Schmidt, Karsten (Hrsg.), Insolvenzordnung, InsO mit EuInsVO, C.H.Beck Verlag, München, 20. Aufl., 2023, ISBN 978-3-406-71681-2, 3.313 S., € 229,00.
Zu den mittlerweile etabliertesten Kommentaren der Insolvenzordnung zählt das von Karsten Schmidt herausgegebene Werk zum Insolvenzrecht, das nunmehr bereits in 20. Auflage erscheint. Stolze 3.313 Seiten weist das Erläuterungswerk auf, gleichwohl ist es noch Bestandteil der Reihe „Beck`sche Kurzkommentare“. Immerhin bleibt es noch bei einem Band.
Dies ist umso verdienstvoller, als es seit der im Jahre 2016 erschienenen Vorauflage eine ganze Reihe neuer Gesetze bzw. geänderter Vorschriften einzuarbeiten bzw. an den Schnittstellen zu berücksichtigen galt. Zu nennen sind insbesondere das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) und das Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG). Bei letzterem Rechtsakt standen die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie Haftungsfragen im Fokus. In der Insolvenzordnung war darüber hinaus die Einführung des Anspruchs auf ein gerichtliches Vorgespräch bei großen Insolvenzverfahren (§ 10 a InsO) zu berücksichtigen. Anpassungen im Insolvenzplanverfahren mussten eingearbeitet werden, auch die Eigenverwaltung blieb von den gesetzgeberischen Aktivitäten nicht verschont. Berücksichtigt ist ferner das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes, welches ungeachtet seines Titels auch eine Änderung der §§ 36, 98 InsO beinhaltet. Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) erforderte nach wie vor die Aufmerksamkeit der Bearbeiter. Natürlich blieben auch Verbraucherinsolvenz und Restschuld-befreiung von teilweise gravierenden Modifikationen nicht verschont. Die Legislative hat sich seit der letzten Auflage auch dieser Materie angenommen, wenngleich sie dazu durch die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 gezwungen wurde. Dem wurde in Deutschland durch das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht Rechnung getragen. Kernstück der Reform war die vor noch nicht allzu langer Zeit undenkbare Absenkung der Abtretungsfrist – zusammengesetzt aus Insolvenzverfahrensdauer und Wohlverhaltens periode – auf drei Jahre ohne finanzielle Gegenleistung des Schuldners im neuen § 287 Abs. 2 S. 1 InsO. Hinzu trat eine Verschärfung der Obliegenheiten von Verbrauchern und Selbständigen, darüber hinaus mussten einige Bestimmungen angepasst werden. All diese Neuerungen finden sich in der aktuellen Auflage des Kommentars von Karsten Schmidt bereits kommentiert.
Den zweiten Schwerpunkt des Werkes bildet die Europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO). Damit wird nicht zuletzt der steigenden Bedeutung grenzüberschreitender Insolvenzverfahren Rechnung getragen. Verschmelzen die Märkte und Unternehmen über Staatsgrenzen hinweg, hat dies naturgemäß auch für Insolvenzen Folgen. Übersichtlich und praxisgerecht werden die wesentlichen Grundzüge sowie die im Zusammenhang mit der Anwendung der EuInsVO auftretenden Probleme aufgezeigt. Erwähnt werden soll noch der Anhang Steuerrecht. Wer sich über das Verhältnis des Insolvenzrechts zum Steuerrecht informieren möchte, lese die entsprechenden Ausführungen von Schmittmann. Nach einer Einführung in die Grundlagen wird alles Wesentliche zu den einzelnen Steuerarten gesagt, namentlich zur Einkommensteuer, zur Körperschaftssteuer, zur Umsatzsteuer sowie zur Gewerbesteuer. Aber auch im Hinblick auf die Versagung der Restschuldbefreiung wegen steuerlicher Verfehlungen wird man im steuerrechtlichen Anhang fündig. Rechtsprechung und Schrifttum beschäftigten die Bearbeiter darüber hinaus zur Genüge. Der BGH produziert Entscheidung um Entscheidung. Teilweise müssen deshalb immer wieder Teile neu geschrieben werden, die bloße Aktualisierung reicht nicht aus. Dies ist den jeweiligen Autoren hoch anzurechnen. Dass das Werk mit einem ausführlichen Sachverzeichnis ausgestattet ist, versteht sich nach alledem beinahe von selbst. Das Buch ist hochaktuell und kundig geschrieben. Das Fazit ist daher einfach: Der Griff zum Kommentar zur Insolvenzordnung von Karsten Schmidt lohnt sich immer. (cwh)
Kayser, Godehard / Thole, Christoph (Hrsg.), Insolvenzordnung, Heidelberger Kommentar, C. F. Müller, Heidelberg, 11. Aufl., 2023, ISBN 978-38114-8778-9, 2487 S. und XXVIII, € 229,00.
Nun liegt die 11. Auflage des Kommentars zur Insolvenzordnung von Kayser/Thole auf dem Tisch. Bedenkt man, dass die Vorauflage gerade mal zwei Jahre zurückliegt, macht dies deutlich, wieviel es im Insolvenzrecht zu sagen gibt und wie viel sich in kurzer Zeit auf diesem Rechtsgebiet tut. Darüber hinaus macht der kurze Abstand zwischen den beiden Auflagen deutlich, dass sich das Erläuterungswerke auf dem nicht gerade unterbesetzten Markt der Kommentare zur Insolvenzordnung sicher behauptet. Zwischenzeitlich verantworten 24 AutorInnen das Buch, selbst einbändige Kommentare zur InsO sind von wenigen Verfassern also nicht mehr zu bewältigen. Vorab ist zu bemerken, dass nicht nur die Insolvenzordnung kommentiert wird, sondern darüber hinaus auch die wichtigsten Vorschriften des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO), die einschlägigen Vorschriften zum Insolvenzgeld im Sozialgesetzbuch III (vornehmlich §§ 165 ff. SGB III), die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung (InsVV) sowie die Verordnung (EG) Nr. 2015/848 des Rates über Insolvenzverfahren (EuInsVO). Ergänzend wird das Anfechtungsgesetz im Wortlaut abgedruckt. Das Werk steht unter dem erklärten Ziel, die Entwicklung des Insolvenzrechts in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur in ihren wesentlichen Zügen nachzuzeichnen. Insbesondere betrifft das die Weiterentwicklungen durch das zum 1.1.2021 in Kraft getretene Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFOG) mit dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) sowie die Änderungen durch das neue Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz – SanInsKG) mit seinen Modifikationen bei der Überschuldung.
Inhaltlich ist die Kommentierung von § 15 b InsO hervorzuheben, welche Kleindieck verantwortet. Die Vorschrift wurde durch das SanInsFOG in die Insolvenzordnung eingefügt, sie enthält eine rechtsformübergreifende Regelung zu den Zahlungsverboten nach Eintritt der materiellen Insolvenzreife haftungsbeschränkter Rechtsträger und zu den Erstattungspflichten im Falle verbotswidriger Leistungen. § 15 b InsO ersetzt damit eine ganze Reihe von rechtsformspezifischen Bestimmungen, welche im Zuge der Neuregelung aufgehoben wurden. Zu nennen ist insoweit insbesondere § 64 GmbHG aF. Im Anhang zur Kommentierung des § 15 b InsO werden die gesellschaftsrechtlichen Ansprüche gegen Gesellschafter und Geschäftsführer zur Auffüllung der Insolvenzmasse im Zusammenhang dargestellt. Von J. Schmidt erläutert wird auch schon der durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (GvSchuG v. 07.05.2021, BGBl. 2021, 185) neu eingefügte § 98 Abs. 1 a InsO. Die Vorschrift bringt eine Klarstellung bezüglich der Zulässigkeit sowie der Voraussetzungen im Hinblick auf die Einholung von Drittauskünften im Insolvenzverfahren. Der Umweg über den Gerichtsvollzieher wird obsolet und die auskunftspflichtigen Stellen können vom Insolvenzgericht nun explizit zu einer Auskunft angegangen werden. Schließlich sei noch auf die Einarbeitung der neuen Rechtsprechung und Literatur zum Anfechtungsrecht durch Thole hingewiesen
Selbstredend wurden auch alle anderen Teile des Kommentars aktualisiert und die aktuelle Judikatur ist eingearbeitet. Dem Heidelberger Kommentar ist also ohne weiteres zu attestieren, dass die Bearbeitung auch in der Neuauflage in gewohnter Präzision und Aktualität erfolgt ist. Auch für die 11. Auflage gilt, dass man Antworten auf die Fragen findet, die einem das Insolvenzverfahren stellt. Das Stichwortverzeichnis ist wie schon bislang vorbildlich. Das Fazit ist deshalb einfach: Der Griff zum Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung lohnt sich immer. (cwh)
Prof. Dr. Curt Wolfgang Hergenröder (cwh), Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits-, Handels- und Zivilprozessrecht, Johannes Gutenberg-Universität, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Deutsches, Europäisches und Internationales Arbeits-, Insolvenz- und Zivilverfahrensrecht.
cwh@uni-mainz.de