Kinder- und Jugendbuch

Über den Tellerrand

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 2/2022

Felicita Sala: Grüner Reis und Blaubeerbrot – Lieblingsrezepte für Kinder aus aller Welt. A. d. Franz. von Ute Löwenberg. 44 S., Prestel, München 2019, ab 6

 

Manuela Knetsch: Kinder aus aller Welt. Das ­essen wir. 80 S., Dorling Kindersley, München 2018, ab 6

 

Natalia Baranowska / Aleksandra & Daniel Mizieliński: Alle Welt zu Tisch. Aus dem Polnischen von Thomas Weiler. 112 S., Moritz, Frankfurt a.M. 2021, ab 9

 

Gregg Segal: Über den Tellerrand. Aus dem Engl. von Ebi Naumann. 120 S., Gabriel, Stuttgart 2020, ab 8

 

Lena Schaffer: Wir gehen zur Schule! Von Kenia bis Amerika. 48 S., Gerstenberg, Hildesheim 2019, ab 6

 

Alea Horst: Manchmal male ich ein Haus für uns. Mit Vignetten von Mehrdad Zaeri. 80 S., Klett Kinderbuch, Leipzig 2022, ab 8

Was essen Kinder in anderen Teilen der Welt? Wie ist ihr Schulweg und wie sieht ihre Schule aus? Welche Zukunftspläne haben sie? Was sind ihre Träume? Renate Müller De Paoli hat Bilderund Sachbücher ausgewählt, die über den Tellerrand blicken.

„Bring einen Stuhl mit und nimm Dir einen Teller. Jeder ist willkommen in der Gartenstraße 10!“, mit dieser Einladung zum Gartenfest mit den Lieblingsspeisen der Bewohner des Mehrfamilienhauses Nr. 10 endet Grüner Reis und Blaubeerbrot – Lieblingsrezepte für Kinder aus aller Welt. Eingebettet in diese kleine Geschichte über die Gartenstraße 10 – „hier wird in allen Küchen gekocht“ – lädt Felicita Sala mit einfachen, leckeren Rezepten auf 15 Doppelseiten zum Nachkochen ein. Ganzseitig, links werden kindgerecht in kräftigen Farben die Köchinnen und Köche in ihren landestypischen Küchen gezeigt. So püriert z.B. Pilar Tomaten für eine „Salmorejo-Suppe“ und Herr Ping bereitet Brokkolibäumchen, Herr Singh einen Linsen-Dal und Jeremiah Schoko-Erdnuss-Cookies zu. Auf der ganzen Seite gibt es durch die Einrichtung, Kleidung und Lebensmittel viel zu entdecken, zu rätseln und zu erzählen. Dazu finden sich rechts die jeweiligen Rezepte, großflächig gemalt die Zutaten mit Mengenangaben und Angabe der Personenzahl, für die gekocht wird. Zum Kennenlernen anderer Kulturen, Kochen und Genießen eine tolle Einladung an Grundschulkinder!

Kartoffeln könnten sogar auf dem Mars angebaut werden, ist die neunjährige Clara aus Deutschland überzeugt. Sicher ist, dass „auf der Erde mehr als 100.000 Sorten Reis angebaut“ werden und sogar „für den Bau der Chinesischen Mauer auch Reis verwendet“ wurde, ebenso wurden „Weizenkörner in altägyptischenGräbern gefunden“, wie auch amerikanische Ureinwohner aus Maisblättern Matten und Körbe flechten. Diese spannenden Informationen über Nahrungsmittel, deren Anbau und Verbreitung in den verschiedensten Ländern bis zu leckeren Kochrezepten finden sich in dem Sachbuch Kinder aus aller Welt – Das essen wir. Großartige Fotoaufnahmen unterstützen die kurzen, prägnanten Info-Texte. Mit ausführlichen und gut bebilderten Zubereitungsschritten laden hier u.a. Sotaro aus Japan zum Gemüse-Sushi, ­Jedidiah aus Ghana zum Benachin, ­Alonso aus Mexiko zu Fajitas und Miguel aus Kolumbien zu Kochbananen ein.

Einen verlockenden Gaumen- und Wissensschmaus hält das Sachbuch Alle Welt zu Tisch bereit. Hier werden im A3-Format detailreich und wimmelig über Kultur-, Länder- und Zeitgrenzen hinweg Speisen, Rezepte, Feste und Traditionen mit ihrer jahrtausendealten Geschichte aus 26 Ländern vorgestellt. Jedem Land sind jeweils zwei Doppelseiten gewidmet; farbenfrohe Illustrationen und witzige Texte helfen bei der Fülle an Informationen – sei es z.B. über das „grüne Gold“, verborgene Schätze wie den Granitapfel, die Massenproduktion von Rosenwasser, „feine Stinker“, „Aufputschnüsse“, „originelle Sattmacher“ oder den „Schluck zur Erleuchtung“ – sich nicht zu verlieren. Hilfreich und Struktur gebend sind dabei auch gleich zu Beginn eine Weltkarte, ein Überblick der Rezeptvorschläge, sowie am Ende ein chronologisches Inhaltsverzeichnis durch die Weltgeschichte, beginnend 11.500 v. Chr. mit dem Reisanbau in Asien, und ein Register.

Dass für eine gesunde Ernährung nicht nur die Menge an Kalorien, sondern besonders der Anteil an frischem Gemüse und Obst entscheidend ist, zeigt die Zunahme an Übergewicht, Fettleibigkeit und Diabetes weltweit, auch bei Kindern. Gregg Segal problematisiert diese Entwicklung mit beeindruckenden Bildern in Über den Tellerrand – Was Kinder hier und anderswo essen. Über 50 Kinder von Brasilia, Catania, Dakar, Dubai, Hamburg, Kuala Lumpur, Los Angelos bis Mumbai hat er befragt, was sie innerhalb einer Woche essen. Entstanden sind erstaunliche Fotos von Kindern inmitten ihrer Mahlzeiten, Snacks und Süßigkeiten. In kurzen Porträts werden Familie, Wohnverhältnisse, Schule, Essgewohnheiten, Hobbys und Zukunftspläne beschrieben. Eine ungewöhnliche Entdeckungsreise, welche viel Diskussionsstoff liefert.

Von Kenia bis Amerika gehen Kinder zur Schule. Doch wie sieht ihr Schulweg, ihre Schule und ihr Klassenzimmer, ihr Wohnhaus und ihr Frühstück aus? Lena Schaffer begleitet in Wir gehen zur Schule mit großen, bunten Illustrationen Kinder aus Kenia, Amerika, Indien, Argentinien, Papua-Neuguinea, der Schweiz und Arktis auf ihrem Weg zum Unterricht. Während in Kenia stundenlange Fußmärsche durch die staubige Savanne begleitet von Löwen, Hyänen und Elefanten die Regel sind, geht es durch die großen Städte ­Indiens mit der Fahrradrickscha, mit dem Boot durch den Dschungel Papua-Neuguineas und zu Pferd durch die Pampas Argentiniens. Doch so unterschiedlich Familien- und Schulalltag der Kinder in den Ländern auch sind, so zeigt dieses informative Sachbilderbuch ebenso die vielen verbindenden Gemeinsamkeiten, selbst wenn der Unterricht wie in Kenia oder Indien aus Mangel an Schulgebäuden oft im Freien stattfinden muss. Gelernt wird überall!

Manchmal male ich ein Haus für uns – Europas vergessene Kinder ist ein herzzerreißendes Buch von Alea Horst mit Vignetten von Mehrdad Zaeri. Es zeigt Aufnahmen, die Alea Horst, Fotografin und Nothelferin, im Flüchtlingslager Kara Tepe gemacht hat. Offenherzig erzählen Kinder und Jugendliche über ihren Hunger nach einem „normalen“ Leben, ihren Hoffnungen und Träumen. So sagt Adonai (12 Jahre) aus dem Kongo: „… Wir müssen einfach nur warten, bis der Tag vorbei ist. Außerdem würde ich gern was lernen. Aber ich gehe nicht zur Schule. Nicht eine Stunde Unterricht habe ich! Dabei möchte ich gern was lernen. […] Ich bin das letzte Mal im Kongo in der Schule gewesen – vor zwei Jahren.“; Tajala (10 Jahre) aus Afghanistan: „… Wenn ich male, dann male ich am liebsten Häuser und Vögel und Bäume. Ich male auch manchmal ein Haus für uns.“; Rukia (11 Jahre) aus Syrien: „… Uns will niemand haben. Ich glaube auch, dass Deutschland voll ist. Dass dort vielleicht auch einfach kein Platz ist. Das Problem ist, dass wir das ja auch wissen. Aber wo können wir hin? Wo sollen wir hin? Wir würden ja nach Syrien gehen, wenn es sicher wäre. Aber das ist es nicht. Was sollen wir tun?

Es geht überall nur um Geld.“; und Elahe (14 Jahre) aus ­Afghanistan: „… Mein Traum ist es eigentlich, Astronautin oder Astronomin zu werden. Ich liebe die Sterne und die Planeten. […] Wenn ich mir nachts die Sterne am Himmel ansehe, dann bekomme ich ein so gutes Gefühl, das kann ich so gar nicht beschreiben. Ich vergesse dann alles um mich herum und fühle mich unendlich gut. 

Renate Müller De Paoli ist freie Journa­ lis­tin.

RMDEP@t-online.de

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