Astrid Kohlmeier / Meera Klemola, Das Legal Design Buch, Wolters Kluwer, 1. Aufl. 2022, 372 S., geb., ISBN 978-3-472-09726-6. € 69,00.
Juristinnen und Juristen gelten bereits als exzellente Problemlöser. Das Thema Legal Design soll sie darüber hinaus darin unterstützen, an beiden Enden besser zu werden, d.h. nicht nur die Probleme ihrer Kundinnen und Kunden besser zu verstehen, sondern auch kreativere Lösungsoptionen und -strategien zu entwickeln. Ferner bietet Legal Design Ansätze, um eine juristische Einheit (sei es Anwaltskanzlei oder Rechtsabteilung) bei deren digitalen Transformation zu unterstützen. Denn diese verlangt, sich laufend schnell, flexibel und dynamisch anzupassen und gleichzeitig die bestehenden Rahmenbedingungen im Blick zu behalten (z.B. Kosten).
Die junge Disziplin Legal Design wendet das Thema Innovation im Recht durch Blick auf die Rolle von Design im Recht an (S. 52). Legal Design versteht sich als „Ansatz für Problemlösungen und Innovationen im Recht“. „Es verbindet juristisches Fachwissen mit der Denkweise und den Methoden des Designs und verzahnt es so mit technologischen Möglichkeiten, dass daraus insgesamt nützliche, anwendbare, verständliche und ansprechende rechtliche Ergebnisse für alle werden.“ (S. 6) Dabei zeigt sich Legal Design als sehr facettenreich (vgl. S. 82 f.). Darüber hinaus sollte gemäß den Autorinnen – nicht nur wie in ihrem Buch ausgeführt – der Einsatz von Legal Design in der Wirtschaft beleuchtet werden, sondern es müsste letzten Endes auch eine tragende Rolle dabei spielen, „ein gleichberechtigteres und zugänglicheres Rechtssystem, das es allen Menschen ermöglicht, ihr Recht zu verfolgen“ (Stichwort: „access to justice“), zu schaffen (S. 10). Die Autorinnen liefern anhand ihrer zehn Legal DesignPrinzipien (Kapitel 1) einen einfachen Einstieg in die Thematik. Darüber hinaus wird mit dem Legal Design-Prozess ein praktischer Leitfaden geliefert, um schrittweise und ausgestattet mit den richtigen Werkzeugen (Stichwort: Toolkit und Methoden) die Arbeitsabläufe rund um Legal Design besser zu verstehen und zu vereinfachen (Kapitel 4). Und das alles, ohne dass man zwingend eine „Legal Designerin“ sein oder werden muss (vgl. Kapitel 6). Dieses Buch ist eine gute Wahl für neugierige Anwält*innen, für die es nicht ausreicht, „nur“ juristisch korrekten Rechtsrat zu erbringen. Die potenziellen Leser müssen vielmehr offen für neue Herangehensweisen und innovative Formen der Rechtsberatung sein, um den Rechtsratsuchenden – natürlich aus der Sicht der Kunden – einen darüber hinaus gehenden auch nützlichen Rechtsrat mit Mehrwert zu bieten. Die beiden Autorinnen beschreiben das als Kundenerlebnis („legal user experiences“ [LUX]) (Kapitel 7). Und um den Einwand der Unverbindlichkeit gar nicht erst aufkommen zu lassen, passt es sehr gut, dass sie den Wert von Legal Design auch mit Leistungskennzahlen (KPI) messen wollen (Kapitel 8).
Was ich persönlich vermisste, war die fehlende – von juristisch konditionierten Lesern leider erwartete – numerische Strukturierung der einzelnen Titel, um sich intuitiv schneller zurechtzufinden. Ich verstehe das als „angewandte Übung“ im kreativen Denken. Dafür sind die grünen Seiten mit Zusammenfassungen sehr gefällig. Dass das Buch von zwei Anwältinnen geschrieben wurde, die aus eigener Erfahrung auf verschiedene in der Praxis bereits erfolgreich umgesetzte Projekte greifen können, erhöht die Glaubwürdigkeit ihrer Ausführungen bei ihren Berufskolleginnen und -kollegen. Mit diesem Buch wird das Thema Legal Design dem geneigten und neugierigen Leser auf einfache Weise aus der Praxis und für die juristische Praxis nähergebracht (vgl. auch Praxisbeispiele in Kapitel 5). Abschließend möchte ich gerne noch eines der zehn Prinzipien bemühen: „Urteilen Sie nicht sofort“ (S. 18). Lesen Sie bei Bedarf auch nur auszugsweise Teile des Buchs und verschaffen Sie sich ein eigenes Bild darüber, ob und wieweit Sie sich mit der Thematik Legal Design in ihrer juristischen Praxis auseinandersetzen wollen. Nützliche Impulse wird die Lektüre auf jeden Fall liefern.
Prof. Dr. Bruno Mascello, LL.M., EMBA HSG, Rechtsanwalt, Direktor Law & Management, Executive School of Management, Technology and Law (ES-HSG), Universität St.Gallen (HSG),
bruno.mascello@unisg.ch