, Art. 102c EGInsO sowie die InsVV. In einem Anhang findet der Leser Darlegungen zu Arbeitnehmererfindungen in der Insolvenz, zur betrieblichen Altersversorgung sowie zum Insolvenzstatistikgesetz. Die Neuauflage steht wieder unter dem erklärten Ziel, die Änderungen im nationalen und europäischen Insolvenzrecht praxistauglich zu erläutern. Zu berücksichtigen waren insbesondere Änderungen der Insolvenzordnung durch das zum 01.01.2021 in Kraft getretene SanInsFoG – Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (SanInsKG) mit der Anpassung zum 9.11.2022 –, das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, welches eine Verkürzung für Privatinsolvenzen auf 3 Jahre vorsieht sowie das Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften und Änderung genossenschafts- sowie insolvenz- und restrukturierungsrechtlicher Vorschriften.

    Besonders erwähnt werden soll hier die Kommentierung zu den einschlägigen Bestimmungen in Bezug auf Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung. Das Verbraucherinsolvenzrecht zeichnet sich dadurch aus, dass alle paar Jahre der Gesetzgeber sich Neues einfallen lässt. Kernstück der jüngsten Reform ist die vor noch nicht allzu langer Zeit undenkbare Absenkung der Abtretungsfrist – zusammengesetzt aus Insolvenzverfahrensdauer und Wohlverhaltensperiode – auf drei Jahre ohne finanzielle Gegenleistung des Schuldners im neuen § 287 Abs. 2 S. 1 InsO. Nunmehr winkt Schuldenfreiheit in drei Jahren. Damit einher geht eine Verschärfung der Obliegenheiten von Verbrauchern und Selbständigen, darüber hinaus wurden weitere Bestimmungen geändert bzw. rechtstechnisch angepasst. Was die nunmehrige Reform aber im Gegensatz zu Ihren Vorgängern auszeichnet, ist der Anlass: Sie geht auf einen Rechtsakt der Europäischen Union zurück, nämlich die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132. Die Kommentierung der Neuerungen im FK-InsO ist vorbildlich. Zunächst geben Kohte und Busch einen Überblick über den Hintergrund der Reform auch unter rechtsvergleichenden Aspekten (Vorbem. §§ 286 ff. Inso). Danach erläutert Ahrens die neugefassten Bestimmungen. Rd. 650 Seiten – also mehr als ein Drittel des Kommentars – umfasst seine Kommentierung der §§ 286 – 303 InsO. Hier wird man bei keiner Streitfrage alleine gelassen. Gleiches gilt für die Erläuterung der §§ 304 – 311 InsO, welche Busch, Lackmann und Kohte besorgen. Selbstredend wurden auch alle anderen Teile des Kommentars im Hinblick auf die oben genannten legislativen Reformen aktualisiert und die neue Rechtsprechung eingearbeitet. Instruktiv sind insbesondere auch die ausführlichen – jeweils rd. 300 Seiten starken –Erläuterungen zur Europäischen Insolvenzrechtsverordnung (EuInsVO) von Schuster und zur Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) von Lorenz. Hier findet man alles Wesentliche. Dies gilt aber auch für die anderen Teile des Kommentars. Das Stichwortverzeichnis ist wie schon bislang vorbildlich. Das Werk ist darüber hinaus auch als OnlineVersion (www.wolterskluwer-online.de) erhältlich. Das Fazit ist deshalb einfach: Der Griff zum Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung lohnt sich immer. (cwh)

    Uhlenbruck, Wilhelm, Insolvenzordnung: InsO, Band 2, EuInsVO, SanInsKG (früher COVInsAG), StaRUG, hrsg. von Heribert Hirte und Heinz Vallender, Vahlen, 16. Auflage, München 2023, ISBN 978-3-80066652-2, XLIII und 1.361 S., € 119,00.

      Nun liegt Band 2 der 16. Auflage des „Uhlenbruck“, nunmehr herausgegeben von Hirte und Vallender, auf dem Tisch. Rd. drei Jahre sind also seit der Vorauflage vergangen. Zwischenzeitlich verantworten 19 AutorInnen das Erläuterungswerk, in welchem eine ganze Reihe von legislativen Neuerungen unterzubringen war. Während Band 1 des Kompendiums die Insolvenzordnung enthält, finden sich in Band 2 andere insolvenzrechtlich relevante Gesetze bzw. Rechtsvorschriften. Das Werk steht unter dem erklärten Ziel, die Entwicklung des Insolvenzrechts in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur in ihren wesentlichen Zügen nachzuzeichnen.

      Die Kommentierung beginnt mit einer rd. 450 Seiten starken Darstellung des Insolvenzrechts der Europäischen Union, wobei zweckmäßigerweise den entsprechenden Ausführungen ein Überblick über die Regelungen des Art. 102 c EGInsO vorangestellt wird, welcher die deutschen Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 2015/848 vom 20. Mai 2015 des Europäischen Parlaments und des Rates über Insolvenzverfahren (EuInsVO) enthält. Damit wird nicht zuletzt der steigenden Bedeutung grenzüberschreitender Insolvenzverfahren Rechnung getragen. Verschmelzen die Märkte und Unternehmen über Staatsgrenzen hinweg, hat dies naturgemäß auch für Insolvenzen Folgen. Übersichtlich und praxisgerecht werden die wesentlichen Grundzüge sowie die im Zusammenhang mit der Anwendung der EuInsVO auftretenden Probleme aufgezeigt. In Art. 1 geht Knof näher auf die Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der EuInsVO ein, wobei er darauf hinweist (Rn. 27), dass unter „Insolvenzrecht“ nun auch primär auf Insolvenzvermeidung gerichtete Verfahren zu fassen seien. Dem hat folgerichtig die „Definitionsnorm“ des Art. 2 (Rn. 1 f.) Rechnung zu tragen. Mit der Reform wollte der EU-Gesetzgeber insbesondere auch den Insolvenztourismus in seine Schranken weisen. Entsprechend seiner praktischen Bedeutung wird Art. 3 EuInsVO zu Recht verhältnismäßig ausführlich und unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung, insbesondere hinsichtlich des auslegungsbedürftigen Begriffs des „COMI (centre of [a debtor`s] main interests – Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen)“ (Rn. 6 ff.) erläutert. Dass die Prüfung der Zuständigkeit durch Art. 4 neu in die EuInsVO aufgenommen wurde, erklärt Knof mit den kompetenzwidrigen Verfahrenseröffnungen der Vergangenheit (Rn. 1). Näher behandelt wird auch die in Art. 7 verankerte lex fori concursus, vor allem die Reichweite derselben (Rn. 12 ff.) ist von großer praktischer Bedeutung. Den Arbeitsrechtler muss dann Art. 13 interessieren, der für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf das Arbeitsverhältnis dessen in Art. 8 Rom I-Verordnung geregelte Statut – und nicht das Insolvenzstatut – für anwendbar erklärt (Rn. 12). Kapitel II der EuInsVO umfasst Art. 19 bis 33 und behandelt die wichtige Frage der Anerkennung. Dass der ordre public-Vorbehalt eher selten eingreifen wird, macht Deppenkemper unmissverständlich deutlich (Art. 33 Rn. 3), auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen. Lange wurde es gefordert, nun ist es in der EuInsVO verankert: das Konzerninsolvenzrecht. Es findet sich im V. Kapitel, wobei Deppenkemper deutlich macht, dass es um die Insolvenzen gruppenangehöriger Unternehmen geht (Art. 56 Rn. 10 ff.). Näher angesprochen werden die Rechte des Verwalters, welche in Art. 60 ihren Niederschlag gefunden haben. Unter der Überschrift „Krisen-Gesetzgebung (früher Corona-Gesetzgebung)“ wird im Anschluss hieran das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (COVFAG) behandelt. Dessen Art. 1 enthält das Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (SanIn ­ sKG). Bei letzterem Rechtsakt standen bekanntlich die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie Haftungsfragen im Fokus des Gesetzgebers. Vertragsrechtliche Regelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie finden sich in Art. 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Der Gesetzgeber regelt in dieser Bestimmung – zeitlich begrenzt – ein Moratorium für Forderungen gegen Verbraucher und vergleichbar schutzbedürftige Kleingewerbetreibende, welche durch die Corona-Pandemie in Liquiditätsprobleme geraten sind.

      Die letzte Hälfte des Kommentars mit rd. 700 Seiten ist dann dem Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) gewidmet. Begonnen wird in den Vorbemerkungen mit dem unionsrechtlichen Hintergrund des neuen Restrukturierungsrechts, weiter findet man eine Einordnung des StaRUG in das Restrukturierungsgesamtsystem sowie Ausführungen zur Gesetzeskonzeption. Einen gewissen Schwerpunkt der Darstellung bildet der Restrukturierungsplan (§§ 2 – 28), dessen Anforderungen Streit und Bürk anschaulich darlegen. Wie detailliert alles dargestellt wird, beweist nicht zuletzt der Hinweis auf die beANutzungspflicht bei Anwälten als Vertretern (§ 5 Rn. 31). Ebenso profund sind die Darlegungen zu den Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumenten (§§ 29 – 72). Eine neue Institution im deutschen Recht ist der Restrukturierungsbeauftragte (§ 73 – 83), dass seiner Vergütung vergleichsweise breiter Raum gewidmet wird, dürfte den interessierten Kreisen geschuldet sein. Auch die Beteiligung von Arbeitnehmern und Gläubigern (§ 92 f.) wird von Knof eingehend erläutert, hier verlangt vor allem der Gläubigerbeirat Beachtung. Dem neu eingeführten Mediationsverfahren – sprich: der Sanierungsmoderation (§§ 94 – 100) – widmet sich dann kundig Borries.

      Als Fazit kann man nach dem Gesagten festhalten, dass die Kommentierung der einzelnen Bestimmungen keine Wünsche offenlässt. Selbstredend wurden auch alle Teile des Kommentars aktualisiert und die aktuelle Judikatur ist eingearbeitet. Dem Uhlenbruck ist also ohne weiteres zu attestieren, dass die Bearbeitung auch in der Neuauflage in gewohnter Präzision und Aktualität erfolgt ist. Auch für die 16. Auflage gilt, dass man Antworten auf die Fragen findet, die einem das Insolvenzverfahren stellt. Das Stichwortverzeichnis ist wie schon bislang vorbildlich. Das Fazit ist deshalb einfach: Der Griff zum Band 2 des Uhlenbruck lohnt sich immer. (cwh)

      Prof. Dr. Curt Wolfgang Hergenröder (cwh), Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits-, Handels- und Zivilprozessrecht, Johannes Gutenberg-Universität, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Deutsches, Europäisches und Internationales Arbeits-, Insolvenz- und Zivilverfahrensrecht.

      cwh@uni-mainz.de

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