Editorial

Für etwas brennen

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 2/2019

Diese Ausgabe des fachbuchjournals liegt auch in der Tagungsmappe des Deutschen Anwaltstags, der dieses Jahr vom 15. bis 17. Mai unter dem Motto „Rechtsstaat leben“ in Leipzig stattfindet. Der Deutsche Anwaltstag führt jährlich Anwaltschaft, Justiz, Politik, Wissenschaft und Presse zu einem rechts- und berufspolitischen Austausch zusammen und ist darüber hinaus eine der größten anwaltlichen Fortbildungsveranstaltungen. Deshalb präsentieren wir in dieser Ausgabe auf insgesamt fast 50 Seiten einen großen juristischen Schwerpunkt und stellen eine Vielfalt an Neuerscheinungen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten vor.

Dabei ist der große einleitende Beitrag sowohl für Juristen als auch für Nichtjuristen besonders lesenswert. Denn unsere Autorin beleuchtet am Beispiel von drei Juristen jüdischer Herkunft unterschiedlicher Generationen und kultureller Orientierung (Max Friedländer 1873–1956, Friedrich Weißler 1891–1937 und Fritz Valentin 1897–1984) schlaglichtartig die Tragik der Vernichtung eines großen Teils dieser intellektuellen Elite in Deutschland: „In den nur ungefähr 60 Jahren des Kaiserreichs und der Weimarer Republik haben Juristen jüdischer Herkunft die deutsche Rechtslandschaft entscheidend geprägt. Von den verfassungsrechtlichen Grundlagen über das Zivil- und Strafrecht bis zum Verwaltungsrecht und den Justizgesetzen gibt es kein Gebiet, das nicht die Handschrift jüdischer Rechtsdenker trägt. Ohne ihre Beiträge ist die deutsche Rechtsgeschichte schlicht nicht denkbar. Das gilt für die Rechtspraxis, die Rechtspolitik, die deutsche Anwaltschaft und die Rechtswissenschaft.“

Die Lebensgeschichte von Fritz Valentin zeige wie in einem Brennglas, so unsere Autorin, den steilen Aufstieg eines Ausnahmejuristen jüdischer Herkunft, seine Entrechtung, Ausgrenzung aus dem beruflichen und gesellschaftlichen Leben, „legale“ Beraubung, Ausplünderung, Vertreibung, dann aber Rückkehr nach Deutschland und aktive Beteiligung am Wiederaufbau eines anderen Deutschlands. Nach dem bitter am eigenen Leib erlebten Machtmissbrauch im Nationalsozialismus wurde für ihn die Verteidigung der Menschenwürde zum höchsten Wert. Sie musste der Maßstab für alles staatliche Handeln und die Richtschnur für jeden einzelnen Amtsträger und Bürger in seinem Berufs- und Privatleben sein. Den Rechtsstaat leben!

In einem zweiten großen Beitrag erinnern wir an die Schriftstellerin und Übersetzerin Mirjam Pressler, die am 19. Januar 2019 nach langer schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren gestorben ist. Sie schrieb über 30 Kinder- und Jugendbücher und übersetzte mehr als 300 Titel, insbesondere aus dem Niederländischen und Hebräischen. Für ihr literarisches Werk und ihr politisches Engagement erhielt sie zahllose Preise und Ehrungen. Ihre Kraft, trotz einer sehr bildungsfernen und sehr unbehüteten Kindheit und Jugend ein so großes Lebenswerk zu schaffen, macht Mut. Lesen Sie selbst.

Bei der diesjährigen Buchmesse in Leipzig erhielt ein Ausnahmeverleger den Kurt Wolff Preis für unabhängige Verlage. Andreas J. Meyer hat den von ihm 1957 gegründeten Merlin Verlag „zum Modell eines Kleinverlages gemacht, an dem sich die nachfolgenden Generationen orientieren konnten“, so die Jury. In unserem Fragebogen auf unserer letzten Seite beschreibt seine Tochter Dr. Katharina Eleonore Meyer ihren Vater als ihr großes Vorbild: unangepasst, offen, kreativ, leidenschaftlich und immer bereit, um der Sache Willen ein Risiko zu wagen. „Ich hatte Merlin als einen Kosmos erlebt, der meine Auffassung von Arbeit als ‚für etwas brennen‘ geprägt hat. Mir war völlig klar, dass sich der Merlin Verlag à la longue verändern würde, wenn ich ihn fortführe, aber mein Ansatz war zunächst einmal den Versuch zu wagen, diesen Kosmos mit den Autoren und Künstlern und ihren Werken zu erhalten. Also haben wir Ende der 90er Jahre den Generationenwechsel eingeleitet. Ganz harmonisch, ohne Streit und mit viel gegenseitigem Respekt und Vertrauen.“ Gratulation!

Und auf meiner grünen Seite empfehle ich Ihnen ein hübsches Büchlein; es enthält kleine, liebenswerte und wahre Geschichten darüber, wie und wo eine Liebe ihren Anfang nehmen kann. „Zwischen den ­Büchern. Wie mich die Liebe in der Buchhandlung traf.“ Meinen Mann habe ich übrigens in einem Antiquariat kennengelernt. ­

Angelika Beyreuther

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