Recht

Erbrecht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 5/2023

Barbara Jakob, Das Bankkonto im Nachlass, zerb Verlag, Bonn 2022. ISBN 978-3-95661-132-2. XLIII, 320 S., 49,00 €.

    Da nahezu jeder Erblasser ein Bankkonto hat, stellt sich im Erbfall regelmäßig die Frage nach dessen Schicksal: Fällt das Bankkonto in den Nachlass oder unterliegt es einer sonderrechtlichen Erbfolge? Wie wirken sich erbrechtliche Sondergestaltungen wie Testamentsvollstreckung oder Anordnung der Nacherbfolge aus? Welche Schwierigkeiten können sich bei der Abwicklung eines Erbfalls ergeben aus Sicht eines Kreditinstituts und aus Sicht des oder der Erben?

    Die vorliegende Arbeit, die im Sommersemester 2021 von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen wurde, will den Modus der erbrechtlichen Nachfolge in ein Bankkonto klären sowie die Abwicklung eines Bankkontos nach dem Tod des Kontoinhabers darstellen. Die Arbeit befindet sich auf dem Stand Mai 2022.

    Die Darstellung ist in acht Kapitel gegliedert, denen eine Einleitung vorangestellt ist. Ich habe Zweifel, ob die Feststellung in der Einleitung zutrifft, das Schicksal des Bankkontos nach dem Tod des Kontoinhabers werde vor allem unter „formellrechtlichen Gesichtspunkten“ diskutiert, etwa im Hinblick auf die Anforderungen, die Kreditinstitute an den Erbnachweis stellen dürfen. Jedenfalls beschränkt sich die Untersuchung nicht auf diese formalen Überlegungen – dies wäre in der Tat eine sehr eingeschränkte Thematik- , sondern sie behandelt vorrangig die materiellrechtlichen Fragen der erbrechtlichen Nachfolge. Das 1. Kapitel stellt das Bankkonto als den zu vererbenden Gegenstand im schuldrechtlichen und spezifisch bankrechtlichen Zusammenhang dar. Die Ausführungen sind gelegentlich etwas weit ausholend („Begriff des Kunden“), liefern aber eine solide Grundlage für die folgenden Erörterungen. Da das Bankkonto die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Kreditinstitut und dem Kontoinhaber abbildet, ist für die Rechtsnachfolge beim Tod des Kontoinhabers grundsätzlich das Erbrecht maßgebend. Allerdings bietet das Schuldrecht Möglichkeiten des Vererbens „am Nachlass vorbei“, auf die im 2. Kapitel eingegangen wird. Das 3. Kapitel wendet sich dann den erbrechtlichen Grundlagen für die Abwicklung eines Bankkontos nach dem Tod des Kontoinhabers zu. Die mit „Kapitelsergebnis“ überschriebene Zusammenfassung am Ende dieser etwas lehrbuchhaften Darstellung gibt teil-weise auch Selbstverständlichkeiten wieder. So muss in einer Dissertation nicht unbedingt als Ergebnis festgehalten werden, dass bei fehlender letztwilliger Verfügung die gesetzliche Erbfolge eintritt und deren Ermittlung im Einzelfall mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein kann.

    Gehaltvoller ist das 4. Kapitel, das die bankrechtliche Abwicklung des „normalen“ Erbfalls, – darunter wird als idealtypischer Normalfall der Übergang eines Einzelkontos auf einen Alleinerben verstanden – schildert. Die Beschränkung auf den Normalfall ermöglicht einen zusammenhängenden und präzisen Überblick über die Maßnahmen des Kreditinstituts nach dem Tod des Kontoinhabers. Angefangen von internen Maßnahmen zur Sicherung und Mitteilungspflichten sind z. B. Erbnachweise und Vollmachten zu prüfen. Die einzelnen Komplikationen werden in den folgenden Kapiteln behandelt. Kap. 5 widmet sich den Problemen bei einer Mehrheit von Erben; Kap. 6 und 7 befassen sich mit Vor- und Nacherbfolge sowie mit Testamentsvollstreckung. Im abschließenden 8. Kapitel wird noch kurz auf die erbrechtliche Einzelrechtszuweisung (gemeint ist durch Vermächtnis oder Auflage) von Bankkonten eingegangen. In dem fast 50 Seiten umfassenden Anhang sind bankrechtliche Regelwerke und Formulare, die im Zusammenhang der Nachlassabwicklung relevant werden können, abgedruckt.

    Die Verlagswerbung bezeichnet das Werk als „eine rechtstatsächliche Arbeit mit hoher praktischer Relevanz.“ Dem kann ich nicht ganz zustimmen. Allein der Umstand, dass neben den theoretischen Grundlagen auch die Praxis der Erbabwicklung in einem Kreditinstitut behandelt wird, rechtfertigt die Einordnung als „rechtstatsächliche Arbeit“ noch nicht. Eine „hohe praktische Relevanz“ kann dem Werk, das weniger eine wissenschaftliche Arbeit als ein gründlicher Leitfaden ist, dagegen durchaus bescheinigt werden. Als solcher ist es ein wertvolles Hilfsmittel für alle, die sich mit dem Thema beschäftigen müssen. Es gibt Antworten auf alle Fragen rund um das Bankkonto im Nachlass. (bmc)

    Michael Bonefeld / Ludwig Kroiß / Manuel Tanck (Hrsg.). Der Erbprozess. Nomos, 6. Aufl. 2023, ISBN 978-3-7560-0273 3, 1125 S., geb., € 129,00.

      Seit über 20 Jahren gehört der Bonefeld/Kroiß/Tanck in die Grundausstattung jeder erbrechtlichen Bibliothek. In der 6. Auflage erscheint der bewährte Begleiter in allen prozessualen und verfahrensrechtlichen Situationen nun erstmals im Nomos Verlag.

      Die Neuauflage, die rund sechs Jahre nach der 5. Auflage erschienen ist, bringt das Handbuch auf den neuesten Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebung, erweitert insbesondere um die Bereiche der in der Praxis zunehmend bedeutsamen Auseinandersetzung mit Sachverständigengutachten, etwa zur Frage der Testierfähigkeit. Die Konzeption des Werkes besteht darin, vor der Präsentation nützlicher Formulare ein erbrechtliches Problem ausführlich theoretisch zu vertiefen. Ebenso werden typische Verfahrensfehler im Erbprozess und ihre Vermeidung in den Blick genommen.

      Zehn Autoren (einschließlich der drei Herausgeber), nämlich fünf Rechtsanwältinnen, zwei Rechtsanwälte (überwiegend Fachanwälte für Erbrecht), ein Richter und ein Rechtspfleger nehmen sich des Stoffes in 15 Paragraphen an. Es beginnt mit einem einleitenden Überblick des Mitherausgebers Bonefeld „Erbrecht und ZPO“, in dem vom Stillstand des Prozesses durch Tod einer Partei über Gerichtsstände für Erbprozesse und Fragen der Streitgenossenschaft zunächst mehr technische prozessuale Probleme erörtert werden. Bereits hier zeigen sich die Vorteile dieses Werkes: Für die einzelnen verfahrensrechtlichen Schritte werden im Anschluss an die theoretischen Ausführungen hilfreiche Muster in Form von Anträgen oder Übersichten (zu den Gerichtsständen) aufgeführt. Es folgen Abschnitte zum Aktivprozess des einzelnen Erben (§ 2039 BGB), zur Verhinderung des Eintritts der Verjährung und zu Fragen der Beweislast und zum einstweiligen Rechtsschutz im Erbrecht. Neu eingefügt wurde das Kapitel zum Sachverständigengutachten, in dem sich auch allgemeine Ausführungen zu Beweisanträgen finden. Die nächsten vier Paragraphen (§§ 2 bis 5) sind den Ansprüchen des oder der Erben und ihrer Durchsetzung gewidmet. Kind befasst sich mit der Durchsetzung der Ansprüche des Alleinerben, der Beitrag von Roglmeier beleuchtet umfassend die Situation des Miterben, während Kroiß die Ansprüche des Vorerben und des Nacherben im Blick hat. Die Paragraphen 6 und 7 behandeln die Geltendmachung von Vermächtnis- (Kind/Tanck) und Pflichtteilsansprüchen (Lenz-Brendel). Der Aktivund Passivprozess des Testamentsvollstreckers (§ 8) wird von Bonefeld dargestellt, ehe die Sichtweise auf die Seite der Gläubiger wechselt und Heindl die Erbenhaftung eingehend behandelt. Kosten (Uricher) und Zwangsvollstreckung (Bonefeld) in Erbsachen sind die Themen der Paragraphen 10 und 11. Nicht fehlen in Werk dieser Art darf das Erbscheinsverfahren, zu dem Kroiß einen präzisen Überblick gibt. Die im Familien- und Erbrecht an Bedeutung gewinnende Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG behandelt Geiselmann. Da erbrechtliche Mandate mit Auslandsberührung zunehmen, wird abschließend das internationale Erbrecht von Kroiß dargestellt. Das letzte Kapitel behandelt mit der gewerblichen Prozessfinanzierung ein Thema, das kein speziell erbrechtliches ist, das aber, wie die Autorin Anderson darlegt, gerade im Erbrecht hohe Attraktivität aufweist.

      Die Beratung des künftigen Erblassers und der Erben ist inzwischen Gegenstand und Thema zahlreicher Handbücher. Nur wenige Werke setzen sich dabei so intensiv mit dem Verfahrensrecht auseinander wie das vorliegende Werk mit über 200 detaillierten Mustern für alle Verfahrenssituationen im Erbprozess. (bmc)

       

      Tobias Kappler / Susanne Kappler, Die vorweggenommene Erbfolge, 2. Aufl., Ernst und Werner Gieseking 2023, ISBN 978-3-7694-1278-9. XXXIII, 398 S., € 69,00.

        Im Gesetz sucht man vergebens nach einer Definition des Begriffes der vorweggenommenen Erbfolge. Allgemein versteht man darunter Vermögensübertragungen unter Lebenden, insbesondere Schenkungen, die in der Erwartung vorgenommen werden, dass der Erwerber im Erbfall das Vermögen ohnehin erhalten wird. Das Erbrecht des Erwerbers wird sozusagen vorweggenommen und vorzeitig erfüllt. Tragende Gründe für eine Zuwendung zu Lebzeiten sind häufig der Erhalt des Vermögens in der Familie bei gleichzeitiger Vermeidung von Streitigkeiten unter Familienmitgliedern nach dem Erbfall. Daneben spielen oft erbschaftsteuerliche Überlegungen eine Rolle sowie die Verhinderung des Zugriffs der Sozialhilfebehörden auf das Vermögen bei „Altersarmut“. Die Vermögensnachfolge zu Lebzeiten bietet also für Übergeber wie für Erwerber zahlreiche Vorteile

        Das vorliegende Werk, das in der bei Praktikern beliebten Reihe FamRZ-Buch des Gieseking-Verlags als Band 43 erschienen ist, behandelt alle rechtlichen Fragen rund um die vorweggenommene Erbfolge samt Schnittstellen zum Sozial- und Schenkungsteuerrecht. Die Autoren (Notar und Notarin) werden von den Rechtsanwälten (Fachanwälten für Erbrecht) Thomas Littig und Heiko Wunderlich unterstützt, die für das Kapitel zum Sozialhilferecht (Littig) und die umfassende Darstellung zum Erbschaftsteuerrecht (Wunderlich) verantwortlich zeichnen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Ende 2022 berücksichtigt; die zum 01.01.2023 in Kraft getretenen Änderungen im Bereuungs- und Vormundschaftsrecht sowie die erbschaftsteuerrechtlichen Auswirkungen des Jahressteuergesetzes 2022 sind bereits eingearbeitet.

        Die Darstellung ist in sieben Kapitel gegliedert. Nach der Einleitung, in der eine rechtliche Zuordnung der vorweggenommenen Erbfolge versucht und neue Herausforderungen durch die steigende Zahl an Demenzerkrankungen angesprochen werden, stellen die Autoren in Kapitel 2 typische Überlassungs- und Übergabeverträge vor. Hier wie in den folgenden Kapiteln finden sich zahlreiche hilfreiche Formulierungsbeispiele und zum Teil ganze Vertragsmuster. Das Verzeichnis (S. IXX-XXIII) listet 110 Muster auf. Im Einzelnen geht es um Grundstücküberlassung, landwirtschaftliche Übergabe und Übergabe von Betriebsvermögen. Als Sonderfall wird die vorweggenommene Erbfolge unter Beteiligung Minderjähriger behandelt. Kapitel 3 widmet sich der Familiengesellschaft und der Familienstiftung, die als weitere erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Das mit über 130 Seiten umfangreichste Kapitel 4 befasst sich mit den Austragsleistungen und der Absicherung des „Altenteilers“, etwa wenn sich der Übergeber seines wesentlichen Vermögens im Zuge einer (landwirtschaftlichen) Betriebsübergabe begibt. Vor den schon erwähnten Kapiteln zum Sozialhilferecht und zur Besteuerung findet sich noch Überblick über die erb- und güterrechtlichen Auswirkungen der vorweggenommenen Erbfolge.

        Inhaltlich ist es sehr gut gelungen, eine Materie, die im Beratungsalltag eine immer größere Rolle spielt, praxisnah und unter Einbeziehung von Rechtsprechung und Literatur verständlich darzustellen. Ein empfehlenswertes Werk für alle, die mit Fällen und Problemen der vorweggenommenen Erbfolge zu tun haben, insbesondere in gestaltender Funktion vor dem Erbfall. In Notariaten, Anwaltskanzleien und Gerichten wird es seine Verbreitung finden. (bmc) ˜

        VRiOLG a.D. Dr. Bernd Müller-Christmann war von 2002 bis Ende Februar 2016 Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe. Er ist Mitautor in mehreren juristischen Kommentaren und Autor in juristischen Fachzeitschriften.

        mueller-christmann-bernd@t-online.de

         

         

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