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Musterverfahren zum Framing geht in die nächste Runde

 

Bundesgerichtshof verweist Verfahren zurück an Berliner Kammergericht

Am 17. Juni 2021 fand vor dem I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe die mündliche Verhandlung in dem Musterverfahren zwischen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) und der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) statt (Az.: I ZR 113/18). Im Kern geht es um die Frage, ob die VG Bild-Kunst von der DDB verlangen kann, dass diese auf ihrem Portal technische Maßnahmen implementiert, die es Dritten unmöglich macht, Bilder per Frame oder Inline Link in die eigene Website einzubetten. Hierzu hatte im März 2021 bereits der Europäische Gerichtshof (EuGH) grundlegende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts geklärt (Az.: C-392/19).

Heute hat nun der Bundesgerichtshof über das weitere Verfahren in dieser Sache entschieden. Das Musterverfahren geht in die nächste Runde. Diese findet wiederum in Berlin vor dem dortigen Kammergericht statt. Hintergrund der Verweisung ist, dass der Bundesgerichtshof nach Vorgabe der deutschen Zivilprozessordnung nicht für die Sachverhaltserhebung zuständig ist. Kommen die Karlsruher Richter daher – wie im vorliegenden Fall – zu dem Schluss, dass noch Sachverhaltsfragen zu klären sind, so sind sie gehalten, das Verfahren zur Klärung dieser Fragen zurück an das Berufungsgericht zu verweisen. Das Kammergericht hatte im Juni 2018 vollumfänglich zugunsten der DDB entschieden, woraufhin die VG Bild-Kunst Revision eingelegte und das Verfahren so bis zum EuGH nach Luxemburg gelangte. Im Zuge der nun anstehenden neuerlichen Befassung der Berliner Richter mit der Materie wird zum einen die Frage der Zumutbarkeit im Mittelpunkt der Diskussion stehen. Nach dem Willen des Bundesgerichtshof soll geklärt werden, ob es der DDB zumutbar ist, technische Maßnahmen zu ergreifen, die einen wirksamen Schutz gegen Framing und Inline Linking bieten.

Dies ist keineswegs ausgemacht. Denn bis dato gibt es – soweit ersichtlich – keine Software und keinen Algorithmus, die es mit hinreichender Sicherheit und Nachhaltigkeit bewerkstelligen, dass Dritte Vorschaubilder unautorisiert in die eigene Website einbetten. Jede Sicherungsmaßnahme im Netz hat ihre Halbwertszeit. Jeder Schutz wird über kurz oder lang von Hackern gebrochen. Das Implementieren von adäquaten technischen Schutzmaßnahmen, und nur solche lässt der europäische Gesetzgeber gemäß Art. 6 InfoSoc-Richtline genügen, ist mithin keineswegs trivial. Genau deshalb hat das Kammergericht die Aufgabe, die Zumutbarkeit näher zu prüfen.

Ein weiterer Aspekt, welcher der sachlichen Klärung bedarf, ist die Frage der hinreichenden Einbindung der eigentlichen Urheber. Die VG Bild-Kunst hat im Laufe des bisherigen Verfahrens nicht dargelegt, dass ihre Forderung nach technischen Schutzmaßnahmen in der Tat vom Willen der von ihr treuhänderisch vertretenden Rechteinhaber getragen ist. Es hat keine Mitgliederbefragung stattgefunden. Auch der Wahrnehmungsvertrag enthält keine „Ankreuzoption“, mittels derer der einzelne Urheber seinen entsprechenden Willen kundtun könnte. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch in seinem Urteil vom 9. März 2021 ausdrücklich klargestellt, dass es auf den Willen des Urhebers ankommt. Letzterer ist es, der entscheiden soll, ob seine Werke geframt und per Inline Link verknüpft werden dürfen oder nicht. Daher ist es nicht an der VG Bild-Kunst als Treuhänderin, hier eigene Interessen über den Willen des Urhebers zu stellen. In diese Richtung ist auch der Hinweis des Bundesgerichtshofs zu verstehen, der in seiner heutigen Entscheidung betont, dass maßgeblich auf „die typische, auf Rechtswahrung gerichtete Interessenlage der von der Beklagten vertretenen Urheberrechtsinhaber abzustellen ist.“ Das Kammergericht wird daher Beweis dazu erheben müssen, was der typische Rechteinhaber will. Es ist nun an der VG Bild-Kunst zu beweisen, ob der typische Rechteinhaber tatsächlich einen pauschalen technischen Schutz vor Framing wünscht.

Noch ist abzuwarten, wann das Kammergericht das Verfahren aufgreifen wird. Den Parteien steht aber sicherlich in den kommenden Wochen Gerichtspost aus Berlin ins Haus. Ob noch in diesem Jahr verhandelt werden wird, darf jedoch bezweifelt werden. Zunächst ist es an den Parteien, ihren Sachvortrag zu ergänzen und gegebenenfalls weitere Beweismittel für die eigene Sicht auf die Dinge vorzulegen. Im Anschluss wird das Kammergericht dann einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek wird in dem Verfahren von Dr. Nils Rauer, MJI (Pinsent Masons, Frankfurt) sowie dem BGH-Anwalt Peter Wassermann anwaltlich vertreten.

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de

 

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