Recht

Familienrecht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 5/2021

Kaiser, Dagmar / Schnitzler, Klaus / Schilling, Roger / Sanders, Anne (Hrsg.), BGB: Familienrecht, Band 4 (§§ 1297 – 1921), NomosKommentar, Nomos, 4. Auflage Baden-Baden 2021, ISBN 978-3-84874990-4, 3240 und XXXIII S., geb., € 198,00.

Nun liegt sie also auf dem Tisch, die vierte Auflage des Kommentars zum Familienrecht in der Reihe der Nomoskommentare zum Bürgerlichen Gesetzbuch. 68 Autorinnen und Autoren sind von der Herausgeberschaft aufgeboten worden, um dieses wichtige Rechtsgebiet zu beleuchten. Zu betonen ist, dass der Anteil weiblicher Verfasser bei über vierzig Prozent liegt. Das ist eine für juristische Publikationen durchaus bemerkenswerte Quote. Im Vordergrund der Darstellung stehen naturgemäß die Bestimmungen des vierten Buches des BGB, welches in Abschnitt 1 die Bürgerliche Ehe (§§ 1297 – 1588), in Abschnitt 2 die Verwandtschaft (§§ 1589 – 1772) und in Abschnitt 3 Vormundschaft, Rechtliche Betreuung und Pflegschaft (§§ 1773 – 1921) enthält. Darüber hinaus finden sich aber auch Erläuterungen zum Gesetz über den Versorgungsausglich (VersAusglG), zum Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (GewSchG) sowie zum Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG). Seit der Vorauflage sind rund sieben Jahre vergangen, es galt also eine Menge an Neuerungen in die Darstellung einzuarbeiten. Auf der Ebene des Gesetzesrechts ist zuvorderst das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlecht zu nennen, weiter ist das Gesetz zur Verhinderung von Kinderehen vom Bundestag verabschiedet worden. Selbstredend wurden auch alle anderen Teile des Kommentars aktualisiert und die neue Rechtsprechung ist eingearbeitet.

Stichproben machen die Sorgfalt der Bearbeitungen deutlich. So findet sich in der Kommentierung von Wellenhofer zu § 1356 BGB (Rn. 12 ff.) eine genaue Übersicht darüber, wie die Mitarbeit von Ehegatten im Unternehmen des Partners qualifiziert werden kann. Interessant wird das ja immer dann, wenn nach dem Scheitern der Ehe entsprechende Ansprüche geltend gemacht werden. Wie kompliziert die Berechnung von Unterhaltsansprüchen sein kann, macht die ausführliche Darstellung von Reuter/Terp zu § 1361 BGB deutlich. Dass bisweilen die Skizzierung der steuerrechtlichen Implikationen deutlich mehr Platz beansprucht als die Erläuterung der entsprechenden familienrechtlichen Norm, sieht man bei § 1371 BGB und dem Anhang von Heimann/Geißler. Wer vorhat, ein vermögensrechtliches Mandat einer in Gütergemeinschaft lebenden Person anzunehmen, erfährt von Völker (Vor §§ 1415 ff. BGB Rn. 7), dass viele Anwälte ein solches als Alptraum empfinden. Um so mehr empfiehlt sich die Lektüre der in sich geschlossenen Kommentierung der §§ 1415 bis 1563 BGB. Dass die Scheidung breiten Raum einnimmt, liegt auf der Hand. Immerhin verzeichnet das Statistische Bundesamt für das Jahr 2019 die stolze Zahl von 149.010 Scheidungen bei 416.300 Eheschließungen. Die Berechnung des Unterhalts spielt dabei naturgemäß eine wesentliche Rolle, zum „Einlesen“ empfiehlt sich der Überblick bei Schürmann (Vor §§ 1577, 1578). Ob es erfolgversprechend ist, sich wegen „grober Unbilligkeit“ im Sinne von § 1579 BGB auf einen Unterhaltsausschluss zu berufen, kann man bei Hohloch nachlesen. Relativ neu ist die Vorschrift des § 1598 a BGB, der den Anspruch auf genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung regelt. Gutzeit erklärt dazu alles Nötige, wobei auch das Samenspenderegistergesetz gehört (Rn. 19). ­Eltern, deren im Haushalt lebende Kinder keine Lust haben, die Geschirrspülmaschine auszuräumen, sollten diesen einen Text des § 1619 BGB zum Lesen geben. Vielleicht hilft ja auch die Lektüre des dazu gehörigen Textes von Czeguhn/Schmitz. Die Frage der Vertretung des Kindes behandelt dann Kaiser bei § 1629 BGB, die auch den wichtigen, in der Praxis leider nicht so bekannten § 1629 a BGB erläutert, welcher die Beschränkung der Minderjährigenhaftung regelt. Bei der Annahme als Kind ist sicherlich die Volljährigenadoption eine Besonderheit. Wann dagegen Bedenken bestehen, sagt Dahm (§ 1767 Rn. 5 ff.). Dass es bei der rechtlichen Betreuung nicht nur um juristische Fragestellungen geht, sondern es auch eine ganze Reihe anderer Aspekte zu beachten gilt, wird gleich zu Beginn des zweiten Titels des dritten Abschnitts bei den Erläuterungen von Heitmann/Füchtenkord zu § 1896 BGB deutlich. Dass der Versorgungsausgleich viele Probleme aufwirft, beweisen die rd. 350 Kommentarseiten, welche Götsche und Rehbein brauchen, um die gesetzlichen Vorschriften sachkundig zu erläutern. Das wichtige Gewaltschutzgesetz besprechen dann Heinke/Frank. Ein gewisses Alleinstellungsmerkmal kann der Kommentar durch seine vierzehn Länderberichte zum Familienrecht ausländischer Staaten für sich beanspruchen. Angesichts der Tatsache, dass gemischtnationale Ehen in Deutschland durchaus nicht ungewöhnlich sind, ist ein Blick in die betreffende ausländische Rechtsordnung im Bedarfsfalle äußerst hilfreich. Dargestellt werden England und Wales, Frankreich, Griechenland, Iran, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Russland, die Schweiz, Skandinavien, Spanien sowie die Türkei. Dem Nomoskommentar Familienrecht ist also ohne weiteres zu attestieren, dass die Bearbeitung auch in der Neuauflage in gewohnter Präzision und Aktualität erfolgt ist. Auch für das aktuelle Werk gilt, dass man Antworten auf die Fragen findet, die einem das Familienrecht stellt. Das Stichwortverzeichnis ist vorbildlich, die vielen praktischen Hinweise weisen dem Rechtsanwender den richtigen Weg. Das Fazit ist deshalb einfach: Wer sich mit familienrechtlichen Fragen auseinandersetzen will oder muss, für den lohnt sich der Griff zum Nomoskommentar Familienrecht. (cwh)

Prof. Dr. Curt Wolfgang Hergenröder (cwh), Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits-, Handels- und Zivilprozessrecht, ­Johannes Gutenberg-Universität.

cwh@uni-mainz.de

 

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