Jubiläen

200 Jahre Mayersche Buchhandlung Literatur trifft Leidenschaft

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 5/2017

200 Jahre Mayersche sind 200 Jahre im Zeichen der Bücherliebe, in denen die Mayersche Buchhandlung immer dynamisch geblieben ist und sich nie gescheut hat, innovativ und mutig mit Veränderungen umzugehen oder diese gar selbst herbeizuführen.

Die Konkurrenz ist wach, hellwach. Und belebt bekanntlich das Geschäft. Somit also kein Grund, die Segel zu streichen und den Buchhandel auf die rote Liste zu setzen. Der OnlineHandel setzt dem Handel vor Ort zu. Da mag so manch‘ einer verzweifeln, nicht jedoch das von Familie Falter geführte Traditionsunternehmen. „Wir können von unserer Konkurrenz noch etwas lernen“, so Hartmut Falter. Er machte sich im Mai diesen Jahres, zusammen mit seinem Osiander-Kollegen Christian Riethmüller, vor Ort in Seattle ein Bild von Amazons erstem Buchladen, „Amazon Books“. Dort bliebe durch anders strukturierte Tagesabläufe mehr Zeit für die Kunden. Die Sortimentsausrichtung basiert allerdings auf Computeralgorithmen. Was bedeutet, dass man sich auf den Computer verlässt, nicht auf den Buchhändler, der seine Kunden oftmals persönlich kennt und sich mit ihnen identifiziert. „Wir bieten etwas, das kein Computerprogramm mit einem Algorithmus kann“, Hartmut Falter macht eine kurze Pause: „Bücherliebe.“ Ein kraftvolles Wort. Und eine Botschaft von Bedeutung: Es ist eine Einladung in die Welt der Bücher, zwischen die bedruckten Papierseiten, deren zart holziger Duft Speicherplatz für unzählige Leseerinnerungen bietet. Ganz ohne DiskettenSpeichersymbol und Mausklick. Was wiederum ganz und gar nicht heißt, dass der Fortschritt dabei auf der Strecke bleiben soll und die Buchhandlung zu einem altbackenen Ort voller Digitalisierungsgegner mutiert. Ganz im Gegenteil: „Wir sind kein Museum. Wir bestehen seit 200 Jahren, weil wir uns nicht vor Veränderungen verschließen, Innovationen suchen und selbst ein Teil des Wandels sein wollen“, betont Hartmut Falter. Er hat keine Angst vor E-Books: „Wir selbst haben den tolino E-Reader in unserem Angebot und freuen uns über diese weitere Evolution des Kulturgutes Buch.“ Dies bedeute nämlich, dass die Dynamik bestehen bleibe. „Unser Ziel ist es, von den Menschen als der attraktivste Ort und das schönste Erlebnis im Einzelhandel wahrgenommen zu werden. Wir legen darum größten Wert auf die Atmosphäre und Aufenthaltsqualität in unseren Buchhandlungen.“ Welches Medium oder welcher Kanal, ob digitales E-Book oder gedrucktes Buch, dabei gewählt werden, ist letztendlich nicht wichtig. Dafür sorgen besonders die zahlreichen Buchhändler der Mayerschen, die vor Ort individuell auf den Buchliebhaber eingehen können, denn sie sind am nächsten dran. Früher verkaufte der Buchhändler seine Ware noch hinter dem Ladentisch, heute sucht die Mayersche den direkten Dialog zu ihren Buchliebhabern – auf Augenhöhe. Sie organisiert Veranstaltungen und Autorenlesungen in der jeweiligen Buchhandlung und bringt auf diese Weise Buchliebhaber zusammen. Dabei knüpfen diese ihre Bande mit- und untereinander und haben die seltene Gelegenheit, ihren Lieblingsautoren einmal die Hand zu schütteln, ein Autogramm, ja, vielleicht sogar ein Foto zu bekommen. Loriot, Cornelia Funke, Martin Suter… die Liste ist lang. Die Mayersche ist jedoch nicht nur eine Buchhandlung vor Ort, sondern für den Ort. Die Nähe zum Standort ist ein Teil des Erfolges. Leseförderung und nachhaltiges Engagement sind Teil der Unternehmenskultur. Bücherbus Anton, ein kultiger VW-Bulli, tourt durch die Städte und versorgt junge Leser mit Büchern, sodass schon früh die Leidenschaft für Bücher angefacht wird.

Gesellschaftliche Themen liegen der Mayersche sehr am Herzen. Bedingt durch die unmittelbare Nähe des Mayersche Stammhauses in Aachen zu Tihange bezieht die Mayersche Position zu diesem Thema. Seit gut einem Jahr ziert ein großes Banner mit der Aufschrift „Stop Tihange“ die Fassade der Buchhandlung in Aachen. Mehrere Tausend Kunden trugen sich in die ausliegende Unterschriftenliste der entsprechenden Petition ein. Anlässlich des Schaufenster-Wettbewerbs „Blickfänger gegen Tihange“ übernahm die Mayersche die Schirmherrschaft für das große Schaufenster im Erdgeschoss. Darüber hinaus setzten die Aachener, zusammen mit ihren Nachbarn aus Belgien und den Niederlanden, im Juni diesen Jahres mit einer 90 Kilometer langen Menschenkette ein trinationales Zeichen gegen die Rissereaktoren.

Je schneller und digitaler, desto wichtiger werden authentische, menschliche Momente. Das Lesen bildet die Konstante. Seit fast 6000 Jahren kennt die Menschheit nun die Schrift – man denke zurück an Gutenberg, der mit seinen beweglichen Bleilettern 1450 maßgeblich den Buchdruck revolutionierte. Schrift wurde hierdurch einer breiteren Gesellschaft zugänglich. Doch inzwischen ist das Lesen eben auch digital geworden. Für die Mayersche bedeutet dies jedoch nicht den Untergang des gedruckten und gebundenen Buches: „Auch dieser Wandel bedeutet unterm Strich, dass Lesen weiter an Vielfalt gewinnt.“ Manchmal bedarf es ein wenig Mut, um auch selbst der Wandel sein zu können. Ein kaum noch vorstellbares Beispiel ist der Siegeszug des Taschenbuchs: Erklärte man Helmut Falter, Seniorchef der Mayerschen Buchhandlung, im Jahre 1963 noch für verrückt, einen speziellen Taschenbuch-Pavillon zu eröffnen, folgte bereits 1980 das „TaschenbuchMagazin“ mit über 50.000 Taschenbüchern. Damit wurden Bücher einem breiten Publikum zugänglich und rasch begeisterten sich vor allem junge Leser für die erschwinglicher gewordenen Bücher. Bestärkt durch den großen Zuspruch, folgte 1982 eine Taschenbuchhandlung in Köln. Die Sozialisierung des Buches war somit in vollem Gange. Inmitten der Dynamik sind Qualität und unternehmerischer Weitblick der Anker der Mayerschen Buchhandlung geblieben. Vielen ist die Werbekampagne „Schock‘ Deine Eltern, lies ein Buch!“ noch präsent. Diese sorgte 1994 für reichlich Gesprächsstoff. Ebenso ließ die Kampagne „Haute Lecture“ auf der Düsseldorfer Kö innehalten. Die Mayersche bleibt kreativ und wird dabei persönlicher, individueller und gemütlicher. Durch bequeme Sitzecken, durch Cafés, die zum Lesen bei einer Tasse Tee oder Kaffee und einem Stückchen Kuchen einladen. Ein Ort zum Verweilen für Buchliebhaber. Für Bücherliebe.

Und das seit 200 Jahren. Die Mayersche Buchhandlung ist, inmitten der Digitalisierung, zu einem analogen Rückzugsort geworden: „Wir legen großen Wert auf die Atmosphäre und Aufenthaltsqualität in unseren Läden und das lieben unsere Kunden an der Mayerschen. Sie wollen Bücher öffnen, fühlen, in ihnen stöbern, blättern und vergleichen.“

Ohne die Kunden, die Buchliebhaber, wäre der Erfolg undenkbar gewesen, weiß Hartmut Falter: „Sie teilen ihre Bücherleidenschaft mit uns, sie sind mit der Mayerschen groß geworden, sie bringen ihre Kinder oder Enkel mit und sie betrachten die Buchhandlung als das, was sie auch sein soll: ihre Mayersche. Das wünschen wir uns auch für die Zukunft weiterhin.“

Eleni Blum (M.A.) studierte Kommunikations- und Sprachwissenschaften sowie English Studies an der RWTH Aachen. Seit September 2017 ist sie als Pressesprecherin für die Mayersche Buchhandlung tätig.

e.blum@mayersche.de

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