Sprachwissenschaften

Rhetorikdrucke im Deutschland der frühen Neuzeit

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 6/2020

Joachim Knape: Werkeverzeichnis zu den Rhetorikdrucken Deutschlands 1450-1700. Unter Mitarbeit von Michael Pelzer und Christine Thumm. Wiesbaden: Harrassowitz, 2017. XXXV, 542 S. (Gratia 59), ISBN 978-3-447-10889-8, € 148,00.

 

Joachim Knape: Autorenlexikon. Deutsche Rhetoren 1450-1700. Unter Mitarbeit von Michael Pelzer und Kathrin Schelling. Wiesbaden: Harrassowitz, 2017. XXVII, 502 S. (Gratia 60), ISBN 978-3-447-10897-3, € 138,00.

 

Joachim Knape: Repertorium deutschsprachiger Rhetorikdruck 1450-1700. Unter Mitarbeit von Christine Thumm. Wiesbaden: Harrassowitz, 2018. XXII, 601 S. (Gratia 61), ISBN 978-3-447-10930-7, € 148,00.

Zu den wichtigsten Forschungsfeldern von Joachim Knape gehören die Rhetoriktheorie, die deutsche Rhetorikgeschichte, die Geschichte der älteren deutschen Sprache, der Renaissance-Humanismus und die Theorie der Ästhetik. Von 1991 bis 2017 ist Knape Rhetorikprofessor an der Universität Tübingen, seit 2018 Inhaber der Seniorprofessur für Allgemeine Rhetorik.

Mit den drei opulenten Bänden mit über 1600 Seiten zu frühzeitlichen deutschsprachigen Rhetorikdrucken für den Zeitraum von 1450 bis 1700 ist Knape und seinem Team ein außerordentliches Meisterwerk gelungen. Grundlage ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes dreijähriges Projekt. „Dabei sollte die über die Drucktätigkeit nachweisbare Verbreitung des rhetorischen Wissens in Deutschland, die Aneignung der Rhetoriktradition und die eigene Theoriearbeit in deutscher Sprache für den genannten Zeitraum erschlossen werden.“ (Werkeverzeichnis S. V). Damit wird das entsprechende Schrifttum für die Forschung und Lehre umfassend zugänglich gemacht.

In Vorworten und Einleitungen wird der Forschungsgegenstand beschrieben. „Rhetorik war in der Vormoderne eine Universalkategorie und stand als Rubrik über dem gesamten Feld der Kommunikation.“ (Repertorium S. 1). Knape unterscheidet zwischen einer primären Rhetorik, das ist die Redetheorie, und der angewandten Rhetorik. Die erfassten Werke werden sieben Hauptklassen zugeordnet: Antikerezeption – zeitgenössische Rhetorikschriften insbesondere zur Rhetoriktheorie in klassisch-systematischer Tradition – Textrhetorik in klassischer Tradition (Oratorie) – Hilfsmittel der Inventivik („bei den inventiven oratorischen Hilfsmitteln handelt es sich vor allem um jene Schriften, die Bausteine für Reden aller Art liefern“, Werkeverzeichnis S. XIX, beispielsweise Sentenzen und Sprichwörter) – Kanzleiliteratur, Konversations- und juristische Kommunikationsschulen – Commentrhetorik (beispielsweise Komplimentier- und Höflichkeitslehre, Tischzucht und Courtship-Lehre) – Predigtwesen

Der erste Band Werkeverzeichnis umfasst ein Quellenverzeichnis zu den zwischen 1450 und 1700 in deutscher Sprache herausgegebenen Rhetorikdrucke. Mit ihm ist es „nun erstmals möglich, einen fundierten und weiträumigen Überblick einerseits über die in der frühen Neuzeit in den deutschen Ländern aufblühende genuine Arbeit an der Rhetoriktheorie mit allen ihren Verzweigungen und andererseits über die Auseinandersetzungen mit der Rhetoriktradition in all ihren sonstigen Verzweigungen zu gewinnen.“ (Werkeverzeichnis S. V-VI). Es ist somit die Grundlage für die umfassende Erforschung der frühzeitlichen Rhetorik- und Kommunikationsgeschichte Deutschlands und ihrer Theorie. Das Verzeichnis enthält 1639 akribisch beschriebene Rhetoriktitel nach Autoren geordnet, nach einheitlichem Schema (Name des Autors, Kurztitel, ausführlicher Titel mit ausführlichen bibliografischen Angaben und Standortangaben). Querverweise und ein Verzeichnis der Namens- und Titelvarianten schließen den Band ab. Dem Werkeverzeichnis sind 28 Abbildungen von Titelblättern der Rhetorikdrucke beigegeben. Der Band wird ergänzt durch je ein separat erscheinendes Autorenlexikon und Repertorium.

Der zweite Band Autorenlexikon verzeichnet die Kurzbiografien von etwa 900 deutschen Buchautoren aus fünf Informationsfeldern: Bildungsgang – berufliche Stationen – schriftstellerisches Gesamtwerk – Beitrag zur Rhetorikgeschichte – ausgewählte Literatur zur Biografie. Neben den bekannten Autoren wie Rudolf Agricola, Samuel von Butschky, Christoph Kaldenbach und Christian Weise und zahlreiche mit Beiträgen zur Rhetorik weithin unbekannte Autoren wie Johann Franz Buddeus, Gottfried Ludovici und Johann Andreas Schmidt finden sich auch unerschlossene Autoren wie Christoph Samuel Sperling, Jacob Sporenberg und Matthias Tinctor, von denen oft keine Lebensdaten existieren. 64 Holzschnitte oder Kupferstiche zu ausgewählten Autoren wurden aufgenommen. Der dritte Band Repertorium stellt die im Quellenverzeichnis erfassten Titel näher vor. Er gibt ausführliche Informationen über den Inhalt der Werke und erleichtert damit den Zugang zu den Werken und vereinfacht den Aufwand bei der Quellensuche erheblich. Hier finden sich 30 Frontispize aus Rhetorikdrucken.

Eine Erweiterung auf das 18. und 19. Jahrhundert erscheint sinnfällig.

Prof. em. Dieter Schmidmaier (ds), geb. 1938 in Leipzig, ­studierte Bibliothekswissenschaft und Physik an der ­Humboldt-Universität Berlin, war von 1967 bis 1988 ­Biblio­theksdirektor an der Berg­ aka­de­mie Freiberg und von 1989 bis 1990 General­direktor der Deutschen Staatsbibliothek Berlin. dieter.schmidmaier@schmidma.com

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