Betriebswirtschaft

Management – State-of-the-Art

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 1/2017

„Ein Heer von Schafen, das von einem Löwen geführt wird, schlägt ein Heer von Löwen, das von einem Schaf geführt wird.“ Frei nach dieser Maxime, entscheidet die organisatorische Ausgestaltung innerhalb der Unternehmen nachhaltig über ihren betriebswirtschaftlichen Erfolg. Um im Wettbewerb bestehen zu können, müssen Manager die strategische Grundausrichtung ihres Unternehmens zielgerichtet festlegen und knappe Ressourcen mit Augenmaß bündeln. Nur dann können sie den permanenten Wandel der Märkte meistern. Defizite gilt es deshalb frühzeitig zu erkennen und Stärken gezielt zu fördern. Diese und andere Fragen rücken drei Schriften in den Fokus, welche sich schwerpunktmäßig mit den Themenfeldern „Strategie“, „Organisation“ und „Personalführung“ beschäftigen.

Vahs, Dietmar, Organisation. Ein Lehr- und Managementbuch, 9. Aufl., Schäffer-Poeschel, 2015, 595 Seiten, EUR 39,95, ISBN 978-3-7910-3437-9.

 

Illig, Tobias, Die Stärkenfokussierte Organisation. Methoden und Instrumente des Positiven Managements, Schäffer-Poeschel, 2013, 187 Seiten, EUR 49,95, ISBN 978-3-7910-3245-0.

 

Jetter, Wolfgang, High-Energy-Organisationen, Schäffer-Poeschel, 2013, 335 Seiten, EUR 39,95, ISBN 978-3-7910-3229-0.

Das erste vorliegende Buch hat Dietmar Vahs geschrieben. Vahs, Jahrgang 1961, ist Direktor des Instituts für Change Management und Innovation an der Hochschule Esslingen. Seine Schrift zur „Organisation“ ist bereits in der neunten Auflage erschienen und darf mittlerweile als Standardlektüre auf diesem Fachgebiet angesehen werden.

Dietmar Vahs hat sein Buch in zehn Abschnitte untergliedert. In den ersten fünf Kapiteln erfährt der Leser die Grundlagen zur behandelten Thematik. Beispielsweise werden die prägenden Elemente einer Aufbauorganisation beschrieben. Außerdem findet sich darin eine umfangreiche Diskussion alternativer Organisationskonzepte (wie Funktionale Organisation, Divisionale Organisation, Matrixorganisation). Studenten werden sich wohl darüber freuen, dass Vahs ihnen etliche Vorteile und Nachteile dieser Organisationskonzepte in übersichtlicher Form mit an die Hand gibt, die sie trefflich in ihren Klausuren platzieren können.

Weiterhin widmet sich Vahs den Schwerpunktthemen „Prozessmanagement“ und „Change Management“, wobei rasch deutlich wird, dass gerade letztes Arbeitsgebiet eines der Steckenpferde des Verfasser ist. Schließlich beschäftigt sich Dietmar Vahs noch mit ausgewählten Techniken der Organisationsgestaltung (beispielsweise Delphi-Methode und Szenario-Technik), bevor er einige Anmerkungen zum Berufsbild des „Organisators“ abgibt sowie einen Ausblick auf die „Organisation von Morgen“ gewährt.

Dietmar Vahs hat eine umfangreiche Schrift zur betriebswirtschaftlichen Organisationslehre vorgelegt. Das Buch ist stringent aufgebaut, und es ist für Studierende und Praktiker gleichermaßen interessant. Viele Unternehmensfälle unterfüttern die Ausführungen des Autors. Diese Beispiele werden in übersichtlicher Form in separaten Blöcken, „Wirtschaftspraxis“ genannt, beschrieben. Es versteht sich, dass Vahs, ob der Aktualität seiner Praxisfälle, Gefahr läuft, dass einige dieser Beispiele heute nicht mehr gelten: So ist aus der im Buch angesprochenen Konzernstrategie „Mach 2018“ von Volkswagen (vgl. S. 319) mittlerweile die „VW Strategie 2025“ geworden. Doch muss man Vahs zu Gute halten, dass er diese Praxisfälle offenbar stets, von Auflage zu Auflage, überarbeitet.

Vahs ist an der didaktisch-methodischen Konzeption seines Buchs sehr interessiert. Daher überrascht es nicht, dass sich in „Organisation“ über 200 gut aufbereiteter, mehrfarbiger Abbildungen finden. Sie dienen dem besseren Verständnis der Ausführungen des Verfassers. Weiterhin gefällt, dass jedes Kapitel mit Wiederholungsfragen zum behandelten Inhalt endet, wobei Vahs auch konzise Antworten zu eben diesen Fragen gewährt.

Kurz und knapp: Die Schrift von Vahs überzeugt. Die Sprache ist verständlich, der Aufbau wohl strukturiert. Wer sich einen ersten und grundlegenden Überblick bezüglich der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre verschaffen möchte, liegt bei Vahs goldrichtig. Wer hingegen tiefere Einblicke in diverse Schwerpunktthemen der Organisation sucht, sei auf die entsprechende Spezialliteratur verwiesen.

Das zweite hier besprochene Buch, „Die Strategiefokussierte Organisation“, hat Tobias Illig geschrieben. Der Verfasser ist Inhaber einer gleichnamigen Unternehmensberatung, die in Neustadt an der Weinstraße ihre Zelte aufgeschlagen hat. Illig ist recht umtriebig in sozialen Medien unterwegs und sieht sich selbst als „Coach“ von Führungskräften. Im Untertitel seiner Schrift spricht Tobias Illig von Methoden und Instrumenten eines „Positiven Managements“ („Strengths Based Approach“).

Das Grundanliegen Illigs ist es, den Brückenschlag zwischen positiver Psychologie und moderner Betriebswirtschaft herzustellen. Dazu bedient er sich dem „Positive Organizational Scholarship“ (POS), weshalb sich in dem Buch Begriffe wie „Wellbeing-Forschung“, „Better-Life-Index“, „HeliotropesPrinzip“, „Stärkenpyramide“, „Appreciative Inquiry“ oder „Glücksatlas“ finden. Freilich sollen diese gebündelten, positiven Energien allesamt dazu dienen, die Leistungsfähigkeit von Menschen in ihren Unternehmen voran zu treiben. Denn nach Illig sind Organisationen, die sich strikt auf ihre Vorteile und Stärken konzentrieren, in Krisenzeiten widerstandsfähiger und letztendlich erfolgreicher im Wettbewerb.

Der Autor untergliedert sein Buch in acht Abschnitte: Zunächst beschreibt er die Grundlagen zur behandelten Thematik und die wesentlichen Bausteine für den Aufbau eines Positiven Managements. Anschließend widmet er sich dem Phänomen der Stärkenfokussierten Mitarbeiterführung. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Stärkenorientierte Weiterbildung und die Stärkenfokussierte Organisationsentwicklung. Ferner geht Illig auf die Spezifika eines Stärkenfokussierten Gesundheitsmanagements ein, bevor er abschließend seinen „Werkzeugkasten des Positiven Managements“ vorstellt. Das Buch von Illig ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, jedenfalls reiht es sich nicht in die „08/15-Galerie“ von Büchern zur Organisations- und Führungslehre ein. 35 Abbildungen helfen dabei, den Text besser zu begreifen. Der Schreibstil Illigs ist idealistisch, fast schon euphorisch. Jedenfalls glaubt er vorbehaltlos an die (gute) Wirkung eines Positiven Managements. Es versteht sich, dass dabei ein distanzierter Blick zu möglichen negativen „Nebenwirkungen“ der beschriebenen Instrumente und Strategien ein wenig auf der Strecke bleibt: Der Verfasser ist schließlich Berater und gewohnt, die Dinge positiv herauszustellen. Inhalte kritisch zu hinterfragen, ist nicht sein Ding.

Für wen ist das Buch von Illig geeignet? Sicherlich nicht für den „traditionellen Unternehmenslenker“, der auf den Punkt gebracht wissen möchte, wie er seine Mitarbeiter zukünftig besser motivieren und ihre Leistungsfähigkeit bestmöglich steigern kann. Dazu mangelt es dem Buch schlichtweg an Pragmatismus. Eine zielgerichtete Umsetzung der theoretisch dargestellten Konzepte in der Unternehmenspraxis erfolgt nämlich kaum. Auch ein klassischer („Output-orientierter“) Student wird mit dieser Schrift wenig anfangen können, denn zur Klausurvorbereitung dient das Buch Illigs nur bedingt. Und auch die Gefahr, dass traditionelle Wissenschaftler (Hochschullehrer) ihre Nase ein wenig rümpfen, dürfte nicht völlig unbegründet sein.

Doch mit dieser Kritik wird man Illig nicht ganz gerecht. Denn interessant ist diese Schrift für einen „querlesenden“ Betriebswirt, der nicht ständig die gleichen, sich wiederholenden Inhalte heruntergebetet bekommen möchte. Ein Leser, der offen ist für Neues, also auch einmal den Blick über den Tellerrand wagt, wird vermutlich seine Freude an dem Werk haben.

Schließlich liegt mit „High-Energy-Organisationen“ ein Buch von Wolfgang Jetter vor. Wie Tobias Illig, ist auch Jetter Berater. Er leitet eine nach ihm benannte Management-Beratung in St. Gallen. Dort widmet er sich schwerpunktmäßig den Arbeitsfeldern „Management und Führung“ (Performance Management, Change Management), „Personalmanagement“ (Personalplanung, Personalauswahl) sowie „Persönlichkeitsentwicklung“ (Talentförderung).

Jetter ist Verfasser etlicher Schriften zu besagten Arbeitsschwerpunkten seiner Consulting-Tätigkeit. In „High-EnergyOrganisationen“ beschäftigt er sich damit, wie, auf Grund aktueller psychologischer und neurowissenschaftlicher Erkenntnisse, die Leistungsfähigkeit in der Führungskräftearbeit gezielt gesteigert werden kann. Manager sollen einen Ratgeber an die Hand bekommen, der zur vollständigen Entfaltung der Potenziale ihrer Mitarbeiter seinen Beitrag leisten will. Von Haus aus ist Wolfgang Jetter Psychologe. Dies merkt man dem Buch auch an. Nach Jetter speisen sich High-Tech-Organisationen insbesondere aus vier Erfolgsprinzipien menschlicher Energie: Mentale Energie, Psychische Energie, Emotionale Energie sowie Spirituelle Energie. Diese vier Perspektiven führt Jetter zu einem High-Energy-Management-Modell zusammen, wobei hier ein wenig die Grundstruktur der Balanced Scorecard durchzuschimmern scheint.

Ob im Sport oder im betrieblichen Alltag, nach Jetter gilt: Große Leistungen brauchen unsere volle Energie. Dies ist eine der Grundthesen Jetters, wobei die Akteure jedoch immer öfter an ihre Grenzen stoßen. Die Folge sind Burn-out, Erschöpfung oder gar Depression. Jetter sucht eine Antwort auf die zentrale Frage, wie Ausschöpfung (menschlicher Potenziale) ohne Erschöpfung möglich ist.

Besonders im hinteren Teil der Schrift transferiert Jetter seine Erkenntnis in die Welt der Betriebswirtschaftslehre. Beispielsweise beschreibt er, wie sein Modell Einfluss auf die Ausgestaltung der Unternehmenskultur oder die Neuausrichtung einer Corporate Governance nehmen kann. Interessant ist zudem die Bewertung der Shareholder-Value-Philosophie: Diese wird von Jetter als „fataler Irrtum“ eingestuft. Ein klassisch ausgebildeter Betriebswirt wird hier – wohl zu Recht – stutzen. Denn Jetter diskutiert lediglich die Schattenseiten dieses Konzepts. Etwaige Vorteile des Shareholder-Value, oder seine Weiterentwicklung zum Stakeholder-Value, also einer gesellschaftspluralistischen Handlungsmaxime, verschweigt er geflissentlich. Diese einseitige Beleuchtung der Medaille stört ein wenig.

„High-Energy-Organisationen“ ist insgesamt recht flüssig niedergeschrieben worden, die Sprache anschaulich und gut verständlich. Der Aufbau erfolgt stringent, 31 Abbildungen unterstützen die Gedanken Jetters. Fazit: Das Buch liefert einige Ideen, die in der Mitarbeiterförderung hilfreich sein dürften. Es richtet sich vor allem an personalverantwortliche Entscheider in den Unternehmen. Jetter steckt in seinem Buch zwar den Rahmen zur Entstehung von „High-EnergyOrganisationen“ wohl verständlich ab. Doch mangelt es ein wenig an Vorschlägen zur Transferierung seines Konzepts in die Arbeitswelt. Konkrete Beispiele zur Umsetzung seiner Kernthesen in das betriebliche Umfeld liefert der Verfasser jedenfalls kaum.

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