Recht

Erbrecht

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 6/2021

Rouven Eichten. Der oHG-Anteil im Spannungsfeld von Erb- und Gesellschaftsrecht. Mohr Siebeck, Tübingen 2020. ISBN 978-3-16-159214-0. XXVII, 480 S., € 104,00.

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2019 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Sie ist erschienen in der Reihe „Studien zum Privatrecht“ des Verlags Mohr Siebeck, die herausragenden Dissertationen eine ansprechende Plattform bietet.

Nach dem erbrechtlichen Grundsatz der Universalsukzession geht mit dem Tode des Erblassers dessen Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über; eine Rechtsnachfolge in einzelne Gegenstände (Singularsukzession) gibt es grundsätzlich nicht. Dieser Grundsatz wird modifiziert, wenn der Übergang einer Mitgliedschaft in einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) in Rede steht. Wenn der Gesellschafter von mehreren Erben (Miterben) beerbt wird, entstehen Kollisionen zwischen Erbrecht und Gesellschaftsrecht. Ist im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass der Gesellschaftsanteil auf alle Miterben übergeht, so müsste nach Erbrecht an sich die Erbengemeinschaft die Gesellschafterstellung erlangen. Dem Gesellschaftsrecht entspricht aber die Beteiligung dieser Gesamthandsgemeinschaft als Gesellschafter nicht, es geht von der unbeschränkten Haftung der einzelnen Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten aus (§ 128 HGB), während die Erbengemeinschaft bis zur Auseinandersetzung nur mit dem Nachlass haftet und darüber hinaus die Haftungsbeschränkung durch besondere Maßnahmen (z. B. Nachlassverwaltung) herbeiführen kann. Dieses Dilemma löst die Rechtsprechung dadurch, dass das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge durchbrochen und eine Sonderrechtsnachfolge der einzelnen Miterben in den Gesellschaftsanteil anerkannt wird.

Diese (vereinfachte) Darstellung soll zum Verständnis vorausgeschickt werden, um die auf hohem juristischem Niveau stehende Arbeit einordnen zu können. Die wegweisenden Entscheidungen in der Rechtsprechung und die Literaturbeiträge zur Vererbung von Anteilen an Personengesellschaften stammen im Wesentlichen aus den 1980er und 1990er Jahren. Seitdem verharrt die Rechtsentwicklung, die im 1. Kapitel der Arbeit dargestellt wird, in einer Art „Winterschlaf“, wie Eichten konstatiert, in dem kaum mehr Entwicklungen zu verzeichnen sind. Das modifizierte Erbrechtsgefüge der etablierten Ansicht, bei dem versucht wird, die Bestimmungen über die Erbengemeinschaft und erbrechtliche Fremdverwalter (Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter, Nachlasspfleger), zur Anwendung zu bringen, unterzieht der Autor einer kritischen Analyse.

Gemäß dem Untertitel der Arbeit (so lautete auch der ursprüngliche Dissertationstitel) befassen sich die beiden folgenden Kapitel mit der erbrechtlichen Mitverwaltung und der erbrechtlichen Fremdverwaltung eines vererbten oHGAnteils. Den Hauptteil bilden die über 200 Seiten umfassenden Erörterungen, in denen Eichten sein alternatives Begründungsmodell einer Mitverwaltung am oHG-Anteil in Form einer Erbengemeinschaft entwickelt. Ob eine unmodifizierte erbrechtliche Fremdverwaltung (Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung, Nachlasspflegschaft) eines oHG-Anteils, den ein Alleinerbe von Todes wegen erworben hat, möglich ist, wird im 3. Kapitel beleuchtet. Im abschließenden 4. Kapitel wird – exemplarisch bei der Testamentsvollstreckung – ausgelotet, wie mit Hilfe einer Fremdverwaltung eine Konzentration der erbrechtlichen Mitverwaltung erreicht werden kann.

Wie eingangs erwähnt, werden in die Schriftenreihe „Studien zum Privatrecht“ nur herausragende Dissertationen aufgenommen. Um eine solche handelt es sich hier; eine breit angelegte Untersuchung, die mit beeindruckender Gründlichkeit sowohl Detailprobleme behandelt als auch Grundlagenfragen ausleuchtet. Natürlich wird eine einzelne Dissertation die etablierte Ansicht nicht zum Einsturz bringen, die Hoffnung des Autors, „dass in diesem Bereich der Diskussionsfaden wieder aufgenommen wird“, erscheint aber nicht unbegründet. Einen ersten wichtigen Beitrag liefert diese Arbeit. (bmc)

 

Peter Frohn, Nachlassrecht, 4. Aufl. 2021, Verlag Gieseking Bielefeld, ISBN 978-3-7694-1244-4, XIV ­ 261 S., € 39,00.

Wie schon die Reihe, in der es erscheint, signalisiert, richtet sich dieses Buch in erster Linie an den Rechtspflegernachwuchs. Die Reihe Rechtspfleger-Studienbücher bietet für die einzelnen Gebiete der Rechtspflegertätigkeit Fallsammlungen, in denen die erfahrungsgemäß besonders examensrelevanten Probleme dieses Bereichs behandelt werden. Sie wendet sich daher in erster Linie an Rechtspflegeranwärter im letzten Jahr ihres (durchaus anspruchsvollen) Studiums, aber auch an Praktiker, die sich in ein neues Rechtsgebiet einarbeiten müssen.

Der Verfasser, der dieses Werk seit Jahrzehnten (mit-)betreut, ist Honorarprofessor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und war Direktor des Amtsgerichts Schöneberg. Auch seine frühere Tätigkeit als Vorsitzender des Prüfungsausschusses für die Rechtspflegerprüfung in Berlin prädestiniert ihn für die Aufgabe, angehende Rechtspfleger auf ihre Prüfung vorzubereiten. Die Neuauflage fügt der Sammlung einen weiteren Fall (Nr. 11) hinzu und arbeitet die in den letzten sechs Jahren in Kraft getretenen Rechtsänderungen ein. So sind die Auswirkungen der EuErbVO behandelt, insbesondere die Fragen der internationalen Zuständigkeit und des anzuwendenden Rechts. Berücksichtigt ist ferner die Überführung der Vorschriften des Erbscheinsverfahrens in das FamFG.

In elf praktischen Fällen werden prüfungsrelevante Probleme des formellen und materiellen Erbrechts dargestellt. Der Sachverhalt ist in Form eines Aktenauszugs aufbereitet; die „Besprechungen“ verstehen sich nicht als Musterlösungen, sondern als Lösungsangebot, das durch generalisierende und vertiefende Problemerörterungen ergänzt wird. Die Lösungshinweise gehen daher oft über den konkreten Fall hinaus. Besonderer Wert wird dabei auf den schlüssigen Aufbau von Gutachten, den Ablauf und die Zusammenhänge im Nachlassverfahren sowie die korrekte Abfassung von Entscheidungsbegründungen gelegt. Prüfungsschemata und Hinweise auf weiterführende Literatur und Rechtsprechung erhöhen den praktischen Nutzen für den Leser. Der Schwierigkeitsgrad der Fälle erhöht sich fortschreitend bis zu einem durchaus beachtlichen Niveau. Beherzigen sollte man den Rat aus einem früheren Vorwort, die Fälle selbst zu lösen, bevor man sich der Lektüre der Fallbesprechung zuwendet. Keinesfalls reicht das bloße Überfliegen der Lösung aus, um den Erfolg zu erreichen, den das Buch anstrebt.

Dieses Rechtspfleger-Studienbuch eignet sich hervorragend zur Wiederholung und Prüfungsvorbereitung für Rechtspflegeranwärter im Erbrecht. Es ist anspruchsvoll und seine Lektüre erfordert Zeit und Ausdauer; aber die Anstrengung lohnt sich. (bmc)

 

Hans Brox/Wolf-Dietrich Walker, Erbrecht, 29. Aufl., Verlag Franz Vahlen München, 2021. ISBN 978-3-8006-6396-5. XLVI, 552 S., € 26,90.

Das erstmals 1966 erschienene Lehrbuch zum Erbrecht von Hans Brox hat längst seinen festen Platz in der juristischen Studienliteratur gefunden (Besprechung der Vorauflage in fbj 5/2019, S. 41). Auch in den heutigen Zeiten des Überangebots hat es seinen Rang nicht eingebüßt. Seit der 22. Auflage wird es von Wolf-Dietrich Walker, Professor an der Universität Gießen, fortgeführt. Die 29. Auflage ist auf dem Stand Januar 2021. Neben der gewohnt zuverlässigen Auswertung und Einarbeitung von Entscheidungen des EuGH, des Bundesgerichtshofs und der Obergerichte, die seit Erscheinen der Vorauflage ergangen sind, wurde aktuelles Schrifttum eingearbeitet oder jedenfalls nachgewiesen, wie es dem Konzept des Buches entspricht. Neu aufgenommen wurden insbesondere Entscheidungen zur Auslegung erbrechtlicher Verfügungen, zu Einzelfragen bei der Vor- und Nacherbschaft und zum Pflichtteilsergänzungsanspruch. Bei den Hinweisen auf weiterführende Literatur, die einzelnen Abschnitten vorangestellt sind, wurden zum Teil ältere Nachweise aus der Zeit vor dem Jahr 2000 gestrichen. Die Darstellung ist in zwölf Abschnitte unterteilt. Der für die studentische Ausbildung wichtigste Bereich des Erbrechts, die Berufung zum Erben, bildet nach einer knappen Einführung in das Erbrecht, in der die Grundbegriffe erläutert werden, den ersten Schwerpunkt. Im Einzelnen werden hier die gesetzliche und die gewillkürte Erbfolge durch Testament und Erbvertrag sowie der Ausschluss von der Erbfolge behandelt. Die unterschiedlichen Anordnungen des Erblassers (Erbeinsetzung, Testamentsvollstreckung, Vermächtnis oder Auflage) sind Gegenstand des nächsten Abschnitts. Es folgen Abschnitte über die Miterbengemeinschaft, das Pflichtteilsrecht, den Schutz des Erben und der Erbschaft sowie über die Erbenhaftung. Kleinere Abschnitte enthalten danach einen Überblick zu Themen wie Zuwendungen auf den Todesfall durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden, Erbrecht und Gesellschaftsrecht, Erbschaftskauf sowie Erbschaftsteuerrecht. Das abschließende Kapitel befasst sich mit dem internationalen Erbrecht.

Vermittelt wird ein auf das Wesentliche beschränkter Überblick über das Erbrecht, der zwar über den Pflichtstoff in den Juristischen Staatsprüfungen hinausgeht, in der Darstellung aber stets an den Bedürfnissen der Ausbildung orientiert ist. Den einzelnen Kapiteln sind neben Literaturhinweisen kleine Fälle vorangestellt, die in die Problematik einführen und deren Lösung innerhalb der folgenden Erläuterungen durch einen grauen Balken hervorgehoben wird. Zusammenfassungen am Ende von Kapiteln ermöglichen eine zusätzliche Lernkontrolle. Im Anhang finden sich schließlich mit Anmerkungen versehene Mustertexte, etwa zum gemeinschaftlichen Testament, zum Erbvertrag und zur Erbausschlagung sowie Beispiele eines Erbscheins und eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Nach wie vor gilt: Wer eine gut verständliche Einführung in das Erbrecht mit didaktischem Anspruch sucht, ist mit diesem ausgereiften Werk bestens bedient. Es ist für Studierende geschrieben und für diese hervorragend geeignet. (bmc)

VRiOLG a.D. Dr. Bernd Müller-Christmann war von 2002 bis Ende Februar 2016 Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe. Er ist Mitautor in mehreren juristischen Kommentaren und Autor in juristischen Fachzeitschriften.

mueller-christmann-bernd@t-online.de

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