Hella Soldan: Mit Rosen bedacht. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Rosensymbols. Marburg an der Lahn: Basilisken-Presse 2021, Hardcover, 216 S., ISBN 978-3-9822234-2-1, € 36,00.
Schwer liegt dieses Buch in der Hand, aber wie leicht, ja leichtfertig, wirkt das Rokoko-Mädchen, das den Einband ziert. In dem Rosenkorb, den sie auf dem Kopf trägt, sitzt der kleine Amor, und sie selbst schnuppert lächelnd an einer Blüte. Die Autorin dieser „Kulturgeschichte des Rosensymbols“ huldigt damit der Kunst im Neuen Schloss zu Bayreuth, „Wilhelmines Musenhof“, dem sie besonders zugetan ist. Es ist überhaupt die Vielzahl der hochwertigen, mit Bedacht ausgewählten Abbildungen, die als erstes zum Blättern, dann zum vertieften Lesen einladen (und vieles wurde eigens und stets professionell abgelichtet). Natürlich beginnt eine „Kulturgeschichte“ mit den „alten Hochkulturen des Orients“ und arbeitet sich chronologisch bis in die Gegenwart. Der lange Weg ist mit den Rosenblättern von Hella Soldans Belesenheit und Kenntnisreichtum bestückt. Und natürlich rückt sie die Rose als Liebessymbol immer wieder in den Vordergrund. Man lese ihre Deutung des titelgebenden „Wiegenlieds“ („Guten Abend, gut´ Nacht, mit Rosen bedacht“) als sanfte Einladung zum Liebeslager, im schrillen Kontrast zu Goethes „Vergewaltigungsphantasie“, das als „Heidenröslein“ bekannt ist. Das ist für Kenner nicht unbedingt neu, aber es überrascht die Zusammenstellung. Soldan nimmt kein Blatt vor den Mund, was die gebrochenen Blümchen zu Zeiten betrifft, in denen manches nur symbolisch gesagt werden durfte. Deshalb darf auch Lessings „Emilia Galotti“ nicht fehlen: „Eine Rose gebrochen, ehe der Sturm sie entblättert.“ Die Rose ist aber auch ein Name für das unsagbar Jenseitige (wie im Marienkult des Mittelalters) oder für den Zusammenhang der Dinge, den „Weltinnenraum“ (Rainer Maria Rilke). All das findet Erwähnung in diesem Buch, in dem es vieles zu entdecken gibt. Manchmal hat man den Eindruck der drangvollen Enge, wenn sich etwa die Lyriker Kolmar, Benn, Brecht, Celan („Die Niemandsrose“), Bachmann, Neruda und Gomringer mit vier, fünf Seiten begnügen müssen. Der Anspruch ist hoch, doch eine „Kulturgeschichte“, die alles berücksichtigte, würde Bände füllen, erst recht, wenn sie für kunst- und literaturtheoretische Fundamente sorgen wollte. Insgesamt lädt uns Hella Soldan als „Fliegengewicht“, wie sie sich bescheiden bezeichnet, zu Streifzügen ein, die auf gediegener Sachkenntnis beruhen und durch ihren unprätentiösen Erzählton überzeugen. Ein Buch mit Mehrmals-Effekt.
PD Dr. Reinhard Heinritz ist Literaturwissenschaftler,
dr.reinhard.heinritz@gmx.de