„Klassische“ Lehrbücher haben für Lehrende und Studierende nach wie vor
eine hohe Bedeutung als Medium der Wissensvermittlung
Welchen Stellenwert haben Lehrbücher heute in der Hochschullehre? Diese Frage beantwortet die aktuelle Studie „Bedeutung, Nutzung und Zugang zu Lehrbüchern an Hochschulen“, die das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) in Zusammenarbeit mit der TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaftenim Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt hat.
Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Vergleich von digitalen und analogen Lehrbuchversionen sowie die Ermittlung zukünftiger Bedarfe. Darüber hinaus wurden Aspekte des Urheberrechts sowie die Bedeutung von Open-Access-Angeboten und Open Educational Resources (OER), also freien Lern- und Lehrmaterialien, im Lehrkontext untersucht. Hierfür wurden in den vergangenen Monaten Lehrende und Studierende deutscher Universitäten und Fachhochschulen sowie Beschäftigte an Hochschulbibliotheken online befragt.
Stellenwert von Lehrbüchern im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich besonders hoch
Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Lehrende als auch Studierende klassischen Lehrbüchern nach wie vor einen hohen Stellenwert beimessen – insbesondere für die Vermittlung von Grundlagenwissen. Dies bestätigen auch die Beschäftigten von Hochschulbibliotheken für die vergangenen Jahre, die mehrheitlich eine zunehmende oder zumindest gleichbleibende Nutzung von Lehrbüchern registrieren. Einen besonders hohen Stellenwert haben Lehrbücher demnach im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Allerdings zeigte die Befragung auch, dass Lehrende Lehrbüchern eine größere Bedeutung zuweisen als Studierende.
E-Books für die Distanzlehre relevant
Lehrbücher können als Printversion oder als E-Book genutzt werden. Hier zeigt die Studie ein eher ambivalentes Bild: Zwar ist ein Trend zur vermehrten Nutzung von E-Books erkennbar, der durch die Folgen der Corona-Pandemie noch verstärkt wurde, dennoch bevorzugt knapp die Hälfte der befragten Lehrenden und Studierenden nach wie vor gedruckte Lehrbücher. E-Books sind demnach eher noch eine Ergänzung zu gedruckten Lehrbüchern und digitale Lehrbuchformate insbesondere bei der Distanzlehre relevant.
Die Studie zeigt außerdem Unterschiede zwischen Lehrenden und Studierenden in der Rangfolge der verwendeten Lehrmaterialien. Unabhängig von ihrer Bereitstellungsform (E-Book oder Print) bilden Lehrbücher bei den Lehrenden das am häufigsten genannte und hauptsächlich genutzte Lehrmaterial. Bei den Studierenden dominieren hingegen digitale Lehrmaterialien (exklusive Lehrbücher) wie PDF-Skripte, Präsentationsfolien oder E-Learning-Angebote, die prüfungsrelevantes Wissen in gebündelter Form bereitstellen. Erst auf Platz zwei folgen bei den Studierenden Lehrbücher, gefolgt von Fachzeitschriftenartikeln und sonstigen Fachbüchern.
Urheberrechtliche Regelungen in Unterricht, Lehre, Forschung und Bibliotheken
Die Nutzung von Literatur unterliegt dem Urheberrecht. Bestimmte (urheber-)rechtliche Regelungen ermöglichen in gewissem Umfang die erlaubnisfreie Nutzung für Zwecke von Unterricht, Lehre, Forschung und Bibliotheken. Der großen Mehrheit der befragten Lehrenden ist immerhin die für Lehrveranstaltungen relevanteste Regelung im Urheberrecht bekannt, wonach maximal 15 Prozent eines geschützten Werkes im Rahmen der Lehre unentgeltlich bereitgestellt werden dürfen. Die Studie zeigt aber auch deutlichen Informationsbedarf auf, denn circa jede vierte Lehrperson kennt keine der wesentlichen urheberrechtlichen Regelungen.
Die Mehrheit der befragten Studierenden und Lehrenden würde Open-Access-Lehrbücher stärker nutzen, wenn diese breiter verfügbar wären. Allerdings beurteilen die befragten Beschäftigten der Bibliotheken die Bereitschaft von Lehrenden, von ihnen verfasste Lehrbücher über Open Access zugänglich zu machen, skeptisch. Diese Bereitschaft ließe sich insbesondere durch veränderte Anerkennungsmechanismen (etwa durch eine positive Berücksichtigung in Evaluationen), eine Reduzierung von Publikationskosten und eine verbesserte technische und rechtliche Unterstützung der Autor:innen erhöhen.
Studie: Huß, Björn; Dölle, Frank. Bedeutung, Nutzung und Zugang zu Lehrbüchern an Hochschulen: zentrale Ergebnisse der Befragungsstudie für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Bericht Dezember 2021. [DZHW], 2021, doi:10.2314/KXP:1788361857