Migration

Globale Migration und Flüchtlingskrise oder Ein- und Auswanderung in historischer Perspektive

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 6/2017

Unter der Überschrift „Weitgehend unerforscht. Über die Geschichte von Niederlassung und Integration der Einwanderer in der Bundesrepublik“, wies Jochen Oltmer, Professor für Historische Migrationsforschung an der Universität Osnabrück, ein durch zahlreiche exzellente Publikationen ausgewiesener Kenner der Materie, in der Novemberausgabe 2016 der Zeitschrift „Forschung & Lehre“ darauf hin, dass insbesondere der Prozess der Niederlassung und Integration der Migranten/innen, die seit der Mitte der 1950er Jahre in die Bundesrepublik Deutschland einwanderten, weitgehend unerforscht sei. Vor allem fehlten Langzeitstudien zu dem „durch Migration induzierten komplexen gesellschaftlichen Wandel“. In der Januarausgabe von „Forschung & Lehre“ war das Thema „Flucht und Asyl“ das Titelthema. Allerspätestens also seit der sogenannten „Flüchtlingskrise“ von 2015/16 ist das Thema „Migration“ wieder einmal in all seinen verschiedenen Ausprägungen in aller Munde. Im „fachbuchjournal“ erschien 2016/17 in mehreren Ausgaben eine umfassende Rezension des Juristen Hans-Werner Laubinger zum Thema „Ausländer – Asylanten – Flüchtlinge“, die die vielschichtige juristische Dimension der Problematik verdeutlichte.

Es kann daher nicht verwundern, dass die Zahl der journalistischen sowie der geschichts- und politikwissenschaftlichen Publikationen zum Thema beinahe unüberschaubar geworden ist.

Jochen Oltmer legte in der bewährten Reihe „Wissen“ des Beck-Verlages 2012 einen Band über „Globale Migration. Geschichte und Gegenwart“ vor, der 2016 in einer umgear-beiteten und selbstverständlich aktualisierten zweiten Auflage erschien. Die Studie liefert eine konzise Einführung in die Geschichte der Migration und der Migrationsforschung, denn das Thema ist, dies ist eine Binsenweisheit, so alt wie die Geschichte der Menschheit. Der Schwerpunkt liegt auf den Migrationsprozessen seit dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, behandelt fundiert aber auch Migrationsprozesse nach Australien oder Argentinien, in Sibirien und der Mandschurei. Oltmer beschäftigt sich zudem mit den Migrationen im Kontext von Kolonisierung und Dekolonisation sowie mit den unterschiedlichen Formen der Migration im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Im fünften und letzten Kapitel stehen das späte 20. und das frühe 21. Jahrhundert im Zentrum der Betrachtung. Hier erhält man auch Informationen über die „Rücküberweisungen“ und zwar nicht nur für den europäischen Raum, sondern auch für Indien und China sowie deren Relevanz für das Bruttosozialprodukt von Tadschikistan. Wer also einen recht knappen, jedoch in jeder Hinsicht fundierten ersten Überblick zum Thema erhalten möchte, der ist mit diesem Buch, das eine dreiseitige Literaturauswahl zur weiteren Lektüre enthält, sehr gut bedient. Das kann man von Massimo Livi Baccis Werk „Kurze Geschichte der Migration“, deren deutsche Übersetzung 2015 erschien, die italienische Erstauflage wurde 2010 publiziert, 2014 folgte eine zweite Auflage, leider nicht sagen. Livi Bacci war Professor für Demographie an der Universität Florenz und hat zahlreiche Werke zur globalen Bevölkerungswanderung geschrieben. Auch er geht selbstverständlich davon aus, dass Migration ein Grundbestandteil der Menschheitsgeschichte ist und beginnt daher mit dem Ausbreitungsprozess der Menschen über die Erde. Das ist sehr knapp und mit Blick auf die Datierungen dieser Prozesse nicht immer auf dem neuesten Stand der Forschung. Leider fehlt, dies sei gleich angemerkt, ein Literaturverzeichnis, aber ein Blick in die Anmerkungen zeigt, dass Livi Bacci doch häufiger ältere Literatur aus den 1930er bis 1960er Jahren verwendet und in manchen Bereichen nicht auf dem neuesten Stand ist. Dies betrifft beispielsweise die Besiedlung Sibiriens, die auch er behandelt. Ansonsten allerdings ist das Buch stark eurozentrisch orientiert, Asien und Afrika kommen nur an wenigen Stellen vor. Im Mittelpunkt steht die europäische Migration nach Nordamerika, die hinlänglich bekannt ist und zu der er auch keine neuen Gesichtspunkte beisteuert. Gewiss geht auch er von einer Globalisierung aus, die er nicht nur ökonomisch, sondern auch kulturell, sozial, politisch etc. sieht.

Am Ende seines Buches plädiert Livi Bacci umfassend für eine grundlegende Korrektur der europäischen Flüchtlingspolitik. Auf diesen Seiten finden sich einige durchaus bedenkenswerte Überlegungen, aber auch mehrere Vorschläge, die kaum überzeugen können. So schlägt er vor, man solle doch Länder wie Italien oder Spanien, die sich großer touristischer Anziehungskraft erfreuten, zu „Themenparks mit Sehenswürdigkeiten, Kunst und Wohnmöglichkeiten“ umbauen. Dadurch erfolge eine Ablösung von Tätigkeiten mit hoher Arbeitskraft durch Tätigkeiten mit hoher Kapitalintensität. (S. 130) Zu fragen ist, wie man solche „Themenparks“ ohne zahlreiche Arbeitskräfte errichten kann. Als Arbeitskräfte kämen unter anderem auch die Migranten in Frage, aber wer stellt das erforderliche Kapital bereit? Wie die derzeitige Situation in den Zentren des Tourismus, Mallorca beispielsweise, von den Einheimischen beurteilt wird, kann man fast jeden Tag in den Medien verfolgen. Ein paar Seiten später plädiert Livi Bacci für eine „internationale Regierung“, über deren Form, Funktion und Befugnisse nichts gesagt wird. Die kurz nach der Publikation dieses Buches ausgebrochene „Flüchtlingskrise“ mit all ihren Abschottungsmechanismen der EU-Länder haben gezeigt, wie weit schon die Staaten der EU von einer gemeinsamen Politik bzw. Lösung der Migrationsprobleme entfernt sind. Und diese Uneinigkeit besteht angesichts der aktuellen Entwicklung im Mittelmeerraum auch weiterhin. Ein Buch, das nur bedingt empfehlenswert ist.

Lesenswert hingegen, wenn auch in manchen Teilen schon wieder überholt, ist die ebenfalls in der Reihe „Wissen“ des Beck-Verlages erschienene knappe Darstellung des Bremer Politikwissenschaftlers Stefan Luft „Die Flüchtlingskrise. Ursachen, Konflikte, Folgen“. Der etwas plakative Titel ist durchaus diskussionswürdig, ansonsten aber erhalten die Leser teils durchaus detaillierte Informationen über die Herkunftsregionen der Flüchtlinge, über Fluchtrouten und Schleuser, über die „Europäisierung“ der Asylpolitik und die Grenzregime sowie über die mögliche Steuerbarkeit von Zuwanderung und Asylmigration und schließlich über die Bedingungen gelingender Integration. Abschließend diskutiert Luft seine Vorschläge zur Behebung der aufgezeigten Fehlentwicklungen. Es folgen die für die Reihe üblichen knapp fünf Seiten mit Literaturhinweisen.

Zwar ist die Menschheit, wie die Migrationsforschung weiß, ohne ihre Wanderungen nicht zu denken. Jedoch machen die Migranten, so zeigt es uns Luft, nur den kleinsten Teil der Weltbevölkerung aus. 2013 waren dies nach Angaben der Vereinten Nationen gerade einmal 3,2 % der Weltbevölkerung, die sich zudem auf einige wenige Teile der Welt konzentrierten. Nun sind, wie wir seit jener „Flüchtlingskrise“ wissen, Zahlenangaben nicht immer sehr zuverlässig, aber sie zeigen zumindest den Kern der Dynamik. Die meisten Flüchtlinge bleiben zudem in den Anrainerstaaten, denn fast alle wollen baldmöglichst wieder zurück. In diesem Kontext ist auf die Problematik der Steuerbarkeit der Migrations- oder Flüchtlingsströme zu verweisen, die ausführlich behandelt wird. Hier rekurriert Luft ein wenig zu stark auf die „PullFaktoren“ – die Migrationsforschung unterscheidet mittlerweile inzwischen nicht mehr nur zwischen Push- und Pull-Faktoren –, denn inzwischen hat die Migrationsforschung unter anderem erkannt, welch große Bedeutung der sogenannten Kettenwanderung zukommt, die eine erhebliche Dynamik sich selbst verstärkender Prozesse aufweist. (S. 111) Die Ausführungen zum Integrationsprozess von Migranten, über den, wie oben gesehen, bisher wenig geforscht wurde, muten bisweilen etwas naiv und plakativ an: Ansiedlung in dauerhaftem Wohnraum, eine gute Bildungs-, Sozial- und Wirtschafts-, vor allem Arbeitsmarktpolitik. Da bleibt Luft am Ende seiner Darstellung recht vage und verweist auf die Konjunkturentwicklung und den Arbeitsmarkt. Bleibt noch der Hinweis, dass sich dieser Band fast ausschließlich mit den Verhältnissen und Entwicklungen in Deutschland befasst und die internationalen Dimensionen nur im ersten Kapitel angesprochen werden. So findet sich am Ende auch der Hinweis auf das positive Deutschlandbild vieler Migranten als „schönstes und sicherstes Land“ Europas. Ein Flüchtling aus Syrien, 28 Jahre alt und Webdesigner von Beruf, zeigt sich besonders beeindruckt vom Wiederaufstieg des zerstörten Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg. Da wird man die Frage stellen dürfen, was dieser junge Mann darüber wusste. Dennoch ein in jeder Hinsicht lesenswerter, weil informativer Band.

Ein besonderes Produkt der „Flüchtlingskrise“ sind die aktuellen Reportagen, die vor allem 2016 in großer Zahl veröffentlicht wurden. Antonie Rietzschel, Mitglied der Politikredaktion der Süddeutschen Zeitung, begleitete 2014 und 2015 zwei aus Syrien stammende Brüder, die sie in Mailand kennengelernt hatte, und war späterhin in Deutschland über Monate hinweg an deren Seite. Von der kritischen Distanz einer Journalistin zu ihrem Gegenstand ist wenig zu spüren. Sie sieht sie als ihre „Brüder“ an. Dem entspricht die Form des Textes, der stets im Präsens geschrieben ist, auch wenn über Vergangenes berichtet wird. „Wir“ sitzen also mit den Brüdern – noch in Syrien – am häuslichen Tisch und diskutieren über Politik, begegnen den Sachbearbeitern der verschiedenen Behörden und kaufen mit den Brüdern ein. Dies ist leider zu häufig plakativ und voller Emotionen und das wohl auch mit voller Absicht.

Das kann man begrüßen, muss es aber nicht, weil sich der kritische Leser fragt, ob dies denn alles so zutrifft, denn bei diesen beiden Brüdern handelt es sich ganz offenbar um Musterflüchtlinge in der Willkommenskultur. Die benutzte Literatur, auf der die Anmerkungen basieren, besteht, bis auf die zitierten Koranstellen, ausschließlich aus Internetquellen. Dabei überwiegen Artikel aus der „Süddeutschen Zeitung“, zudem „Spiegel“, „Zeit“ und „Frankfurter Allgemeine“. Auch in diesem Buch ist der Blick fast ausschließlich auf Deutschland und dessen Politik gerichtet. Der Erkenntniswert aus dieser Lektüre ist leider nur gering, da diese Einzelschicksale sich kaum verallgemeinern lassen. Man erhält einen knappen Einblick in die Welt syrischer Flüchtlinge, mehr aber eben auch nicht. Das gilt auch für „Einfach nur weg. Die Flucht der Kinder“, das Buch von Ute Schaeffer, langjährige Chefredakteurin der Deutschen Welle und inzwischen Leiterin Medienentwicklung und stellvertretende Direktorin der Deutsche-Welle-Akademie.

Sie hebt in ihrem Vorwort direkt darauf ab, dass es sich um Einzelschicksale handelt, die man nicht verallgemeinern könne, die aber dennoch als Beispiele dienen könnten, um mehr über die Fluchtursachen und die Konflikte in den Herkunftsländern zu erfahren. Schaeffer hat ein durchweg positives Bild ihrer „Helden“, die sie als „hochdisziplinierte Kämpfertypen“ bezeichnet, die trotz aller Risiken konsequent ihren Weg gegangen seien. Es seien die „Stärksten und Mutigsten“, die es bis nach Deutschland schafften. Nun wusste die Autorin bei Erscheinen ihres Buches im März 2016 noch nichts von den nachfolgenden Attentaten hier in Deutschland, aber diese Wortwahl ruft doch einige Irritationen hervor. Auch in diesem Band erstaunt die distanzlose Haltung der Autorin, die apodiktischen Aussagen wie „Achmed aus Somalia ist in Deutschland angekommen“. Alle sind auf eine gewisse Art zielstrebig und gewitzt. Dazu gehört, „vorsichtshalber einen anderen Namen und eine andere Nationalität anzugeben“ (S. 168), wie es Hassan aus dem Iran machte, als er auf Lesbos von der griechischen Polizei aufgegriffen wurde. Das im Un-tertitel verwendete Wort „Kinder“ trifft den Sachverhalt nicht so ganz, denn einige der Protagonisten/innen in diesem Band wären eher als Heranwachsende, als Teenager, zu bezeichnen, aber nicht mehr als Kinder.

Leider gibt es am Ende noch nicht einmal den Versuch, einen gemeinsamen Nenner zu finden, die Einzelschicksale in einen Gesamtzusammenhang zu bringen. Da das Buch ein Kooperationsprojekt der Deutschen Welle und der Malteser ist, steht am Schluss ein Gespräch der Autorin mit dem Intendanten der Deutschen Welle und einem Geschäftsführer des MalteserHilfsdienstes in Berlin. Die Malteser unterhalten einige Einrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Auch dabei geht es vor allem um Integration, also um das Erlernen der Sprache und die Frage, wann man sich denn „beheimatet“ fühlt. Die Aneinanderreihung der Einzelschicksale ergibt noch nicht einmal näherungsweise ein Gesamtbild der Flüchtlinge, eine Art von Porträt oder kollektiver Biographie. Tiefere Einsichten in die Welt der Flüchtlinge und sei es in die von minderjährigen Flüchtlingen kann man aus diesem Buch leider nicht gewinnen.

Der von Karl-Heinz Meier-Braun und Reinhold Weber, Politikwissenschaftler in Tübingen der eine, Zeithistoriker ebenda der andere, 2016 in zweiter Auflage, 2017 in überarbeiteter Version in dritter Auflage, die mir nicht vorlag, publizierte Sammelband „Deutschland Einwanderungsland. Begriffe – Fakten – Kontroversen“ hat ein interessantes und zugleich anregendes Konzept. 46 Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Fachrichtungen und Generationen behandeln in knappen Skizzen fast alle Aspekte der Migration, wobei der Fokus, wie aus dem Titel ersichtlich, auf Deutschland liegt, das zum Einwanderungsland erklärt wird, obwohl es doch zugleich auch ein Auswanderungsland ist. Jan Philipp Sternburg schlägt deshalb in seinem Artikel über „Auswanderung“ vor, es als „Migrationsland“ zu bezeichnen, was durchaus zutreffend ist, auch wenn Ein- und Auswanderung mittlerweile nicht mehr in einem einigermaßen adäquaten Verhältnis zueinander stehen. Behandelt werden also Grundlagen und Geschichte der Migration, die Zuwanderergruppen, Wirtschaft und Recht, Gesellschaft und Religion, Integrationspolitik und politische Teilhabe sowie Begriffe und Kontroversen. Dieses Konzept, zusätzlich erleichtert durch Querverweise innerhalb des Bandes, ermöglicht eine rasche erste Information, die jedem Artikel beigefügten Literaturhinweise bieten eine fast optimale Basis für die Beschaffung weiterer Informationen. Darüber hinaus steht gleich am Anfang ein „Stichwortverzeichnis“, das zusätzliche Hilfen bietet.

Wie die beiden Herausgeber betonen, wurden den Autoren/ innen keine „übergreifenden Vorgaben“ gemacht, so dass Überschneidungen bewusst in Kauf genommen wurden und innerhalb des Bandes so unterschiedliche Sichtweisen deutlich werden. Über einige der verwendeten konzeptionellen Begriffe lässt sich durchaus diskutieren. Dazu gehört für mich insbesondere die Bezeichnung „Migrationshintergrund“. Der von der Soziologin Ursula Boos-Nünning in den 1990er Jahren geprägte Begriff wird mittlerweile vor allem vom Bundesamt für Statistik als Ordnungskriterium gebraucht und ist meines Erachtens ohne weitere Erläuterungen und Erklärungen we-nig aussagekräftig. Er bezeichnet sowohl einen in Aachen lebenden Belgier, der mit einer Deutschen verheiratet ist, und deren gemeinsame Kinder, als auch einen Afrikaner oder Asiaten, der seit einem Jahr in Deutschland lebt. Darüber hinaus blendet der Begriff jede Form der Binnenmigration aus, die die Migrationsforschung durchaus interessiert, etwa innerchinesische, innerrussische, aber auch innerdeutsche Migration. Insgesamt ein weitgehend gelungenes Werk für eine Grundlageninformation mit entsprechenden Anregungen zu weiterer Lektüre und Beschäftigung mit dem Thema.

Zum Abschluss ist auf den von Jochen Oltmer 2016 herausgegebenen voluminösen Band „Handbuch Staat und Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert“, an dem außer dem Herausgeber noch 22 weitere Autoren/innen mitgewirkt haben, hinzuweisen. Es wäre in höchstem Maße ungerecht, einen oder auch nur zwei oder drei Beiträge hervorzuheben. Schon Oltmers rund 40 Seiten umfassende, konzise Einleitung bietet einen fundierten Zugang zu diesem Thema auf dem neuesten Stand der Forschung. Das ist nicht verwunderlich, denn er gehört zu den führenden Spezialisten der historischen Migrationsforschung und dies nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Trotz des im Titel hervorgehobenen Verhältnisses von Staat und Migration nimmt der Band durchaus auch die Handlungen der Migranten/innen selbst in den Fokus. Selbstverständlich ließe sich über manche Ausführungen diskutieren, etwa darüber, was denn unter Zwangsmigration zu verstehen ist oder über die Einschätzung der polnischen Migration innerhalb der Grenzen Preußens bzw. des Deutschen Kaiserreiches. Grundlegend aber bietet dieses Handbuch eine fundierte Analyse zur Migration in Deutschland, eingebettet in den europäischen und weltweiten Kontext, zugleich umfassende Informationen sowie Anregungen und lädt zur Diskussion und Auseinandersetzung ein. Die Lektüre lohnt sich in jedem Falle, so dass der Band in jeder Hinsicht empfohlen werden kann. Man muss das Buch ja nicht gleich kaufen, obwohl der Preis angesichts von Qualität und Quantität angemessen ist.

Migration, so wollen wir festhalten, ist ein seit dem Beginn der Menschheitsgeschichte zu beobachtendes globales Phänomen, dem sich kein Staat und keine Gesellschaft der Welt entziehen können.

Auf die ein oder andere Art und Weise werden sie stets damit konfrontiert werden. Zeit also, wie nicht nur Jochen Oltmer anmerkt, für eine globale Regelung vor allem der Flüchtlingsfrage. Da diese aber noch sehr weit entfernt ist, wird uns die Migration in ihren vielfältigen Erscheinungsformen auch noch in den nächsten Jahrzehnten intensiv beschäftigen. (dd)

Prof. em. Dr. Dittmar Dahlmann (dd), von 1996 bis 2015 Professor für Osteuropäische Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, hat folgende Forschungsschwerpunkte: Russische Geschichte vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, Wissenschafts- und Sportgeschichte sowie Migra tion.

ddahlman@gmx.de

 

Massimo Livi Bacci, Kurze Geschichte der Migration. Aus dem Italienischen von Marianne Schneider, Berlin: Klaus Wagenbach 2015, 175 S., 9 Tabellen. Broschiert. ISBN 978-3-8031-2743-3. € 10,90

 

Stefan Luft, Die Flüchtlingskrise. Ursachen, Konflikte, Folgen, München: Beck Wissen 2016, 128 S, 1 Grafik, 8 Tabellen. Broschiert (aktuell: 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage 2017. ISBN 978-3-406-69072-3). € 8,95

 

Antonie Rietzschel, Dreamland Deutschland? Das erste Jahr nach der Flucht. Zwei Brüder aus Syrien erzählen, München: Hanser 2016, 179 S., zahlreiche Abb., Flexibler Einband. ISBN 978-3-446-44818-6. € 16,90

 

Ute Schaeffer, Einfach nur weg. Die Flucht der Kinder, München: dtv premium 2016, 257 S., mehrere Karten. ISBN 978-3-423-26119-7. € 14,90

 

Karl-Heinz Meier-Braun/Reinhold Weber (Hg.), Deutschland Einwanderungsland. Begriffe – Fakten – Kontro versen, 2. Aufl., Stuttgart: W. Kohlhammer 2016, 255 S., zahlreiche Abb. (aktuell: 3., erweiterte und überarbeitete Auflage, ISBN 978-3-17-031864-9. € 26,00)

 

Jochen Oltmer (Hg.), Handbuch Staat und Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert, Berlin/Boston: Walter de Gruyter 2016, 1058 S., keine Abb., ISBN 978-3-11-034528-5. € 89,95

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