Im vergangenen Jahr feierte der Berliner Wissenschafts-Verlag sein 55-jähriges Bestehen. Einst als Berlin Verlag Arno Spitz gegründet und zur Jahrtausendwende vom ehemaligen Nomos-Verleger Volker Schwarz übernommen, blieb der BWV der Ausrichtung seines Gründers treu: Recht, Ost- und Nordeuropa, Politik und Wirtschaft, Geschichte (v. a. Berlin & Brandenburg) sowie öffentliche Verwaltung sind Schwerpunkte des interdisziplinären Programms, das man in Berlin pflegt. Vor einem Jahr übernahm Jessica C. Gutsche die Federführung des Verlags – als bereits zweite Frau in der Geschichte des BWV – und damit die Zügel für eine lang geplante Umgestaltung. Das fachbuchjournal traf sie zum Gespräch. (ab)
Frau Gutsche, in der Leitung eines Fachverlags sind Sie als Frau relativ allein auf weiter Flur.
Für die Berliner Fachverlagswelt mag das stimmen, ich sehe allerdings eine kleine Trendwende, die Hoffnung auf mehr weibliche Stimmen in Wissenschaft und Führungsetagen macht. Bei unseren Autoren und Herausgebern hat der Frauenanteil in den letzten Jahren merklich zugenommen, auch wenn sie weiterhin eine Minderheit darstellen. Im BWV selbst ist Frauenpower aber nichts Neues, das hat fast schon Tradition. Wie in vielen anderen Verlagen ist unser Team überwiegend weiblich, daher ist es eigentlich nur konsequent, wenn sich das nach oben hin fortsetzt.
Vor einem Jahr sind Sie zum BWV gekommen: Was ist Ihr Fazit und was haben Sie 2018 vor?
Als ich im Januar 2017 hier ankam, war der Mediengruppe (Deutscher Apotheker-Verlag – Anm. d. Red.) und mir am allerwichtigsten, den Übergang reibungslos zu gestalten. Das ist uns zum Glück auch gelungen, sodass das Team und ich uns seit dem Frühjahr auf den Relaunch unseres Verlagsimage, also unserer Außendarstellung konzentrieren konnten. Dieser Prozess ist natürlich noch nicht abgeschlossen, aber die bisherige Bilanz ist vielversprechend – es gab viel positives Feedback von Kunden und Autoren. 2018 werde ich mich wieder stärker dem Programmausbau widmen können. Unsere Völkerrechtssparte wird bspw. durch eine neue Zeitschrift verstärkt, das ist ein erster Schritt hin zu einer Schärfung unseres Profils im Bereich Recht. Und apropos Zeitschriften: Ein ganz großes Thema in diesem Jahr ist der Launch unserer neuen eLibrary, die extra für uns entwickelt wurde und mit der wir den Bedürfnissen unserer Großkunden mehr entgegen kommen wollen.
Der Twitteraccount des BWV (@bwv_verlag) stellt nicht nur Neuerscheinungen vor, sondern twittert auch zum Verlagsalltag in der Hauptstadt – wie neulich den Blick aus dem Welt-Ballon aufs Büro. Was bedeutet der Standort Berlin für Sie?
Berlin steht nicht nur prominent in unserem Verlagsnamen, wir sind auch mitten im Herzen der Stadt angesiedelt – 200 Meter vom Checkpoint Charlie entfernt. Diese Nähe spiegelt sich in unserem Programm: Berlin-Brandenburger Geschichte und die Aufarbeitung der DDR-Zeit sind für uns wichtige Schwerpunkte und wir arbeiten hier auch eng mit dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv und der Historischen Kommission zu Berlin zusammen. Berlin ist ein lebendiger und innovativer Wissenschaftsstandort. Wir sind stolz darauf, mit vielen führenden Institutionen zu kooperieren, wie z. B. der Humboldt-Universität, deren „Juristische Universitätsschriften“ wir verlegen. Zusammen mit der HTW Berlin widmen wir uns seit einiger Zeit der Digitalisierung, einem neuen Schwerpunkt im BWV-Programm.
Klingt, als ob Sie noch viel vorhaben. Worauf können sich die Leser 2018 freuen?
Gleich zu Beginn des Jahres erscheinen zwei große Praxiskommentare: Einmal zum Europäischen Asylzuständigkeitssystem und außerdem zum Hochschulgesetz Sachsen-Anhalts. Einer unserer Dauerbrenner, das Jahrbuch für Öffentliche Finanzen, feiert sein 10-jähriges Bestehen mit einem Doppelband, das Jahrbuch Windenergierecht erscheint zum fünften Mal. Ganz neu im Programm ist auch das Handbuch Wirtschaftsmediation in drei Bänden. Wir haben in der Tat viel vor.
Wer sich davon selbst überzeugen will, hat im März auf der Buchmesse (Halle 3 G 117) und im April in Berlin die Gelegenheit. Der BWV öffnet anlässlich von #verlagebesuchen am 20.04. seine Türen. „Fakten statt fake news: Wie entsteht eigentlich ein Fachbuch?“ heißt das Motto und es lockt u. a. ein Speeddating mit dem Lektorat.