„Wer Jessels Buch liest, taucht tief in die Atmosphäre der unmittelbaren Nachkriegszeit ein, die man sich als Nachgeborener kaum mehr vorstellen kann.“
Hans Riebsamen, FAZ, 2. März 2021
Walter Jessel, Spurensuche 1945. Ein jüdischer Emigrant befragt seine Abiturklasse. (Hrsg. und mit einer Einführung von Brian E. Crim; aus dem Engl., mit Anmerkungen ergänzt und mit Nachwort von Margrit Frölich.) Frankfurt a. M.: Fachhochschulverlag, 2020. 245 S., kart., ISBN 978-3-947273-32-4, € 20,00.
Ende September 1945 kehrt Walter Jessel als amerikanischer Soldat in seine zerstörte Heimatstadt Frankfurt am Main zurück, wenige Monate, nachdem die Stadt am 29. März von den Amerikanern erobert und von den Nationalsozialisten befreit worden war. Hier wurde er 1913 geboren, hier wuchs er in einer jüdischen Familie auf. 1933 floh er vor den Nationalsozialisten. Mit gemischten Gefühlen kommt er in seine Geburtsstadt zurück.
Nun sucht er seine ehemaligen nichtjüdischen Mitschüler auf, mit denen er 1931 an einer Musterschule, einer Reformschule, in der explizit die demokratischen Werte der Weimarer Republik gelehrt wurden, Abitur gemacht hat. Er will von ihnen erfahren, wie sie die zwölf Jahre der nationalsozialistischen Diktatur erlebt haben und wie sie auf den Zusammenbruch blicken. (red)
„Die Besuche bei meinen Klassenkameraden und deren Familienangehörigen, die ich in diesem Buch beschrieben habe, waren nicht eine Sache sentimentaler Erinnerung, sondern der Versuch, eine ziemlich grundlegende Frage zu beantworten (…): Würden sich Angehörige anderer Nationen, wenn sie in dieselbe Situation wie die Deutschen während des Hitlerregimes versetzt worden wären, genauso verhalten haben?“
Walter Jessel