Recht

Zivilprozess- und Kostenrecht

Baronin von König, Renate, Zivilprozess- und Kostenrecht, Gieseking, Bielefeld, 3. Aufl., 2017, ISBN 978-3-7694-1153-9, 425 und XXXVI S., € 59,00

Der Titel des Buches lässt aufhorchen: Zivilprozess- und Kostenrecht! Der nicht forensisch tätige Jurist mag nun fragen, was soll daran besonders sein? Immerhin kostet jeder Zivilprozess Geld, es fallen Gerichtskosten an und die beteiligten Rechtsvertreter möchten für ihre Arbeit ebenfalls entlohnt werden. Nun gibt es Kommentare und Lehrbücher zum Zivilprozessrecht und – wenn auch nicht ganz so viele – Werke zum Kostenrecht. Regelmäßig behandeln die entsprechenden Bücher allerdings nur das eine oder das andere, der ganz eindeutige Schwerpunkt liegt also entweder auf den zivilprozessualen Fragestellungen oder den kostenrechtlichen Implikationen des Verfahrens. Vor diesem Hintergrund nimmt das Traktat der Baronin von König eine absolute Sonderstellung ein, da beides im Zusammenhang behandelt wird. Ob man das immerhin 425 Seiten starke Werk noch als „Praxiskurzlehrbuch“ bezeichnen sollte, mag hier einmal dahingestellt bleiben. Bescheidenheit ist ja bekanntlich eine Zier, auch wenn sie nicht unbedingt angebracht ist. Jedenfalls schreibt die Autorin im Vorwort völlig zu Recht, dass man das Kostenrecht nur verstehen kann, wenn man auch das Verfahrensrecht beherrscht. Auf dieser Grundlage ist das Buch geschrieben. Schon in der Einleitung (A) kommt die Verzahnung von Prozessrecht, Gerichtskosten- und Anwaltsvergütungsrecht zum Ausdruck, wenn der Leser mit den einschlägigen Rechtsgrundlagen vertraut gemacht wird. Bei den Prozessvoraussetzungen (B) steht die Ermittlung des Prozessstreitwerts bezogen auf den jeweiligen Verfahrensgegenstand (Rn. 66 – 75) im Vordergrund des Interesses. Man muss ja wissen, in welcher Eingangsinstanz man zu klagen hat. Nach kurzem Eingehen auf die register- und aktenmäßige Behandlung der Klage (C) erfolgt eine Einführung in die Kosten des Rechtsstreits schlechthin (D). Bei den Gerichtskosten wird nicht nur auf deren Höhe, sondern sinnvollerweise auch auf deren Ansatz und Einforderung eingegangen. Aufgeschlüsselt werden dann die Rechtsanwaltskosten sowie die den Parteien möglicherweise entstehenden Auslagen. Auch die Vorbereitungskosten – also etwa vorprozessuale Gutachten sowie Anwaltsgebühren (Rn. 195 – 197) – werden angesprochen. Es folgt ein Überblick über weitere Prozessvoraussetzungen wie die Parteifähigkeit, die Prozess- und die Postulationsfähigkeit (E), bevor es dann an den Ablauf des Prozesses geht (F). Es handelt sich um den zentralen Teil des Buches, bezogen auf die jeweilige Prozesssituation wird auf die jeweils anfallenden Kosten eingegangen. So erfährt man etwas über die Terminsgebühr des Anwalts (Rn. 302 – 308), die Kosten bei Erledigung der Hauptsache (Rn. 365 – 372), aber auch so spezielle Fragen wie der Mehrvergleich (Rn. 386 – 392) werden kostenmäßig aufgearbeitet. Bei den gerichtlichen Entscheidungen (G) sind natürlich Vollstreckbarkeitserklärung und Kostenentscheidung Pflicht (Rn. 442 – 454), einen eigenen Abschnitt erhält das Versäumnisverfahren (H). Nach den Rechtsmitteln (I) sowie der Streitgenossenschaft (J) geht es dann an die Kostenfestsetzung (K) sowie die Vergütungsfestsetzung (L). Beleuchtet wird auch, inwieweit die Gebühren weiterer Anwälte erstattungsfähig sind (M). Ausführlich geht Baronin von König dann auf die Prozesskostenhilfe ein (N). Angesichts seiner geschwundenen Bedeutung wird nur knapp der Urkunden- und Wechselprozess angesprochen (O), mehr Raum beansprucht dann naturgemäß das gerichtliche Mahnverfahren (P).

Man liest ja oft in Rezensionen die Floskel, Bücher schlössen eine „Lücke im Schrifttum“. Häufig stimmt das nicht, wahrscheinlich lässt sich sonst nicht viel Positives berichten. Für das Werk der Baronin von König trifft diese Aussage indes uneingeschränkt zu. Knapp und präzise wird dem Leser das Kostenrecht nahe gebracht, die vielen Tabellen bzw. Berechnungsbeispiele erleichtern das Verständnis der Materie ungemein. Dabei ist der Bezug zu den zivilprozessualen Verfahrensabschnitten immer gegeben. Diese Verschränkung der Rechtsgebiete macht den Wert des Buches aus. Es eignet sich hervorragend als Einstieg in die Eigenheiten des Kostenrechts, lässt aber auch den in der Materie Bewanderten als Nachschlagewerk nicht alleine. Selbst Studierenden und Referendaren – welche ja bekanntlich mit der Errechnung der Kosten eines Rechtsstreits nicht „viel am Hut haben“ – ist das Praxiskurzlehrbuch zu empfehlen. (cwh)

Kern, Christoph/Diehm, Dirk (Hrsg.), Zivilprozessordnung. Kommentar, Erich Schmidt Verlag Berlin 2017, ISBN 978-3-503-17493-5, XLIX und 2090 S., € 128,00

Kommentare zur Zivilprozessordnung gibt es viele, einbändige und mehr- bzw. vielbändige Werke. So überrascht es auf den ersten Blick, dass der Erich Schmidt Verlag das Wagnis auf sich nimmt, ein neues Erläuterungsbuch zu den Normen der ZPO als Printfassung auf den Markt zu bringen. Das schon totgesagte gedruckte Buch scheint also doch noch nicht ganz am Ende zu sein. Als Mitglied einer Fakultät, in welcher „eonly“ durchaus ernst gemeint ist, nimmt man dies gerne zur Kenntnis. Aber zurück zum Werk, das in der Reihe der „Berliner Kommentare“ erschienen ist und von zwei hauptamtlich tätigen Würzburger Richtern herausgegeben wird. Unterstützt werden sie von 18 weiteren Autorinnen und Autoren, samt und sonders Praktikern ganz überwiegend aus der süddeutschen Richterschaft, welche sich 2020 Seiten Text teilen. Dabei enthält der Kern/Diehm beileibe nicht nur eine Kommentierung der Zivilprozessordnung, auf welcher naturgemäß der inhaltliche Schwerpunkt liegt. Erläutert werden zudem das Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (EGZPO), das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), das Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) sowie die einschlägigen Verordnungen der Europäischen Union. Der Bearbeitungsstand entspricht dem Gesetzesstand Mitte des Jahres 2017.

Naturgemäß kann bei einer über 2000 Seiten starken Bearbeitung von über 1000 Paragrafen nur auf einzelne Punkte hingewiesen werden. Der Kommentar beginnt mit einer von Kern besorgten Einführung, in welcher neben den Prozessmaximen vor allem auf den Streitgegenstand sowie die Prozesshandlungen eingegangen wird. Kern ist es auch, der die Wertvorschriften der §§ 2 ff. ZPO näher beleuchtet. Die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit werden von Eymelt-Niemann sorgfältig kommentiert. Ins Auge stechen auch die Erläuterungen zu § 33 ZPO, hier nimmt sich Chasklowicz einiger Sonderformen der Widerklage an wie insbesondere der Drittwiderklage (Rn. 27 ff.). Kundig bearbeitet wird von Rasper § 50 ZPO, vor allem die Ausführungen zu den Personenhandelsgesellschaften (Rn. 15 ff.) sind von großer praktischer Bedeutung. Die wichtigen Kostenfragen (§§ 91 – 113 ZPO) bespricht Goldbeck, die Prozesskostenhilfe (§§ 114 – 127 ZPO) ist dann Sache von Gerds. Die mündliche Verhandlung (§§ 128 – 165 ZPO) erörtert Müller-Teckhof, § 130 a ZPO ist schon in der ab 1.1.2018 geltenden Neufassung erklärt. Zustellungsfragen (§ 166 – 195 ZPO) werden oft stiefmütterlich behandelt, angesichts ihrer praktischen Bedeutung ist es erfreulich, dass Diehm hier das Nötige sagt. Mit den Terminen (§§ 214 – 229 ZPO) setzt sich Stolzhäuser auseinander. Die Folgen der Fristversäumung (§§ 230 – 238 ZPO) behandelt Baudewin. Was passiert, wenn ein Verfahren unterbrochen wird, regeln die §§ 239 – 252 ZPO, sie sind Sache von Diehm. Baudewin ist es dann wieder, welcher das Verfahren im ersten Rechtszug bis zum Urteil darstellt (§§ 253 – 299a ZPO). Das Urteil selbst (§§ 300 – 350 ZPO) behandelt Thamm. Mit dem Beweisrecht (§§ 355 – 484 ZPO) befasst sich Förster, den Besonderheiten des selbständigen Beweisverfahrens (§§ 485 – 494 a ZPO) widmet sich MüllerTeckhof. Dass beim Verfahren vor den Amtsgerichten § 495 a ZPO die besondere Aufmerksamkeit von Rasper genießt, liegt auf der Hand. Das Rechtsmittelrecht findet man in den §§ 511 – 591 ZPO, die Kommentierung teilen sich Beck, Kostuch, Müller, Diehm und Kern. Urkunden- und Wechselprozess (§§ 592 – 605 a ZPO) erläutert Rasper, bevor dann Elden/Frauenknecht sich des Mahnverfahrens (§§ 688 – 703 d ZPO) annehmen. Elden/Frauenknecht sind es dann auch, die das gesamte Zwangsvollstreckungsrecht (§§ 704 – 959 ZPO) kommentieren. Das schiedsrichterliche Verfahren beschließt die „klassische“ Kommentierung der Zivilprozessordnung (§§ 1025 – 1066), hierfür zeichnet Dietrich verantwortlich. Seit geraumer Zeit gibt es die justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union (§§ 1067 – 1117 ZPO), im Rahmen der Erläuterungen von Chasklowicz findet man auch die einschlägigen EU-Verordnungen und Richtlinien abgedruckt. Abschließend sei noch auf die sorgfältige Kommentierung des § 17 a GVG von EymeltNiemann hingewiesen, manchmal besteht entgegen § 17 a Abs. 2 S. 3 ZPO eben doch keine Bindungswirkung (Rn. 8). Gegenüber den mehrbändigen und natürlich deutlich teureren „Kommentarungetümen“ nimmt sich der Kern/Diehm sympathisch übersichtlich aus. Immerhin kommen die Autoren trotz der unendlichen Fülle des Materials mit nur einem Band aus; für die tägliche Praxis ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber mehrbändigen Werken. Dass sich der Kommentar durch ein ausführliches Abkürzungsverzeichnis und ein umfangreiches Stichwortverzeichnis auszeichnet, verdient ebenfalls Erwähnung. Lobenswert ist der Umgang mit Zitaten. Bei manch anderer Kommentierung kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, die eigene Gedankenleistung werde durch die Aneinanderreihung mehr oder weniger sinnvoller Verweise ersetzt. Im Kern/Diehm wird maßvoll zitiert, brandaktuell und immer da, wo man eine Fundstelle sucht, findet man auch eine. Fazit: Wer sich kurz und prägnant und auf der Höhe der Zeit informieren möchte, ist mit dem Kern/Diehm bestens beraten. (cwh)

Prof. Dr. Curt Wolfgang Hergenröder (cwh), Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits-, Handels- und Zivilprozessrecht, Johannes Gutenberg-Universität, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Deutsches, Europäisches und Internationales Arbeits-, Insolvenz- und Zivilverfahrensrecht.

cwh@uni-mainz.de

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