Die 1981 gegründete Zeitschrift „Exil 1933-1945. Forschung. Erkenntnisse. Ergebnisse“ widmet sich seit vier Jahrzehnten den vor den Nazis ins Ausland geflüchteten Schriftstellern1, Musikern, Theatermachern, Journalisten, Wissenschaftlern, Politikern u.a. Ein Gespräch mit Verlegerin Edita Koch.
„EXIL“ existiert nun schon seit 40 Jahren. Was bewegte Sie 1981, die Zeitschrift zu gründen?
1981 habe ich in Frankfurt am Main Germanistik, Judaistik und Slavistik studiert. Die deutsche Exilliteratur 1933– 1945 interessierte mich besonders, aber das Angebot an Vorlesungen und an Sekundärliteratur war sehr gering. Ich besuchte die Vorlesungen des Exilschriftstellers Ernst Erich Noth. Er bestärkte mich, eine Zeitschrift zum Thema Exil zu gründen, denn das würde auch anderen Exilforschern helfen und man könnte sich austauschen. Mein Plan war dann eine Zeitschrift für die Exilforschung mit dem Schwerpunkt der unbekannten Aspekte des Exils. Ich wollte vor allem auf damals unbekannte Exilschriftsteller hinweisen, ihre Werke und ihr Leben erforschen. Von der etablierten Exilforschung wurde ich dabei misstrauisch beobachtet, was sich bis heute nicht geändert hat.
Was sind die Inhalte?
In den Ausgaben werden sowohl wissenschaftliche Texte zu verschiedenen Themen des Exils 1933–1945 vorgestellt, z.B. über den Maler John Hans Less und sein Exil in Shanghai, unveröffentlichte Texte und Nachlässe, z.B. von Max Rudnicki, die mir sein Enkel aus Paris schickte. Texte über Ernst Weiss, Emma Kann, Leo Glückselig u.a. Ebenfalls Artikel zum heutigen Exil, z.B. über den iranischen Filmregisseur Sohrab Shahid Saless. Über ihn wird der Autor Behrang Samsami in meinem Exil Verlag 2023 ein Buch veröffentlichen. Dann Rezensionen der Neuerscheinungen zum Thema Exil, am Ende jeder Ausgabe erscheinen eine Chronik und kurze Buchhinweise.
Exil war über Jahrzehnte auch eine Plattform für die Zeitzeugen. Altersbedingt werden es nun immer weniger. Wie werden Sie die inhaltliche Lücke füllen?
Die Zeitzeugen leben nicht mehr, aber ihre Nachlässe werden zum großen Teil in den Archiven und bei den Familien aufbewahrt. Die neue Germanisten-Generation forscht weiter, wertet die Nachlässe aus und schickt mir ihre Artikel und die unbekannten Texte zur Veröffentlichung. Bisher ist nur ein Bruchteil der Texte veröffentlicht. Wichtig ist, dass die Vergangenheit nicht vergessen wird und diese Zeugnisse und Dokumente für die Nachwelt bewahrt bleiben.
Wer liest Exil?
Meine Abonnenten sind Universitäten in Deutschland, Frankreich, England, Holland, Schweden, Dänemark und viele Universitäten in den USA, Bibliotheken und Institute weltweit, das German Historical Institute in London, das Leo Baeck Institut in New York, viele Buchhandlungen und auch Privatpersonen in Deutschland und dem Ausland.
Wie sieht die Zukunft der Zeitschrift aus?
Die Zeitschrift werde ich weiter verlegen so lange ich kann und die finanziellen Mittel dafür habe. Vierzig Jahre habe ich die Zeitschrift selbst finanziert. Das war schwer, da sich die Zeitschrift nie selbst getragen hat und selten Gewinne machte. Die Herstellungskosten und das Papier haben sich jetzt extrem verteuert, Pläne für die Zukunft werden schwieriger. Ich werde aber die Arbeit fortsetzen so lange es geht.⬤
Edita Koch, geb. 1954 in Tschechien, emigrierte 1968 mit ihrer Familie nach Frankfurt am Main. 1981 gründete sie den Exil Verlag zusammen mit ihrem Mann Joachim Koch, der 1982 verstarb. Bis zum Weggang des Suhrkamp Verlags 2009 nach Berlin leitete sie dessen Verlagsarchiv und führte den Exil Verlag alleine weiter – bis heute. Auszeichnungen: 1993 Bundesverdienstkreuz; 2003 Masaryk-Medaille; 2006 Ben Witter Preis der ZEIT.info@exilverlagkoch.de https://www.exilverlagkoch.de
1 Im Interesse der Lesbarkeit hat die Redaktion geschlechtsbezogene Formulierungen gestrichen. Selbstverständlich sind immer alle Geschlechter gemeint.