Kinder- und Jugendbuch

Natur und Umwelt be-greifen

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 6/2021

Tereza Vostradovská: Komm mit raus, Entdeckermaus! Aus dem Tschechischen von Jaromir Konecny. 56 S., cbj Kinder- und Jugendbuchverlag, München 2019, ab 5

 

Stefanie Zysk: Verrückte Fakten über 301 Tiere. 308 S., Kosmos, Stuttgart 2019, ab 5

 

Josef Guggenmos / Sabine Kranz (Ill.): Ein Riese warf einen Stein. 30 S., Beltz & Gelberg, Weinheim 2020, ab 4

 

Mies van Hout: Von 1 bis 10. Aus dem Niederländischen von Maria Werner. 10 S., Aracari, Zürich 2019, ab 2

 

Kristina Scharmacher-Schreiber / Ferruccio Cucchiarini (Ill.): V ­ erborgene Welt der Wölfe. 96 S., Sophie, München 2020, ab 8

 

 

Silvia Borando: Schwarzer Kater, Weiße Katze. Aus dem Italienischen von Sebastian Hoch. 48 S., Freies Geistesleben, Stuttgart 2020, ab 4

Kinder wollen be-greifen. Und so entdecken und hinterfragen sie ihre direkte Umwelt und nach und nach auch die Wunder in der Natur. Fantasievoll gestaltete und informative Bilderund Sachbücher helfen dabei, ihrer Neugierde und ihrem Wissensdrang nachzukommen.

Die kleine Maus in Tereza Vostradovskás Sachbilderbuch Komm mit raus, Entdeckermaus! findet Sachbücher über Luftfahrt, Tiefsee oder Radsport am spannendsten. Doch plötzlich wachsen Wurzeln in ihr gemütliches Mäusenest unter der Erde und stören beim Lesen. „Ich bräuchte ein gutes Buch über die Natur. Dann könnte ich darin nachlesen, wo all die kleinen Wurzeln herkommen“, sagt sich die Maus und entscheidet kurzerhand selbst zu recherchieren und ein Buch zu schreiben. Zunächst erkundet sie die Umgebung rund um ihren Mäusebau, dann den Wald, Teich und Obstgarten. So beschreibt die kleine Maus-Forscherin auf großen Doppelseiten, illustriert mit vielen Details, die nummeriert und am unteren Bildrand benannt werden, Pflanzen- und Tierarten, erklärt wie die Nahrungskette funktioniert, Bäume wachsen und betreibt Vogelfederkunde. Und sie zeigt, wie man mit einfachen Mitteln Wassertiere beobachten, einen kleinen Gartenteich oder ein Herbarium anlegen kann – Anregungen, die besonders Kita- und Grundschulkinder begeistern werden.

■ Mit knalligen, warmen Farben und einfacher, großer Formgebung führt Mies van Hout in den Zahlenzauber Von 1 bis 10 ein. In diesem stabilen Pappbilderbuch kommen die Tiere auf ganz besondere, eben typisch van Hout’scher Weise lustig daher. Mit Witz macht sie dabei durch Kreise, Punkte, Striche und Streifen mit den Zahlen von eins bis zehn und wichtigen Körperteilen vertraut. So hat der dicke Bär nur einen Bauch; der Hase zeigt seine zwei Ohren und der bunte Schmetterling seine vier Flügel; mit neun Zähnen im Maul strotzt das Krokodil, nur übertrumpft von den zehn Schnurrhaaren der Katze. Dieser Spaß, der von der Dutch Foundation for Literature mit einer Subvention gefördert wurde, sollte den Kleinsten nicht vorenthalten werden.

Verrückte Fakten über 301 ­Tiere – witzig, skurril und eklig – hat Stefanie Zysk zusammengestellt. 301 Farbfotos in Postkartengröße finden sich in dem kleinen Ringbuch zum Aufstellen. Fantastische, einzigartige Nahaufnahmen der Tiere zieren jedes Blatt auf beiden Seiten. Kurze, interessante Informationen mit peppigen Überschriften begleiten die Fotos: Wer weiß schon, welches Tier keinen Föhn braucht, wer betrunken vom Baum fällt und wessen Herz so schwer wie ein Auto ist oder was es mit einer sogenannten Nickhaut auf sich hat. Seltene Waldgäste können ebenso bewundert werden wie arbeitsame Graber, gefährliche Gäste, Star-Tornados oder Zirkusnummern am Wasser. Ist die Neugierde geweckt?

Nachdem sich Wölfe auch wieder in Deutschland heimisch fühlen, werden vielerorts hitzige Debatten über Ausbreitung und Fortbestand geführt, oft gipfelnd in der Abschuss-Forderung. Kristina ­Scharmacher-Schreiber vermittelt in Verborgene Welt der Wölfe – Geheimnisse einer bedrohten Tierart viel Wissenswertes über diese Tiere. Während alle Klassenkameraden auf einer Klassenfahrt schon schlafen, hört Nele plötzlich in ihrem Zelt ein „lang gezogenes Heulen“. Hatte sie nur geträumt oder war da wirklich ein Wolf gewesen? Und tatsächlich lässt nun die Autorin einen jungen, halbwüchsigen Wolf, der dort im Wald umherstreift, über das Leben im Wolfsrudel berichten: wie ein Rudel aufgebaut ist, wie groß ihr Lebensraum ist, was Wölfe fressen, wie sie überwintern, wie sie miteinander kommunizieren und ihr Revier gegen Feinde verteidigen. Und auch Nele beginnt nachzuforschen. Sie besucht ihren Onkel, der Schäfer ist, und den Zoo, sucht im Märchenbuch und befragt Wolfsforscher im Wald. Schließlich entscheidet sie sich, einen Artikel über Wölfe für die Lokalzeitung zu schreiben. Rätsel, Mindmaps, Mitmachaktionen und ein Glossar komplettieren Geschichte und Faktisches. Ein wichtiges, gelungenes Kindersachbuch in Scrapbook-Optik, dem Ferruccio Cucchiarini mit ihren tollen, fotorealistischen Illustrationen den besonderen Pfiff gibt.

■ Wahrlich einen wunderbaren, poetischen Fingerzeig für kleine und große Leser gibt Josef Guggenmos in Ein Riese warf einen Stein. Wie eine Bombe hat ein Stein in einen Ameisenhaufen eingeschlagen, Chaos und Panik bricht aus, die Ameisen irren hilflos umher, versuchen sich zu retten und können am Ende nur Tote und Verletzte wegtragen. Großartig in wimmligen, kindgerechten Bildern von Sabine Kranz illustriert:

„Ein Riese warf einen Stein. Gänge und Zimmer stürzten ein. Hunderte brachen ein Bein. Zwei Dutzend brachen das Genick. Andere hatten Glück.“

Doch wer handelt so, fragen sich die überlebenden Ameisen, hat er die Konsequenzen überhaupt bedacht?

„Wer war der Verbrecher? Wer?

Ein Junge.

Was dachte sich der?

Nicht viel.

Er warf nur zum Spiel

Den Stein

Auf den Ameisenhaufen.“

Was könnte unterschiedlicher sein als Tag und Nacht, was gegensätzlicher als schwarz und weiß? Oder gibt es doch Gemeinsamkeiten? In der Bilderbuchgeschichte Schwarzer Kater, Weiße Katze von Silvia Borando geht es um diese krassen Gegensätze. Schwarzer Kater, von der Schnauze bis zur Schwanzspitze schwarz, ist nur tagsüber unterwegs, und natürlich Weiße Katze nur nachts. Irgendwann beschäftigt Schwarzer Kater die Frage: „was man wohl nachts am Himmel sieht“ und Weiße Katze: „was man wohl tags am Himmel sieht“. Sie folgen dem Rat ihrer Tierfreunde: „finde es selbst heraus“. So kommt es, dass sie sich begegnen, gemeinsam die Geheimnisse des Tages und der Nacht entdecken und so unzertrennlich werden, dass sie … kleine Kätzchen bekommen. Welche Farbe hat wohl der Nachwuchs in dieser zauberhaften ­Liebesgeschichte?

Renate Müller De Paoli ist freie Journa­lis­ tin.

RMDEP@t-online.de

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