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Öffentliche Bibliotheken im großen Gebührenvergleich

Zwischen 45 Euro im Jahr und entgeltfrei für alle – Nutzungsgebühren können drastisch variieren

Die Bildungsexpert:innen von Preply haben einen großen Gebührenvergleich der öffentlichen Bibliotheken veröffentlicht. Grundlage bildet eine umfassende Auswertung der jährlich zu entrichtenden Nutzungsgebühren in den städtischen Bibliotheken der 100 bevölkerungsreichsten Städte Deutschlands (Stand: Februar 2023).

Öffentliche Bibliotheken leisten einen wichtigen Beitrag für die Bildungsförderung, kulturelle Entwicklung und den sozialen Zusammenhalt. Städte und Gemeinden fördern den Betrieb der kommunalen Büchereien daher aus ihrem Haushalt. So soll sichergestellt werden, dass alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen Zugang zum sinnvollen Engagement der Bibliotheken erhalten.

Hohe Nutzungsgebühren schaffen Zugangsbarrieren

Trotzdem ist eine Mitgliedschaft in einer öffentlichen Bibliothek in den meisten Fällen mit einem Jahresentgelt verbunden. Dieses kann sehr unterschiedlich hoch ausfallen, wie ein Gebührenvergleich der städtischen Bibliotheken zeigt. Im Zentrum der Studie standen das Jahresentgelt im Regeltarif, im Tarif für Bürgergeld-Empfänger (Ermäßigt) sowie der Tarif für Kinder.

Die Studie soll die möglichen Auswirkungen der Gebühren auf den Zugang zur Bildung und die Gleichheit der Menschen untersuchen. Die Ergebnisse können dazu beitragen, das Verständnis für den Stellenwert von öffentlichen Bibliotheken in unserer Gesellschaft zu vertiefen und auf Probleme im Zusammenhang mit dem Zugang zu Wissen und Informationen hinweisen.

Tabelle: Die zehn Städte mit den höchsten Gebühren im Regeltarif
sowie die fünf Städte mit den niedrigsten Gebühren im Regeltarif
,
mit Angabe zu Entgelten im ermäßigten Tarif sowie im Tarif für Kinder.
Für die Ergebnisse aller 100 untersuchten Städten in Deutschland besuchen Sie bitte: preply.com/de/blog/gebuehrenvergleich-bibliotheken-deutschland

Öffentliche
Bibliotheken

Jahresgebühr
Regeltarif

Jahresgebühr
Ermäßigt

Jahresgebühr
Kinder

1

Hamburg

45 €

20 €

6 €

2

Ulm

30 €

Kostenlos

Kostenlos

3

Köln

30 €

10 €

Kostenlos

4

Bochum

30 €

10 €

Kostenlos

5

Hildesheim

30 €

15 €

Kostenlos

6

Bonn

30 €

15 €

Kostenlos

7

Flensburg

29 €

14,50  €

Kostenlos

8

Recklinghausen

28 €

6 €

Kostenlos

9

Bottrop

27 €

13,50 €

Kostenlos

10

Bremen

26 €

16 €

Kostenlos

96

Gießen

5 €

Kostenlos

Kostenlos

97

Oldenburg

2,50 € (einmalig)

Nicht verfügbar

1 € (einmalig)

98

Ingolstadt

Kostenlos

Kostenlos

Kostenlos

99

Wiesbaden

Kostenlos

Kostenlos

Kostenlos

100

Rostock

Kostenlos

Kostenlos

Kostenlos

Ø

Deutschland

19,03 €

7,67 €

0,10 €

Erkenntnisse und Kritik

Bibliotheksgebühren in Hamburg mehr als doppelt so teuer wie der Schnitt

Mit einem Jahresentgelt von 45 Euro im Regeltarif ist die Nutzung der Stadtbibliotheken in keiner Stadt so kostspielig wie in Hamburg. Selbst bei der ermäßigten Gebühr für Empfänger von Sozialleistungen hat Hamburg mit 20 Euro/ Jahr die Nase vorn. Die Hamburger Bücherhallen betreiben 36 Standorte und bedienten zuletzt rund 2,8 Millionen Besucher, so der Jahresbericht 2021.

Mit hohen Mitgliedsgebühren schaffen Bibliotheken eine nicht unerhebliche Zugangsbarriere, die dem eigentlichen Gedanken von öffentlichen Büchereien als Ort, in dem Bürgerinnen und Bürger gleichberechtigt Zugang zu Informationen und Wissen erhalten, widerspricht. Wie es, trotz Millionenbevölkerung und vieler verschiedener Standorte, auch anders geht, zeigt die Stadt Berlin. Die Jahresgebühr für die Einrichtungen des Berliner Bibliotheksverbands VÖBB kostet im Regeltarif gerade einmal zehn Euro. Empfänger von Sozialleistungen und Kinder sind in Berlin vom Entgelt befreit.

Kinder erhalten Zugang zu Büchern meist gebührenfrei,
außer in Hamburg, Kassel und Oldenburg

In der Regel erhalten Kinder einen kostenlosen Bibliotheksausweis und sind von einem Jahresentgelt ausgenommen. Die Städte und Träger der Büchereien reagieren damit auf den besonderen Lernbedarf von Kindern und leisten einen wichtigen Beitrag im Bereich Leseförderung und freien Zugang zu Informationen, Büchern und anderen Medien.

Eine Ausnahme bilden auch hier die öffentlichen Bücherhallen der Hansestadt Hamburg. Sie sind die einzigen städtischen Bibliotheken in Deutschland, die für einen Kinder-Büchereiausweis eine Jahresgebühr verlangen. Kinder bis zu einem Alter von 8 Jahren zahlen im Regelfall mindestens drei Euro und dürfen im Laufe eines Jahres maximal 15 Medien ausleihen. Kinder und Jugendliche zwischen 9 und 17 Jahren zahlen im Regelfall sogar mindestens sechs Euro pro Jahr und dürfen maximal 30 Medien entleihen.

In Kassel und Oldenburg werden dagegen Gebühren für das Ausstellen des Kinderbibliotheksausweises verlangt. Das sogenannte “Anmeldeentgelt” kostet in Kassel 2,50 Euro und in Oldenburg einmalig einen Euro. In allen anderen 97 untersuchten Städten entfallen Anmeldegebühren sowie das Jahresentgelt für Kinder. Vereinzelt gilt das kostenfreie Angebot nur bis 12 Jahren oder bis zu 16 Jahren. In den meisten Fällen gilt es aber bis zu 18 Jahren oder vereinzelt sogar 21 Jahren.

Die Kommunen haben gute Gründe, Kindern einen niedrigschwelligen und vor allem kostenfreien Zugang zu Büchern und anderen Medien zu gewähren. Es ist eventuell an der Zeit, dass auch in Hamburg, Kassel und Oldenburg nachziehen und neue Überlegungen treffen, wie auch sie ihre Bibliotheken für Kinder und Jugendliche zukünftig über andere Wege fördern.

Bürgergeld-Regelsatz für Bildung deckt Jahresgebühr in allen Städten

Die meisten untersuchten Bibliotheken in Deutschland bieten einen ermäßigten Gebührensatz für Menschen an, die finanzielle Unterstützung erhalten. So reduziert sich der Jahresbeitrag auf eine Gebühr zwischen drei Euro, wie in Wuppertal (statt 24 Euro im Regeltarif), und 20 Euro, wie in Hamburg (statt 45 Euro im Regeltarif).

In 17 von 100 untersuchten Städten entfällt die Jahresgebühr für Bibliotheksnutzer mit nachweisbar geringem Einkommen sogar vollständig. Das ist der Fall in Ulm, Hannover, Leverkusen, Ratingen, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Düren, Dresden, Tübingen, Villingen-Schwenningen, Siegen, Esslingen, Iserlohn, Kaiserslautern, Berlin, Darmstadt, Gießen, Ingolstadt, Wiesbaden und Rostock.

Acht Städte bieten dagegen keinen Ermäßigungstarif an, nämlich Heilbronn, Ludwigshafen, Reutlingen, Braunschweig, Moers, Zwickau, Mainz und Oldenburg. Alle volljährigen Bibliotheksnutzer zahlen in diesen Städten zwischen einmalig 2,50 Euro und 20 Euro im Jahr.

Die Tatsache, dass der Anteil für Bildung beim Bürgergeld in Höhe von 0,36 Prozent (12 Monate: 21,72 Euro) in allen Städten ausreicht, um sich eine Mitgliedschaft in einer Bibliothek leisten zu können, ist ein gutes Zeichen für die Chancengleichheit und die Gleichstellung in der Gesellschaft. Je weniger Familien mit wenig Einkommen jedoch belastet werden, desto besser. So bleibt mehr Budget, um noch weitere Bildungsangebote zu nutzen als nur die Bibliotheken.

Kostenlose Stadtbibliothek für alle in Ingolstadt, Rostock und Wiesbaden

Drei Städte fielen in der Auswertung auf, weil sie ihren Bürgerinnen und Bürgern bei Anmeldung ein kostenloses Leihangebot machen. In Ingolstadt und Wiesbaden können Bibliotheksmitglieder alle Medien im Bestand kostenlos ausleihen. In Rostock ist das Ausleihen der meisten Medien frei. Die Ausnahme bilden Filme und Video- und Computerspiele, die gegen Gebühren entliehen werden können.

Grundsätzlich ist ein kostenfreies Bibliotheksangebot nur zu begrüßen, denn Büchereien spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung des lebenslangen Lernens und der intellektuellen Freiheit. Der freie Zugang ermöglicht es Menschen, ihr Wissen zu erweitern, ihre Fähigkeiten zu verbessern und ihr kritisches Denken zu schärfen.

Bestseller für Besserverdienende

Eher negativ fiel bei der Auswertung auf, dass sich einige öffentliche Bibliotheken die Leihe von sogenannten Bestsellern extra bezahlen lassen. Zusätzlich zur Jahresgebühr werden dann noch etwa 1-3 Euro pro Leihe fällig und in vielen Fällen verkürzt sich die Ausleihfrist von meist vier Wochen auf zwei Wochen.

Wie ein Bestseller definiert wird, bleibt in den Gebührenordnungen mit sogenanntem “Bestseller-Service” offen. Dort wo die Auswahl erläutert wird, richtet sich die Mehrheit nach den populären Bestsellerlisten des Spiegel-Verlags oder an den Verkaufsrankings beim Online-Marktplatz Amazon.

Kritisch ist, dass populäre Bücher und Geschichten auf diese Weise zunächst nur Menschen zugänglich gemacht werden, die es sich leisten können oder wollen. Geeigneter wäre ein gewöhnliches “First come-first serve-”Modell ohne Zusatzgebühr. Um der hohen Nachfrage entgegenzukommen, sind verkürzte Ausleihfristen in Ordnung.

Zusatzgebühren für digitale Medien, Vormerkungen und WLAN-Nutzung

Eine Mehrheit der öffentlichen Bibliotheken haben für weitere Serviceleistungen zusätzliche Gebühren implementiert. Dazu gehört unter anderem die Ausleihe von Medien, die keine Bücher sind – also Filme, CDs, Games und viele andere. Die Zusatzgebühren können gerechtfertigt sein, wenn sie in der Anschaffung und Wartung deutlich teurer sind als Bücher.

Es ist zu begrüßen, dass immer mehr Bibliotheken zu Mediatheken werden, in denen sie auch die Ausleihe von E-Books, Games, Musik oder Filmen unterstützen. Diese Mediatheken sollten jedoch bestrebt sein, ihr Medienangebot nicht nur über Zusatzgebühren zu finanzieren. Ansonsten droht, dass wieder nur Menschen Zugang zu Medien, die keine Bücher sind, erhalten, die es sich leisten können. Angemessener wäre es, alle Medien und digitalen Angebote im Jahresentgelt zu inkludieren.

Auch Zusatzgebühren für die Nutzung des WLAN oder für Vormerkungen, wie sie in einigen Bibliotheken noch zu finden sind, wirken aus der Zeit gefallen. Als Ort der Recherche und Forschung gehört der Zugang zum Internet selbstverständlich dazu. Vormerkungen, die keiner Lieferung bedürfen, kosten die Bibliothek in der Umsetzung so gut wie gar nichts, aber die Bibliotheksnutzer in der Regel etwa einen Euro oder mehr.

Zur Methodik

Es wurden die öffentlichen Stadtbibliotheken der 100 bevölkerungsreichsten Städte Deutschlands untersucht. Privat betriebene Bibliotheken wurden von der Untersuchung nicht berücksichtigt. Die Gebühren wurden den jeweiligen Gebührenordnungen der Stadtbibliotheken entnommen. Als Regeltarif gilt der Tarif für Erwachsene ohne Ermäßigung. Ab wann der Regeltarif gilt, wurde den jeweiligen Bibliotheksordnungen entnommen und kann sich zwischen verschiedenen Bibliotheken unterscheiden.

Für die Angabe des ermäßigten Tarifs wurde immer jeweils der Tarif gewählt, der Menschen, die Sozialleistungen erhalten, zusteht. Einige Bibliotheken bieten zusätzliche ermäßigte Gebühren an, zum Beispiel für Auszubildende, Senioren oder Studierende. Diese wurden nicht berücksichtigt.

Bis zu welchem Alter ein Tarif für Kinder zählt, weicht zwischen den untersuchten Bibliotheken stark ab. In manchen Fällen zählt er nur bis zu einem Alter von 11-12 Jahren, in anderen Fällen bis 21 Jahren. Es wurde der Tarif berücksichtigt, der mindestens für Kinder bis 11 Jahre gilt. Tarife für Jugendliche wurden nicht berücksichtigt.

Alle Informationen zur Auswertung sowie alle verwendeten Quellen finden sich unter: preply.com/de/blog/gebuehrenvergleich-bibliotheken-deutschland

 

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