Recht

Wasserrecht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 2/2023

Ein für die natürlichen Lebensgrundlagen auf der Erde besonders wichtiger Bereich des Umweltrechts und einer seiner historischen Ursprünge ist das Wasserrecht. Dessen Gegenstand ist die Reinhaltung und Nutzung der Gewässer. Im Zeichen des derzeit zu beobachtenden Klimawandels haben diese Aufgaben erheblich an Aktualität gewonnen. Katastrophale Hochwasserereignisse in der Folge von anhaltenden Starkregenfällen einerseits, Dürreperioden in den Sommern der letzten Jahre mit entsprechendem Schwund der Trinkwasserreserven und unübersehbaren Schäden der Land- und Forstwirtschaft andererseits sind dafür prägnante Beispiele. Die Umweltziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie vom 23. Oktober 2000 und des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes von 2009 werden in absehbarer Zeit nicht erreicht werden. Die dazu gehörende Pflicht zur Verhinderung jeder Verschlechterung und zur Verbesserung des Zustands der Oberflächengewässer und des Grundwassers ist zwar nach der Rechtsprechung bei der Zulassung von Infrastrukturvorhaben aller Art als unmittelbar geltendes Recht zu beachten. Sie gerät damit jedoch oft in Konflikt mit dem wirkmächtigen politischen Ziel, solche Infrastrukturvorhaben beschleunigt voranzutreiben, um als vorrangig betrachtete wirtschaftliche oder andere ökologische Belange zu fördern. Hinzu kommt, dass die Erreichung der in der Wasserrahmenrichtlinie und im Wasserhaushaltsgesetz festgelegten Bewirtschaftungsziele große Investitionen und Eingriffe erfordert, jedoch der politische Wille zu deren Planung und Durchsetzung mit der Bereitstellung der dazu notwendigen finanziellen, personellen und organisatorischen Mittel fehlt. Hier stößt die Steuerungskraft des Rechts an ihre faktischen Grenzen. Das gilt umso mehr in einer historischen Umbruchssituation, in der das umweltpolitisch Wünschenswerte hinter den existentiellen Herausforderungen durch eine mit militärischen und ökonomischen Mitteln arbeitende Machtpolitik zurücktreten muss. Der Rechtswissenschaft bleibt in dieser Lage nur der Versuch, die Autorität und Glaubwürdigkeit des Rechts trotzdem dadurch zu behaupten, dass dessen Inhalt in kohärenter Weise dargestellt und den mit dessen Anwendung betrauten Aufgabenträgern verständlich vermittelt wird. Die hier anzuzeigenden Werke – ein Basislehrbuch sowie drei Kommentare – sollen und können hierzu beitragen.

Peter Queitsch, Wasserrecht. Schwerpunkte: Hochwasserschutz, Haftungsrecht, Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, Kommunal- und Schul-Verlag, Wiesbaden 2020. ISBN 978-3-8293-1605-7; 191 S., kartoniert, € 49,90.

    Wer eine Grunddarstellung des Wasserrechts sucht, findet hier einen kompakten und systematischen Überblick über dieses Rechtsgebiet und das Basiswissen für die hieraus in der Praxis wichtigsten Themenbereiche. Der Verfasser ist Hauptreferent für Umweltrecht beim Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen und Geschäftsführer der als Dienstleistungsunternehmen dieses Gemeindeverbandes tätigen Kommunal-Agentur NRW. Er ist auch als Kommentator u.a. des Wasserhaushaltsgesetzes hervorgetreten (dazu vgl. fachbuchjournal 4/2020, S. 53). Als Leitfaden für die Alltagspraxis wendet sich das Buch in erster Linie an die mit dem Vollzug des Wasserrechts betrauten Bediensteten von Städten, Gemeinden und Wasserbehörden, bietet aber auch allen anderen Rechtsanwendern für einen Neueinstieg in diese Materie das notwendige Grundwissen. Dafür verzichtet es auf wissenschaftliche Vertiefung oder rechtspolitische Bewertungen. Behandelt werden in eher kursorischer Form der Begriff des Gewässers sowie die in Vorschriften der Europäischen Union und des Bundesrechts enthaltenen Rechtsgrundlagen für die Benutzung und den Schutz der Gewässer. Dagegen sehr ausführlich dargestellt wird das System der Abwasserbeseitigung, in dem Bundes- und Landesrecht ineinandergreifen. Hier liegt ein dem Verfasser aus seiner Beratungspraxis offenbar besonders vertrauter Schwerpunkt seines Erfahrungswissens. Einer das Wesentliche zusammenfassenden Wiedergabe der Regelungen über die Unterhaltung und den Ausbau von Gewässern und der Rechtsprechung zur oft schwierigen Abgrenzung zwischen beiden Bereichen folgen wiederum ausführliche Darstellungen des Hochwasserschutzes einschließlich seiner baurechtlichen Bedeutung und seiner Finanzierung, der Organisation und Qualität der Wasserversorgung einschließlich ihrer Finanzierung sowie der Möglichkeiten und Grenzen einer Haftung der zuständigen Aufgabenträger, vor allem der Gemeinden. Die aktuelle Rechtsprechung zu all diesen Themen wird umfassend einbezogen. Auch deshalb eignet sich das handliche, durch eine ausführliche Inhaltsübersicht, Gliederung in Randnummern und ein darauf verweisendes Stichwortverzeichnis sowie durch Fettdruck der wichtigsten Aussagen benutzerfreundlich erschlossene Werk insbesondere als Ratgeber für die behördliche Praxis.

     

    Alexander Schink / Frank Fellenberg (Hrsg.), GK-WHG. Gemeinschaftskommentar zum Wasserhaushaltsgesetz (WHG), Carl Heymanns Verlag, Hürth 2021. ISBN 978-3-452-28986-5; 1789 S., geb., € 179,00.

      Dieser Großkommentar will unter umfassender Auswertung von Rechtsprechung und Literatur nach dem Stand vom Juli 2020 Antworten auf alle Fragen geben, die sich bei der konfliktanfälligen Anwendung des Wasserhaushaltsrechts in der Praxis stellen. Dies ist dem 24-köpfigen Autorenkreis in wissenschaftlich fundierter Weise vorzüglich gelungen. Die durchweg als Experten der von ihnen behandelten Themen bekannten Verfasser stammen zur Hälfte aus der Anwaltschaft und sind im Übrigen im Bereich der Wissenschaft, der Verwaltung und der Verwaltungsgerichtsbarkeit tätig. Besonderer Wert wird auf die Herausarbeitung der EU-rechtlichen Vorgaben gelegt, die das nationale Wasserrecht besonders nachhaltig beeinflusst haben. Dabei hält der Mitherausgeber Schink in seiner die Entwicklung des Wasserrechts behandelnden Einleitung mit rechtspolitischer Kritik an der Realitätsferne der durch die Wasserrahmenrichtlinie für den Zustand aller Gewässer aufgestellten ökologischen und chemischen Ziele sowie an der Funktionalität der für deren Umsetzung vorgesehenen Instrumente nicht hinter dem Berg. Er weist zutreffend darauf hin, dass die von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung dieser Zielvorgaben als unmittelbar bei der Vorhabenzulassung geltende Anforderung wegen des damit drastisch erhöhten Ermittlungsaufwands die Zulassung von großen Infrastrukturvorhaben oder Industrieanlagen zum Teil nachhaltig erschwert. Dies gilt auch für die Zulassung eines Gewässerausbaus, deren Regelung in den §§ 68 ff. WHG Kümper auf 137 Seiten zum Anlass einer umfassenden Darstellung des Planfeststellungsrechts einschließlich der enteignungsrechtlichen Folgen und der vorzeitigen Besitzeinweisung nimmt. Auch sonst fließen sachkundige rechtspolitische Bewertungen und Vorschläge in die Kommentierungen ein, was ihren Wert für die Adressaten in Verwaltung, Gerichten, Anwaltschaft und Wissenschaft durchaus erhöht und – wie etwa die Kritik von Reese an den die Wasserrahmenrichtlinie umsetzenden, in § 27 WHG normierten Bewirtschaftungszielen für oberirdische Gewässer – zu vertieftem Nachdenken über die Auslegung der betreffenden Rechtsnormen oder deren Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten anregt. Der Kommentierung der einzelnen Paragraphen vorangestellte Inhaltsübersichten, die Gliederung in Randnummern und ein ausführliches Stichwortverzeichnis tragen dazu bei, dass das Werk trotz seines Umfangs von fast 1800 Seiten die für die Praxis notwendige Übersichtlichkeit behält.

       

      Martin Böhme / Daniela Dieter, Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Kommentar, Erich Schmidt Verlag, 2. Aufl. Berlin 2022. ISBN 978-3-503-20508-0; 388 S., geb., € 79,00.

        Gegenstand dieses Spezialkommentars ist die bundeseinheitliche Regelung des Umgangs mit wassergefährdenden Stoffen in den §§ 62 ff. WHG und der darauf beruhenden Verordnung vom 18. April 2017 (AwSV). Die Erstauflage des Buches ist im Jahre 2019 erschienen (dazu fachbuchjournal 4/2020, S. 54). Nachdem der bereits Ende 2019 vorgelegte Referentenentwurf für eine Novellierung der Verordnung am fehlenden politischen Willen, den Widerstand von Interessenvertretern zu überwin-den, wohl endgültig gescheitert ist, hat sich der Verlag für eine aktualisierte Neuauflage entschieden. Diese übernimmt in weitestem Umfang unverändert den bewährten Inhalt der Erstauflage und bietet damit den Vollzugsbehörden und Anlagenbetreibern eine weiterhin zuverlässige Orientierung, wie die komplexen Rechtsnormen zu verstehen und in die Praxis umzusetzen sind. Redaktionell verbessert ist die Aufgliederung des Textes durch Randnummern, die jetzt nicht mehr von Anfang bis Ende durchzählen, sondern in jedem Teil des Werkes neu beginnen und damit zugleich den Gebrauch des Stichwortverzeichnisses erleichtern. Eine für die praktische Handhabung des Buches wichtige Verbesserung ist auch die jetzt durchgängige, in der Vorauflage nur sporadische Hervorhebung wichtiger Stichworte im Text durch Fettdruck. Inhaltlich neu gefasst oder ergänzt sind – abgesehen von der Anpassung an zwischenzeitliche Änderungen von Rechtsvorschriften und anderen redaktionellen Änderungen – im Wesentlichen nur ein Teil der von Böhme verfassten Kommentierung zu den §§ 62 und 63 WHG, den Begriffsbestimmungen in § 2 AwSV und den Regelungen über die Löschwasserrückhaltung in § 20 AwSV, über die Rückhaltung bei eingesammeltem Bioabfall in § 26 AwSV, über die Ausführung von Erdwärmesonden und -kollektoren in § 35 AwSV sowie über die vereinfachte Eignungsfeststellung bei Verwendung bestimmter Bauprodukte in § 41 Abs. 2 AwSV. Die in der Titelei enthaltene Angabe, es handele sich um eine „völlig neu bearbeitete Auflage“, ist also irreführend. Das ändert aber nichts daran, dass mit der umfassenden Kommentierung der Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen hier ein Werk vorliegt, das eine Alleinstellung beanspruchen kann und nicht nur deshalb, sondern auch wegen des Sachverstands der Verfasser für alle, die mit dem Vollzug dieses Regelwerks befasst sind, unentbehrlich sein dürfte.

         

        Hermann Spillecke, Landeswassergesetz NRW. Kommentar, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2022. ISBN 978-3-503-20690-2; 445 S., broschiert, € 68,00.

          Seit der Föderalismusreform von 2006 ermächtigt Art. 72 Abs. 3 Nr. 5 GG die Länder, vom Wasserhaushaltsrecht des Bundes abweichende Bestimmungen zu treffen, soweit es sich nicht um stoff- oder anlagenbezogene Regelungen handelt. Dadurch sind den Ländern erhebliche Spielräume bei der Gestaltung des Wasserrechts eingeräumt worden. Sie können entscheiden, ob sie in diesem Rahmen vom Bundesrecht abweichen, dieses näher konkretisieren oder aufgrund von Öffnungsklauseln des Bundesrechts ergänzen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat davon zuletzt 2016 durch eine Neuregelung des Landeswasserrechts und Änderungen von 2021 Gebrauch gemacht.

          Das Landeswassergesetz in seinem dadurch erreichten Stand ist Gegenstand dieses Kommentars. Sein Verfasser war bis 2015 über zwanzig Jahre als für das Wasserrecht zuständiger Referatsleiter im Landesumweltministerium an der Wassergesetzgebung des Bundes beteiligt und im Wesentlichen für die Gesamtnovellierung des Landeswassergesetzes von 2016 verantwortlich. Als dadurch ausgewiesener Wasserrechtsexperte erläutert er nicht nur die einzelnen Regelungen dieses Gesetzes, sondern stellt sie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung auch in den Zusammenhang des Rechts der Europäischen Union, des Bundesrechts sowie des Verbands- und Kommunalrechts. Damit ist der Kommentar ein unentbehrliches Hilfsmittel für die tägliche Praxis der mit dem Vollzug des Wasserrechts befassten Behörden, Gemeinden und Wasserverbände in Nordrhein-Westfalen, aber auch eine zuverlässige Informationsquelle für alle anderen daran Interessierten. In der Einleitung geht der Verfasser kompakt auf die allgemeine Entwicklung des Wasserrechts und der Wasserverbände sowie auf die Wassergesetzgebung seit dem Wasserhaushaltsgesetz von 1957, das Abwasserabgabenrecht und das nordrhein-westfälische Wasserentnahmeentgeltgesetz ein. Die detaillierten Erläuterungen der Einzelvorschriften sind durch vorangestellte Inhaltsübersichten und Randnummern gegliedert und werden durch ein ausführliches Stichwortverzeichnis erschlossen. Die Abschnitte, die die Bewirtschaftung oberirdischer Gewässer und des Grundwassers sowie die Pflichtenzuweisung bei der Abwasserbeseitigung, die Gewässerunterhaltung, den Gewässerausbau, den Hochwasserschutz und die wasserwirtschaftliche Planung betreffen, werden jeweils durch in die Systematik des betreffenden Bundesund Landesrechts einführende Vorbemerkungen kenntnisreich zusammengefasst. (us)

          Dr. iur. Ulrich Storost war bis zum Eintritt in den Ruhestand im Herbst 2011 Mitglied des für Teile des Fachplanungsrechts zuständigen 9. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts. Er gehörte diesem Senat seit 1993 als Richter, von 2004 bis 2011 als Vorsitzender Richter an. Neben seinem Hauptamt war er von 1997 bis 2004 Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin. Seit 1991 ist er Mitautor eines Loseblattkommentars zum Bundes-Immissionsschutzgesetz.

          ulrich.storost@t-online.de

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