Recht

Verwaltungsrecht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 5/2021

Katharina v. Schlieffen, Stefanie Haaß, Grundkurs Verwaltungsrecht. UTB, Verlag F. Schöningh, 2019, 584 S., ISBN 978-3-8252-4937-3, € 26,99.

    Bereits die Ausführungen auf dem Buchrücken machen neugierig: Schließen sich Allgemeines Verwaltungsrecht und die für den vorliegenden Grundkurs angekündigte unbürokratische Sprache zwangsläufig gegenseitig aus? Handelt es sich wirklich um eine Materie, die sich „Schritt für Schritt“ erschließen lässt? Aus eigener Lehr- und Autorentätigkeit weiß der Rezensent, dass es funktionieren kann, aber es ist ein Kraftakt im Spannungsfeld zwischen juristischer Präzision und didaktischen Vereinfachungserfordernissen. Und aus seiner eigenen Studienerfahrung weiß der Rezensent, dass es in vielen, vielleicht sogar in den meisten Fällen nicht gelingt, das Verwaltungsrecht wirklich griffig darzustellen. Denn, wie das Vorwort zutreffend „androht“: Die Materie betrifft – vermeintlich! – „in weiten Teilen keine Lebenssachverhalte“.

    Ein erster Blick in den Inhalt lässt erwarten, dass dieser Grundkurs, wie viel zu viele seiner Vorgängerlehrbücher, sehr weit und sehr allgemein ausholt, bevor er zu den eigentlichen Fragen des Verwaltungsverfahrens und der Kontrolle des Verwaltungshandelns vordringt. Aber der Versuch, die vermeintlich langen Vorreden nur zu überfliegen, scheitert gnadenlos. Und das ist gut so. Denn nur vordergründig ist der Begriff der Verwaltung und deren Verhältnis zum Bürger klar. Aber die Autorinnen verstehen es, die tückischen Details ebenso wie die – in Deutschland nicht unbedingt einfachen! – Verwaltungsstrukturen „lebendig“ werden zu lassen und den Lesenden enormes Hintergrundwissen einschließlich historischer Bezüge quasi „spielerisch“ zu vermitteln, verpackt in perfekt dimensionierte Häppchen, die zu keiner Sekunde auch nur annäherungsweise das Diktum „langweilig“ nahelegen. Ganz ähnlich ist es beim Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und dem so wichtigen Begriff des Verwaltungsakts. Statt unendlichen Definitionen von Begrifflichkeiten und langatmigen Darstellungen wird mit knackigen Formulierungen und unter kontinuierlichem Alltagsbezug das erforderliche Basiswissen für die nachfolgenden Details vermittelt. Dabei wird quasi „im Vorbeigehen“ auch Rechtsprechung aufgegriffen und analysiert. Nach den eher einführenden Kapiteln dreht sich der zweite Komplex des Kurses um den Verwaltungsakt und das Verwaltungsverfahren im engeren Sinne. Es ist beinahe unnötig zu sagen, dass auch hier die ganz hervorragend mit Beispielen und Illustrationen unterlegten Erläuterungen sicherstellen, dass nach der Lektüre bei den Lesenden keine grundsätzlichen Fehler mehr zu erwarten sind. Selbst der Zugang zu so schwierigen Bereichen wie dem der Aufhebung von

    Verwaltungsakten wird durch die Reduzierung auf das Notwendige absolut verständlich eröffnet. Dies setzt sich fort im dritten Komplex, der sich den förmlichen Rechtsbehelfen widmet. Hier werden die Klagearten einschließlich des vorläufigen Rechtsschutzes sowie prozessuale Rahmenbedingungen säuberlich aufgedröselt und mithilfe von Prüfschemata zusammengefasst. Gut gewählte Übungsfälle ermöglichen das aktive Einüben des Gelesenen, was gerade in juristischen Prüfungen besondere Bedeutung hat. Während des gesamten Werks beginnt der Zugang zu den einzelnen Teilaspekten fast immer auf „Neulingsniveau“ (z.B. bei der Gesetzessystematik und -zitierweise, den grundrechtlichen Rahmenbedingungen oder – ganz hervorragend gelungen – bei der Fristberechnung), steigert sich aber schon sehr bald auf ein praxisgerechtes Level, das zugleich das Niveau juristischer Klausuren trifft. Allen Versuchungen, noch weitergehende Detailfragen abzudecken und damit ein vollständiges Kompendium vorzulegen, widerstehen die Autorinnen elegant und halten damit zielgruppengenau die Vorgabe ein, einen „Grund(!)kurs“ abzuliefern. Konsequenterweise eignet sich dieser als solcher nicht nur für Jurastudierende aller Semester, sondern auch für Studierende an den Verwaltungsschulen sowie der Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften, die Recht „nur“ als Nebenfach haben. Ungewohnt ist, dass die Autorinnen in ihrem juristischen Fachbuch eher das „gesprochene“ als das „geschriebene“ Wort verwenden. Aber gerade das macht die große Wirkung dieses Werkes aus: Die Lesenden fühlen sich zwangsläufig sofort angesprochen, abgeholt und einbezogen. Viele geschickt gewählte Illustrationen und Übersichten, aber auch Cartoons lockern den Text ebenso auf wie Zwischenüberschriften, einzelne Prüfschemata und der ständige Praxisund Alltagsbezug. Dank dieser didaktischen Elemente bleibt man doch immer wieder „hängen“, um auch Dinge im Detail nachzulesen. Zusammenfassungen und Schemata erleichtern aber auch die Konzentration auf das Wesentliche. Ein wunderbares Schlusswort verweist die Lesenden abschließend in eine „zweite Runde“, um die Details des Grundkurses noch besser wahrnehmen zu können. Gerne greife ich diese Anregung auf, denn dieses Buch macht wirklich Spaß und es wird nach der Lektüre sicher nicht im Regal verstauben wie manch anderes Studienbuch zuvor. Oder anders gesagt: Dies ist das beste Lehrbuch zum allgemeinen Verwaltungsrecht, das ich kenne. (jr)

    Prof. Dr. Jörg Reinhardt lehrt seit 2011 die rechtlichen Grundlagen der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik an der Hochschule München. Zuvor war er Regierungsdirektor in der Bayerischen Sozialverwaltung.

    joerg.reinhardt@hm.edu

    Diese Seite benutzt Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

    Datenschutzerklärung