Geschichte

Résistance-Kämpferinnen

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 2/2023

„Die Geschichte der Menschen fließt wie ein breiter Strom, wie der Oberrhein. Auch in ihm liegt – selten einmal – ein kleines Stück Gold. Solch ein Goldfund ist die Geschichte von der „Èquipe Pur-Sang“ im Elsass, der „Vollblut-Equipe“ von sechs Strasbourger Pfadfinderinnen. Sie leisteten beherzt Widerstand in den schrecklichen Jahren von 1940 bis 1945. Den Strom der Geschichte betrachten und beurteilen die Historiker und Fachgelehrten. Mir dagegen geht es um das Goldstück, verborgen im Strom. Auf diese Weise habe ich die Geschichte der sechs glühend französischen und ebenso glühend katholischen Pfadfinderinnen gesucht und gefunden – und bei Forschungsreisen nach Frankreich poliert. Die spannende Story enthält bloß einen Ausschnitt des damaligen Gesamtgeschehens. Doch sie erzählt viel von den Kämpfen, Befürchtungen und Hoffnungen, von den Versuchungen, der Zivilcourage und vom Widerstand vieler Elsässerinnen und Elsässer in jener Zeit.“

Aus dem Vorwort von Thomas Seiterich

Im Sommer 1941 macht die „Équipe Pur-Sange“ Urlaub nach Pfadfinderinnen-Art. Sie sind zu Fuß in den südlichen Vogesen unterwegs. Es sind wenige, glückliche Tage unter guten Freundinnen. Sie erkunden auch die ehemaligen Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs. Das Selbstbild zeigt die eng verbundenen Résistance-Kämpferinnen vor dem Beinhaus am Hartmannswiller Kopf. Sie tragen die verbotene Pelerine, den Regenumhang der „Guides de France“. Von oben: Lucienne Welschinger, die Gruppengründerin, Marie-Louise Daul, Emmy W ­ eisheimer, Lucie Welker und Marcelle Engelen.

 

Am 15. Dezember 1946 werden die nach Deutschland deportierten Widerstandskämpferinnen Lucie Welker, Emmy Weisheimer, ­Lucienne Welschinger und MarieLouise Daul vom Strasbourger Stadtkommandanten, General Paul de Langlade, öffentlich geehrt. Ihnen wird die „Médaille de la Résistance“ verliehen.

 

Thomas Seiterich, Letzte Wege in die Freiheit. Sechs Pfadfinderinnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Nachwort von Pierre Kretz, Stuttgart: Hirzel 2023. Geb., 208 S., 15 s/w Abb., ISBN 978-3-7776-3191-2. € 24,00.

Sommer 1940. Nazideutschland annektiert das Elsass, aber es regt sich Widerstand: In der Straßburger katholischen Pfarrei St. Jean, ganz in der Nähe der Großen Synagoge, gründen sechs französische Pfadfinderinnen eine Untergrundfluchthilfe für Regimegegner, Jüdinnen, Juden, Kommunisten, Militärs. Sie erkunden und finden geheime Wege über die Vogesen in den Westen und im Süden in die Schweiz. Bevor die Gestapo sie 1942 aufgreift, bringen sie ungefähr 500 Menschen in Sicherheit.

Freisler macht ihnen 1943 den Prozess, spricht sechs Todesurteile durch die Guillotine. Papst Pius der XII. fordert das Leben der Frauen. Und Hitler begnadigt sie tatsächlich, mit der Auflage, dass sie davon nichts wissen dürfen. Sie überleben. Thomas Seiterich hat sich auf Spurensuche nach diesen beeindruckenden Frauen des Widerstands begeben und mit den letzten Zeitzeuginnen gesprochen. (red)

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