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Unser Fragebogen – Barbara Budrich

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 4/2018

Antworten der Verlegerin Barbara Budrich, Leverkusen


Was ist Ihre Erinnerung an Ihr erstes Buch? Um welches Buch handelt es sich?

„Dick und Dalli und die Ponys“ von Ursula Bruns. Zwei Schwestern, die Brigitte und Barbara heißen und nichts anderes als ihre Ponys im Kopf haben – genau wie meine beste Freundin und ich seinerzeit.

Ihre drei Lieblingsbücher sind …

Drei?! Sie stellen ja Fragen! Zu meinen liebsten Büchern gehören die folgenden drei:

John Irving, Owen Meany – ein wahres Erzählkunstwerk. Doug Dorst, S. – Das Schiff des Theseus – herausforderndes Lesevergnügen, wenn ich genug Zeit habe, mich so richtig darauf einzulassen. Val McDermid, Die Erfinder des Todes – Krimis lese ich gern, und dieser von Val McDermid ist, wie ich finde, ganz besonders unterhaltsam gemein.

Würden Sie Ihre Lieblingsbücher auch als eBook lesen?

In der Badewanne eher nicht. Ansonsten bin ich da völlig pragmatisch: Wenn ich ein Buch einmal von vorn bis hinten durchlesen möchte, reicht mir das eBook. Wenn ich mit dem Buch arbeiten möchte, es verleihen, immer wieder zur Hand nehmen, es mit anderen teilen oder verschenken möchte, dann brauche ich es gedruckt.

Entspannen Sie beim Lesen oder was sind Ihre Mittel gegen Stress?

Ich lese, aber ich meditiere auch, mache Yoga, reite, wandere, tausche mich gern mit anderen aus und arbeite auch sehr, sehr gern. Alles gute Mittel gegen Stress.

Traumjob VerlegerIn? Beruf oder Berufung?

Was ich an meinem Beruf liebe sind die Begegnungen mit großartigen Menschen. Viele unserer Autorinnen und Autoren betreiben ihre Wissenschaft im klaren Bewusstsein ihrer Verantwortung für die Gesellschaft – und das imponiert mir. Mich mit solchen Menschen auszutauschen, empfinde ich als großes Privileg. Ihre Ideen, ihr Wissen und ihre Erkenntnisse verbreiten zu helfen, sehe ich als meine ehrenvolle Aufgabe. Nennen Sie es Berufung, wenn Sie mögen.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Die wichtigsten Lebensentscheidungen treffen sich häufig unspektakulär und quasi von allein. Ich bin im Verlag meines Vaters aufgewachsen. Nachdem er den Verlag Leske + Budrich verkauft hatte, und ich feststellen musste, dass ich Konzern nicht „kann“, war für mich die eigene Verlagsgründung der logische nächste Schritt.

Gibt es für Sie ein Vorbild aus der Welt der VerlegerInnen?

„Vorbild“ klingt immer wie „nacheifern“ – und das trifft es nicht. Ich kenne aber viele großartige Kolleginnen und Kollegen und lerne gern von ihnen. Wulf D. von Lucius habe ich immer für seine bescheidene und kluge Art bewundert. Natürlich habe ich von meinem Vater Edmund Budrich viel gelernt, und auch der taffen Lynne Rienner, Wissenschaftsverlegerin aus den USA, habe ich Einiges zu verdanken.

Wie beginnt ein guter Tag als VerlegerIn?

Mit einer tollen Idee, die wir im Team in Angriff nehmen, oder mit einer Reise zu spannenden Leuten und Veranstaltungen, mit einem inspirierenden Gespräch – oder mit einem geruhsamen Ritt durch den Wald.

Und wie sieht ein schlechter Tag aus?

Wenn ich Formales zu erledigen habe – das langweilt mich so. Oder mit dem Interview der EU-Kommissarin Věra Jourová, die DSGVO und „gesunder Menschenverstand“ in einem Atemzug nennt.

Was war das spannendste Ereignis in Ihrem Berufsleben?

Spannend, wenngleich in der Sache leider nicht erfolgreich, war mein Auftritt als Sachverständige im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz im Mai 2017, als es um die Novelle des Urheberrechtsgesetzes ging. Oder die Veranstaltung im Goethe Institut in Santiago de Chile. Oder das Gespräch mit dem südafrikanischen Botschafter in Berlin, als ich unseren „Star-Autor“ Michael Lapsley auf Lesereise begleiten durfte. Oder … Wissen Sie, ich glaube, das ist überhaupt der Grund, dass ich diesen Job so liebe: Er besteht aus so vielen spannenden Momenten!

In einem FAZ-Interview stellte Felicitas von Lovenberg Verlegern diese Frage: Wenn Sie eine einzige Veränderung am Buchmarkt bestimmen könnten – welche wäre es?

Ich würde erst einmal bestimmen, dass ich mehr als nur eine Veränderung vornehmen dürfte, die alle den Markt der wissenschaftlichen Publikationen berühren. Und dann würde ich bestimmen, dass Verlage nicht entschädigungslos enteignet werden dürfen, wie dies aktuell dank dem Ende der Verlagsbeteiligung an den VG Wort-Entschädigungen und neuem UrhWissG der Fall ist. Ich würde den Blödsinn mit der Mehrwertsteuer beenden und auch eBooks begünstigen. Ich würde die DEAL-Verhandlungen beenden und bestimmen, dass es nicht angeht, nur mit drei von knapp 600 Verlagen auf Bundesebene zu verhandeln. Ich würde mit der Wissenschaftspolitik hart in die Diskussion um aktuelle Publikations- und Qualitätsrituale gehen. Ich würde … nicht so schnell fertig werden.

Wie viel Prozent seines Umsatzes wird Ihr Verlag im Jahr 2020 durch elektronische Informationen erwirtschaften?

Da wir im Bereich der Wissenschaft stark in Richtung Open Access gelenkt werden, werden wir mit der Vermarktung von digitalen Inhalten vermutlich nicht mehr Umsatzanteile erwirtschaften als heute: also bei rund 10% bleiben.

Und die große Frage am Schluss: Wie wird sich die Verlagslandschaft in den nächsten zehn Jahren verändern?

Im Bildungs- und Wissenschaftsbereich arbeiten eine Reihe zentraler Akteure derzeit daran, die internationalen Großkonzerne und damit die Monopolisierung zu stärken und die vielen unabhängigen Verlage, die exemplarisch für die Vielfalt in der Wissenschaft stehen, aus dem Geschäft zu drängen. Ob es das UrhWissG ist, der Wegfall der Verlagsbeteiligung an den VG Wort-Entschädigungen, der vollkommen überzogene Fokus auf bestimmte Publikationswege oder die DEAL-Verhandlungen – all dies entzieht uns unabhängigen, qualitätsbewussten und leidenschaftlichen Verlegerinnen und Verlegern den wirtschaftlichen Boden unter den Füßen. Verlage erfüllen im Wissenschaftssystem eine wichtige Rolle – umrissen mit den Schlagworten: Impulsgebung, Beratung, Qualitätssicherung, professionelle Aufbereitung und aktive Verbreitung. Wenn es uns gelingt, mit den wichtigen Akteuren aus Wissenschaft, Verwaltung und Politik in einen fruchtbaren Austausch zu gehen, dann bleiben wir auch in den nächsten zehn Jahren als Publikationspartner eine wichtige Adresse für unsere Autorinnen und Autoren aus den Wissenschaften.

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