Editorial

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 3/2019

Das 1949 verabschiedete Grundgesetz und die dort verankerten Grundrechte sind das feste Fundament unserer Demokratie. Aber sind wir uns ihrer Bedeutung noch bewusst?

In ihrem Buch mit dem ungewöhnlichen Titel „Angst essen Freiheit auf“ plädiert Sabine Leutheusser-Schnarrenberger leidenschaftlich für eine neue Wertschätzung der Grundrechte und zeigt an vielen konkreten Beispielen auf, wo sie Gefahren sieht und warum wir das so wertvolle Gut in diesen politisch turbulenten Zeiten besonders vehement verteidigen und schützen müssen.

In unserem fachbuchjournal-Gespräch, das natürlich ihr Buch zum Thema macht, betont die ehemalige Bundesjustizministerin, dass dabei zwar der Staat zuallererst gefordert, aber für sie immer auch der Blick auf den Einzelnen besonders wichtig ist: „Wir brauchen einen neuen Grundrechtsstolz der Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen Verfassungspatrioten anstelle von Nationalisten. Niemand kann und darf sich mehr herausreden. Jeder ist gefordert und jeder kann etwas einbringen. Machen wir uns klar, was wir verlieren, wenn die Grundrechte schleichend ausgehöhlt werden.“ Aber bitte lesen Sie selbst.

Mir hat Heribert Prantl, langjährig Redakteur der Süddeutschen Zeitung, mit seinem Buch „Vom großen und kleinen Widerstand“ weitere wichtige Anregungen gegeben. Die einzelnen Texte drehen sich um den innersten Kern des Rechts: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Sie sind Aufrufe wider die Gleichgültigkeit, Lobpreisungen auf die Unangepassten, auf die Demokraten des Alltags, auf die Verteidiger der Grundrechte.

Und überraschend sind die Bücher von Alma M. Karlin, auf die ich auf unserer „grünen Seite“ aufmerksam mache. Dem AvivA-Verlag ist die deutschsprachige Erstausgabe der 1931 geschriebenen Autobiografie zu verdanken. Die kühnen, humorvollen, selbstironischen und kritischen Betrachtungen dieser unangepassten „Weltreisenden aus der Provinz“ sind fesselnde Lektüre. Denn Karlin fährt ab 1919 nicht „wie ein Reisekoffer“ durch die Welt (so beschreibt sie desinteressierte Mitreisende), sondern ist bei jeder neuen Station ihrer anstrengenden und mitunter gefährlichen achtjährigen Weltreise immer wieder neugierig auf Land und Leute. Dabei entwickelt die außergewöhnlich sprachbegabte Reiseschriftstellerin nach und nach ein Verständnis dafür, wie gegenseitig bereichernd ein Miteinander der unterschiedlichen Kulturen sein kann. Das ist wundervoll inspirierend.

Sie werden sicher in dieser Ausgabe des fachbuchjournals auch weitere für Sie persönlich interessante Bücher entdecken. Im volkswirtschaftlichen Teil finden Sie kluge Ausführungen zu den aktuellen Themen Armut, Gerechtigkeit und Bedingungsloses Grundeinkommen. Und zu 100 Jahre Bauhaus gibt es eine erste große Zusammenstellung von Neuerscheinungen, eine weitere wird in einer der kommenden Ausgaben folgen. Auf unseren zwei Kinder- und Jugendbuch-Seiten stellen wir prächtig illustrierte Bücher vor, die von der „Sehnsucht nach der Fremde“ berichten und von Entdeckern, Händlern und Abenteurern erzählen, die oft Jahrzehnte unterwegs waren und entweder reich und bereichert oder niemals wieder zurückkehrten. Dem Fazit unserer Rezensentin schließe ich mich an: „Was bleibt nach der Lektüre dieser Bücher über die Schönheiten und Merkwürdigkeiten unserer Welt? Eine gesteigerte Reiselust gepaart mit der Sehnsucht nach vortouristischen Zeiten.“

Angelika Beyreuther

 

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