Recht

Erbrecht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 1/2021

Karlheinz Muscheler (Hrsg.). Hereditare – Jahrbuch für Erbrecht und Schenkungsrecht, Band 9, Verlag Mohr Siebeck, Tübingen. (2019). ISBN 978-3-16154925-0. 406 S., € 54,00.

Die Reihe „Hereditare – Jahrbuch für Erbrecht und Schenkungsrecht“ wird getragen von dem 2010 gegründeten gemeinnützigen Verein „Hereditare – Wissenschaftliche Gesellschaft für Erbrecht e.V“. Dieser Verein, zu dessen Vorstand der Herausgeber der Reihe Prof. Karlheinz Muscheler gehört, hat sich die wissenschaftliche Erforschung des Erbrechts und des Rechts der lebzeitigen Vermögensnachfolge zum Ziel gesetzt. Zu den Hauptanliegen des Vereins gehört es, die Verbindung von Wissenschaft und Praxis zu fördern. In dieser Reihe werden u.a. überarbeitete Fassungen der Vorträge abgedruckt, die auf dem jährlich stattfindenden Bochumer Erbrechtssymposium gehalten werden.

Leider fehlt ein Vorwort oder eine einleitende Bemerkung zum Inhalt des Bandes. Welche Beiträge hier zusammengetragen sind, wird an keiner Stelle erwähnt. Dass das Buch Vorträge des Bochumer Erbrechtssymposiums wiedergibt, erfährt man nur auf der Rückseite des Einbands. Aus der fortschreitenden Zählung der Bände und aus Hinweisen in Fußnoten folgt, dass es hier um die Tagung im Jahr 2018 handelt. Unter welchem Thema dieses Symposium stand, bleibt ebenfalls im Dunkeln; man kann aus den Titeln der Beiträge schließen, dass es um „Langfristige Bindungen im Erbrecht“ geht.

Der erste Beitrag ist allerdings die schriftliche Fassung eines Vortrags aus dem Symposium des Vorjahrs. Andreas Jurgeleit, Richter am BGH und Lehrbeauftragter an der Ruhr-Universität Bochum behandelt „Erbrechtliche Fragen bei der (Vorsorge-)Vollmacht und Betreuung“. Im Einzelnen geht es um Fragen der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung im Rahmen der Betreuung und der (Vorsorge-) Vollmacht, die Fortgeltung der Vertretungsmacht des Betreuers/Bevollmächtigten nach dem Tod des Betreuten/ Vollmachtgebers, die Ernennung des Betreuers oder Bevollmächtigten zum Testamentsvollstrecker und um den erbrechtlichen Ausgleich nach § 2057a BGB zugunsten des Betreuers oder Bevollmächtigten.

Markus Schewe, Rechtsanwalt und Notar in Essen, setzt sich mit der Familienstiftung von Todes wegen auseinander. Zunächst werden Wesen, Ausgestaltung und Wirkungsweise der Familienstiftung dargestellt und Alternativen sowie die Motive für ihre Errichtung aufgezeigt. Danach werden ausgesuchte erbrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung von Familienstiftungen behandelt.

Mit der Vor- und Nacherbschaft, einer Form der langdauernden Bindung im Erbrecht, die typischerweise für die Beteiligten besondere Schwierigkeiten mit sich bringt, befasst sich die Tübinger Professorin Christine OsterlohKonrad. Nach ihrer Auffassung ist die in § 2109 BGB gefundene Balance zwischen dem Interesse des Erblassers an langfristiger Vermögensbindung und dem Interesse der Lebenden an Verfügungsfreiheit heutzutage rechtspolitisch zweifelhaft. Osterloh-Konrad stellt die Differenzierung zwischen Ersatznacherben und sonstigen potentiellen Nacherben in Frage und plädiert für den Primat des Erblasserwillens bei der Prüfung, welcher Grad an wirtschaftlicher Entscheidungsfreiheit den vom Erblasser Begünstigten zustehen soll.

Der Münchener Ordinarius Anatol Dutta zeigt in seinem Beitrag zur „Dauervollstreckung“ in einem rechtsvergleichenden Überblick auf, dass das deutsche Recht mit dieser den Erben weitgehenden entrechtenden Sonderform der Testamentsvollstreckung eine Ausnahmeposition einnimmt. Vorgestellt werden Ansätze zu einer stärkeren Begrenzung der Perpetuierung des Nachlasses durch dauerhafte Fremdverwaltung.

Katharina Uffmann, Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Recht der Familienunternehmen an der Ruhr-Universität Bochum, widmet sich der „Bindung beim gemeinschaftlichen Testament und Erbvertrag insbesondere bei der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen“. Die gesetzlich vorgesehene Bindung beim gemeinschaftlichen Testament und beim Erbvertrag steht oft im Kontrast zu der Flexibilität, die die Dynamik der Unternehmungsführung erfordert. Anhand einer viel beachteten Entscheidung des OLG Bremen setzt sich Uffmann mit der Möglichkeit eines Änderungsvorbehalts unter Zustimmung eines Dritten auseinander, der sie grundsätzlich positiv gegenübersteht.

Mit der gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeklausel in Verknüpfung mit letztwilligen Verfügungen befasst sich der Beitrag (gehalten als Vortrag auf einer Veranstaltung des Vereins “Hededitare“) von Roland M. Bäcker, Rechtsanwalt und Notar in Hagen. Aus der Sicht des gestaltenden Beraters werden gesellschaftsrechtliche, erbrechtliche und steuerrechtliche Fragen angesprochen und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt und auf ihre Eignung überprüft. Wie schon in den Vorjahren gibt Richter am Bundesgerichtshof Christoph Karczewski auch in Band 9 einen ausführlichen Überblick über „aktuelle Entwicklungen im Erbrecht und sonstigem Zivilrecht“. Es handelt sich – ohne Bezug zu einem bestimmten Thema oder Schwerpunkt – um eine Aneinanderreihung von Entscheidungen aus den Jahren 2017 und 2018, überwiegend solche des Bundesgerichtshofs und von Oberlandesgerichten. Wichtige Aussagen sind durch (teilweise etwas häufig eingesetzten) Fettdruck hervorgehoben.

Der Band wird abgeschlossen durch eine von Nils Althoff (wiss. Mitarbeiter am Lehrstuhl des Herausgebers) erstellte Zusammenfassung der Diskussionen zu den Vorträgen. (bmc)

 

Mathias Schmoeckel, Erbrecht, 6. Aufl., Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2021. ISBN 978-3-8487-6241-5. 317 S., € 26,90.

Das 2005 „gestartete“ Lehrbuch zum Erbrecht erscheint nun schon in 6. Auflage. Obwohl es auf dem Markt hervorragende und wesentlich ausführlichere Lehrbücher zum Erbrecht gibt, hat die Methode des Autors, einerseits eine ausreichende Grundlage zum Verständnis der Materie zu liefern, andererseits aber mehr zu bieten als nur einen überblicksartigen Grundriss, Anklang und Zuspruch gefunden. Das hat auch damit zu tun, dass sich das Erbrecht nicht nur in der Praxis, sondern seit einiger Zeit auch in der Wissenschaft eines steigenden Interesses erfreut.

Inzwischen liegt sogar eine Übersetzung der 5. Auflage dieses Werkes in die chinesische Sprache vor, mit der Schmoeckel die Hoffnung verbindet, dass der Wert generationenübergreifender Vermögenssicherung durch die Individuen für ihre Gesellschaft auch in China zunehmend anerkannt wird.

Die Darstellung ist in 9 Kapitel mit insgesamt 46 Paragraphen unterteilt. Nach einer Einleitung, die neben einem historischen Überblick u.a. eine Erläuterung der Grundbegriffe und Prinzipien des deutschen Erbrechts enthält, werden im 2. Kapitel (mit der etwas rätselhaften Überschrift „vom Erbfall zum Erbe“) Themen angesprochen wie das Nachlassverfahren und der Erbschaftsanspruch. Dem Überblick über die gesetzliche Erbfolge einschließlich Pflichtteilsrecht schließt sich mit der gewillkürten Erbfolge der umfangmäßige und inhaltliche Schwerpunkt an. Es folgen kurze Kapitel zum Ausschluss von der Erbfolge, zu lebzeitigen Geschäften auf den Erbfall hin, zur Stellung der Erben in der Erbengemeinschaft und zur Fürsorge für den Nachlass. Warum in dem abschließenden Kapitel Erbenhaftung auch die Gestaltung eines Testaments erörtert wird, erschließt sich nicht, zumal das Testament an anderer Stelle ausführlich behandelt wird Anhand von über 100 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen kann der Leser überprüfen, ob es sich das notwendige Wissen angeeignet und den Stoff verstanden hat. Um den Adressatenkreis dieses Lehrbuchs (Studenten und Referendare) in den Stand zu versetzen, den Examensanforderungen zu genügen, beschränkt sich die Werk nicht auf die Vermittlung des Stoffes in Form einer dogmatischen Darstellung, sondern versucht durch eingestreute Verständnisfragen (insgesamt 110) und kleine Übungsfälle ein Gespür für den Aufbau und die Reihenfolge der zu prüfenden Probleme eines Falles zu schaffen. Am Ende des Bandes sind diese Wiederholungsund Vertiefungsfragen (mit Antworten) noch einmal zusammengefasst und durch eine Liste von Definitionen ergänzt. Ob neben dem ausführlichen Stichwortregister für den hier angesprochenen Leserkreis noch ein Paragraphen­ register sinnvoll ist, erscheint mir zweifelhaft. Man spürt, dass der Autor das Erbrecht „liebt“ („wunderbare Klarheit erbrechtlicher Strukturen“) und es ihm ein Anliegen war, den vorhandenen Bestand erbrechtlicher Lehrbücher um eine Darstellung zu bereichern, die sowohl zum Einstieg als auch zur Vertiefung und zur Examensvorbereitung bestens geeignet ist. Es ist ihm gelungen. (bmc)

VRiOLG a.D. Dr. Bernd Müller-Christmann war von 2002 bis Ende Februar 2016 Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe. Er ist Mitautor in mehreren juristischen Kommentaren und Autor in juristischen Fachzeitschriften.

mueller-christmann-bernd@t-online.de

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