Recht

Zivilrecht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 5/2022

Würz, Karl / Birker, AnnKathrin, Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Regelungen, ­Anforderungen, Umsetzungen in der Praxis, 1. Aufl, Haufe, ­Freiburg. München. Stuttgart, 2022, ISBN 978-3-648-15794-7, 225 S., € 44,00.

    Die Krisen der jüngsten Zeit, insbesondere die Covid 19-Pandemie sowie der Ukraine-Krieg, haben deutlich gemacht, wie sehr die deutsche Wirtschaft von Zulieferern abhängig ist, welche ihren Sitz im Ausland haben. Diskutiert wurde diese Tatsache lange Zeit nur vor dem Hintergrund, welche Risiken daraus für die deutsche Volkswirtschaft entstehen können, wenn dringend benötigte Rohstoffe ausbleiben bzw. für die Inlandsproduktion erforderliche Vorprodukte nicht geliefert werden. Fragt man freilich nach den Ursachen dieser Abhängigkeit von ausländischen Exporteuren, gerät sofort der Kostenfaktor in den Blick. Viele Branchen wie die Textil- oder Elektronikindustrie sind im Inland nicht mehr konkurrenzfähig, weil im Ausland billiger produziert werden kann. Entsprechende „runaway-industries“ sind eine jahrzehntealte Erscheinung. Dass mit günstigeren Herstellungskosten im Ausland ungünstigere Arbeitsbedingungen der dort Beschäftigten einhergehen, liegt auf der Hand. Jahrzehntelang rief dies niemanden auf den Plan, die wirtschaftlichen Auswirkungen für den Standort Deutschland standen im Vordergrund. Zwischenzeitlich hat ein Umdenken eingesetzt, das Schicksal der in ausländischen Zulieferbetrieben tätigen Personen wurde in den Blick genommen. Ein erster legislativer Schritt hierzu ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, welches der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage dienen soll, indem es Anforderungen an ein verantwortliches Management von Lieferketten für bestimmte Unternehmen festlegt. Den Unternehmen wird ein klarer, verhältnismäßiger und zumutbarer gesetzlicher Rahmen zur Erfüllung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten zur Verfügung gestellt. Neue Gesetze bedürfen regelmäßig der Erläuterung, Rechtsunsicherheiten sind vorprogrammiert. Das gilt auch für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Eines der ersten literarischen Werke zu diesem Thema legen deshalb nun Ann Kathrin Birker und Karl Würz vor. Nach einer Einführung zu Problemen und Zielen der Neuregelung auch unter rechtsvergleichenden und historischen Aspekten (S. 15 – 19) werden im ersten Teil des Buches Grundfragen erörtert. Zunächst wird der Entwurf einer EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit beleuchtet (S. 21 – 37). Die ­Autoren verweisen darauf, dass der Richtlinienentwurf in mehrfacher Hinsicht über das deutsche Recht hinausgeht (S. 35). Dass das Lieferkettensorgfaltspflich- tengesetz nicht jedermanns Beifall erlangt, liegt auf der Hand (S. 39 f.). Nach einem Überblick über dessen Struktur werden unter der Überschrift „Die wesentlichen Fragen und Antworten“ Grundfragen seiner Geltung und eines Anwendungsbereichs dargelegt (S. 41 – 52). Die Beantwortung einer Vielzahl von Einzelfragen schließt sich an (S. 53 – 100). So erfährt die Leserschaft unter anderem, auf welche Rechtspositionen sich die Sorgfaltspflichten des Gesetzes beziehen, welche Lieferanten in die Prüfung einbezogen werden müssen, ob ein Menschenrechtsbeauftragter zu bestellen ist oder ob insoweit die Complianceorganisation des Unternehmens mit den entsprechenden Aufgaben betraut werden kann, welche Umsetzungsschritte Unternehmen einleiten müssen und wie diese im eigenen Geschäftsbereich und bei Lieferanten vonstatten zu gehen haben, wie eine Risikoanalyse durchgeführt werden kann und was zu tun ist, wenn Menschenrechtsverletzungen bei Zulieferern festgestellt werden. Der zweite Teil des Werkes (S. 101 – 205) bringt einen Abdruck des Gesetzestextes nebst mehr oder minder umfangreichen Erläuterungen. Für den damit ermöglichten ersten Einstieg in die Problematik werden die interessierten Kreise dankbar sein. Gerade bei den Begriffsbestimmungen (§ 2 LkSG), den Sorgfaltspflichten (§ 3 LkSG), der Risikoanalyse (§ 4 LkSG) sowie den Präventionsmaßnahmen (§ 6 LkSG) findet man hilfreiche Darlegungen für die Umsetzung in der Praxis. In den Erläuterungen zu §§ 12 LkSG, welche die behördliche Kontrolle und Durchsetzung normieren, erfährt man, welche Kompetenzen der Staat hat. Den Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge (§ 22 LKSG) sowie Zwangs- und Bußgelder (§ 23 f. LkSG) müssen Unternehmen gewärtigen, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen. Der Katalog in § 24 LkSG liest sich einigermaßen beeindruckend, die Verfasser stehen dem durchaus positiv gegenüber (S. 204), wie sie überhaupt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz als Chance für die deutsche Wirtschaft begreifen (S. 217 f.).

    Dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verbundenen Probleme noch im Verborgenen schlummern, liegt auf der Hand. Zu neu ist die Materie. Umso mehr geht es darum, erst einmal die Grundsätze kennenzulernen. Dafür eignet sich das Werk von Ann Kathrin Birker und Karl Würz bestens. (cwh)

    Prof. Dr. Curt Wolfgang Hergenröder (cwh), cwh@uni-mainz.de

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