Geowissenschaften

Landschaftsformen der Erde

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 2/2022

Detlef Busche, Jürgen Kempf und Ingrid Stengel, Landschaftsformen der Erde. Bildatlas der Geomorphologie. Darmstadt: wbg Academic, 2. überarb. Aufl. 2021. 360 S. mit 814 farb. Abb., Hardcover, ISBN 978-3-534-26825-2, € 50,00.

War die Einleitung zur ersten Auflage Julius Büdel (1903– 1983) und seinem geomorphologischen Werk gewidmet, so wird in der vorliegenden zweiten Auflage an den Mitautor Detlef Busche (1942–2011) erinnert. Es folgen Hinweise für die Benutzung des Buches und dann eine Einführung in die Geomorphologie (S.11-35) mit vielen Bezügen zu Büdels „natürlichem System der Geomorphologie“ und der in dessen Rahmen entwickelten Terminologie. Büdel selbst hat in seinem Lehrbuch „Klima-Geomorphologie“ (1977) seine Gedanken dazu vorgetragen. Das vorliegende Buch erhält seinen bleibenden Wert durch die sehr guten Fotos (zu etwa 80% aus dem Bestand von Detlef Busche), Grafiken und Texte, die die Abbildungen begleiten. Bei den Fotos sind alle Maßstäbe vertreten, vom Blick über den Grand Canyon (Abb. 339, S. 165) bis zum gekritzten Geschiebe in Südisland (Abb. 492, S.221) und der „Prallhangunterschneidung beim Auslauf eines Spülteiches einer Sandgrube, nördliches Niedersachsen“ (s. Abb. 270, S. 132). Die Stichworte dazu sind z.B. „Prallhang“ und „Niedersachsen, Nord“. Die Gliederung in 26 Kapitel ist übersichtlich, der Zugang über einfache Begriffe benutzerfreundlich.

Unter dem Titel „Landschaftsformen der Erde – Bildatlas der Geomorphologie“ sind also viele beobachtbare geomorphologisch relevante Dinge vereint. Das hängt mit der Zielsetzung des Buches zusammen, die in der Einleitung mit „Vorstellung typischer Landschaftsformen und ihrer Genese“ bezeichnet wird. Das Wort „Landschaftsformen“ ist vieldeutig und im Stichwortverzeichnis nicht vorhanden. Mit Carl Troll (1899–1975) könnte man sagen, „[…], dass das Schwergewicht von der Betrachtung der Einzelerscheinungen in der Erdhülle auf ihren Zusammenklang in der räumlichen Einheit, in der Landschaft, verlegt wird“, und weiter: „[…] von einem modernen Geographen erwartet man […], dass er eine Landschaft nach ihrem Wesen deuten und das kausale Zusammenspiel ihrer Teile verständlich machen kann“ (Troll, C., 1950, S. 163). Der Landschafts-Begriff kam 20 Jahre später in Verruf, wird aber inzwischen längst wieder verwendet.

In Besprechungen zur ersten Auflage wurde das Werk „von allen Rezensentinnen und Rezensenten der Erstauflage als große Leistung bezeichnet, die eine bislang bestehende Lücke in der geomorphologischen Wissenschaft und Ausbildung füllt“ (s. S. 8). Der Landschaftsformen-Atlas will Unterstützung geben beim Sehen, Erkennen und bei der fachlichen Interpretation von Landschafts- und Reliefformen. Das ist nicht zuletzt Inhalt geographischer Exkursionen. Andererseits hat sich die Geomorphologie schon lange, auch unter dem Einfluss von Büdel, von erklärenden Beschreibungen zu messenden Beobachtungen geomorphologischer, bodenkundlicher, biotisch- und klimabedingter Prozesse gewandelt. Bedarf an beschreibenden bildlichen Darstellungen besteht aber weiterhin, besonders bei der Vermittlung fachlicher Grundlagen im Studium, aber auch im Hinblick auf Reisende, die die reizvolle Rolle von „Entdeckern“ schätzen und nach Erklärungen für ihre Beobachtungen suchen, die man in diesem Buch finden kann.

Auch in der zweiten Auflage ist das Buch sehr ansprechend. Studierende des Faches werden es ebenso wie interessierte Laien mit großem Gewinn studieren. Das Werk wird erschlossen von einem Sachregister mit, geschätzt, 2.900 Stichworten, die auf Abbildungen verweisen, einem Regionalregister mit ca. 500 regionalen Hinweisen und zugehörigen Fotos sowie 365 Literaturangaben. Mehr als die Hälfte der zitierten Publikationen ist jünger als 35 Jahre.

Zu dem etwas abschreckenden Umfang an Begriffen sagt der geomorphologisch geschulte Verstand, dass diese an Bildern reiche Einführung in die Geomorphologie auch mit weniger Terminologie zu einem attraktiven Ergebnis gekommen wäre. Anlässlich des 60. Geburtstages von Julius Büdel hielt Herbert Lehmann (1901– 1971) den Festvortrag mit dem Titel: „Glanz und Elend der morphologischen Terminologie“. Lehmann sagte, dass wissenschaftliche Terminologie notwendig ist, aber sie ist, da sie Modellvorstellungen enthält, immer auch vorläufig. Die Modellvorstellungen sollen Vorgänge und Entwicklungen veranschaulichen, dürfen aber nicht zu Dogmen und damit zum Hindernis für weitere Forschung werden. In Anlehnung an W.M. Davis (1850– 1934) möchte man sagen: „Geh, sieh (miss) und denk“, so kommt das Neue in die Welt. (jp)

Univ.-Prof. Dr. Johannes Preuß (jp) war von 1991 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2011 Professor für angewandte Physische Geographie am Geographischen Institut der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Von 2000–2009 war er Vizepräsident für Forschung.

jpreuss@uni-mainz.de

 

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