Jürgen W. Falter, Hitlers Wähler – Die Anhänger der NSDAP 1924-1933, überarb. u. erw. Neuaufl., Hardcover, geb., 494 S., zahlr. Tab. u. s/w-Abb., Campus Verlag, Frankfurt/New York, 2020, ISBN 978-3-593-51389-1, € 45,00.
„Hitler kam nicht durch Wahlen an die Macht, aber ohne Wahlen wäre er nie an die Macht gekommen“, formulierte Peter Borowsky (1938–2000) 1988 in seinem Vortrag Wer wählte Hitler und warum? Diese für manche kryptische Aussage erklärte der Hamburger Historiker schon damals überwiegend anhand der Forschungsbefunde von Jürgen W. Falter (*1944), der seit 1983 die Professur für Politikwissenschaft und Vergleichende Faschismusforschung an der FU Berlin innehatte, nachdem er zuvor Lehrstuhlinhaber an der HdB München war. Als 1991 die Erstauflage von Hitlers Wähler bei C.H. Beck erschien, schloss Falters Opus Magnum eine lange bestehende politisch-historische Forschungslücke, die vor allem den Schwierigkeiten der Akquisition der relevanten Datensätze sowie der Lösung komplexer methodischer und forschungspraktischer Probleme geschuldet war. Falters Publikation avancierte zum »Standardwerk« in einschlägigen universitären Seminaren und als Quelle im Schulunterricht; mit Recht, denn der fundierte Forschungsband bestätigte nicht nur in früheren Studien ermittelte Ergebnisse, sondern räumte auch mit leichtfertig gefällten Vorurteilen, ungeprüften Hypothesen und falschen Narrativen der Nachkriegszeit auf . Obwohl sich Hitlers Wähler an „gebildete, historisch interessierte Leser“ richtete, wurde diese Zielgruppe offenbarnicht im gewünschten Umfang erreicht, denn laut eines SWR-Interviews des Autors war der Band ein Worstseller. Umso verdienstvoller ist es, dass Falter, der von 1993 bis 2012 den Lehrstuhl für Innenpolitik und Empirische Politikforschung an der JGU Mainz bekleidete und sich als »Parteienforscher der Nation« (F.A.Z.) überwiegend aktuellen politologischen Themen gewidmet hatte, nach seiner Emeritierung im Rahmen einer Senior-Forschungsprofessur (2012–2019) nicht nur das Forschungsprojekt Hitlers Parteigenossen aufgriff und mit einer voluminösen Monographie abschloss (Rezension, s. u., sondern auch eine Neuausgabe von Hitlers Wähler vorlegte. Wer den II. Weltkrieg überlebt hatte, sah sich vor die Frage gestellt: Wie konnte das geschehen? Obwohl es immer weniger Zeitzeugen der Weimarer Republik (1919–1933) und des «Dritten Reichs» (1933–1945) gibt, machen die gegenwärtige Demokratieverdrossenheit und Radikalisierung es weiterhin wichtig, den erschreckend schnellen Weg in die Hitler-Diktatur zu kennen, zumal häufig immer noch die irrige Auffassung vertreten wird, „das Hereinbrechen einer Diktatur sei ein Naturereignis, das sich getrennt von Einzelschicksalen vorbereite und gleichsam über sie hinweggehe“ (s. A. u. M. Mitscherlichs mahnender Essay Der «Führer» ist an allem schuld [in: Die Unfähigkeit zu trauern (S. 27f., 1967)].
Dem Mainzer Politologen geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern einerseits um historische »Neugier« wie die Frage, welchen sozialen Schichten und politischen Lagern die 17 Mill. Wähler der NSDAP angehörten, die für eine unverhohlen völkisch-extremistische, rassistische, antisemitische und antidemokratische Partei stimmten, und andererseits um „demokratietheoretische[.] Erwägungen“, d.h. Erkenntnisse „über die Anfälligkeit und Resistenz von Wählergruppen gegenüber extremistischen Bewegungen und die Bedingungen politischer Stabilität und Instabilität von demokratischen Systemen in Krisenzeiten“ (S. 11). Die Soziographie der NSDAP zeigt, dass die Partei bei der Reichstagswahl 1928 nur 2,6% der Stimmen erhielt, wahlpolitisch also eine Splitterpartei war. Das änderte sich 1930, als sie mit 18,3 % zweitstärkste Partei wurde und es im Juli 1932 zum politischen Erdrutsch kam, als sie 37,4% der Stimmen erhielt und die stärkste Fraktion im Deutschen Reichstag stellte.
Da es Adolf Hitler (1889–1945) nicht gelang, mit parlamentarischen Mitteln eine Regierung zu bilden, kam es im Nov. 1932 zur erneuten Wahl, bei der die NSDAP nur 33,1% erhielt. Die liberale Vossische Zeitung sah in dem Stimmenverlust bereits den «Niedergang Hitlers», während Josef Goebbels (1897–1945) das Wahlergebnis eine «Schlappe» nannte. Für die «Hitlerbewegung» kam sie zur Unzeit, denn die Parteikasse war geleert, das braune Wählerpotential offenbar ausgeschöpft und innerparteiliche Querelen über Koalitionsstrategien bremsten jede Aussicht auf die Macht. Hitlers Taktieren bei der ihm angebotenen Regierungsbildung führte dazu, dass der Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847–1934) am 3. Dez.1932 kraft seiner verfassungsrechtlichen Befugnisse den Ex-General
Kurt v. Schleicher (1882–1934) zum Reichskanzler berief. Als dessen Pläne für einen autoritären Machterhalt fehlschlugen und er am 28. Jan.1933 zurücktrat, geschah das Unerwartete: Adolf Hitler wird am 30. Jan. 1933 Reichskanzler. Goebbels frohlockte: «Es ist wie im Traum. Die Wilhelmstraße gehört uns.»
Die im Sprachgebrauch als sog. «Machtergreifung» konstruierte historische Zäsur war also eine legale «Machtübergabe». «[A]utoritäre Einbruchsstellen» der Weimarer Verfassung [sensu K. D. Bracher (1922–2016)] ebneten den Weg in die Diktatur. Daran änderte auch die Märzwahl 1933 nichts mehr, obwohl es „noch immer die Möglichkeit [gab], auf dem Stimmzettel innerhalb des gesamten parteipolitischen Spektrums auszuwählen“ (S. 90f) und die NSDAP auch diesmal mit 43,9 % keine absolute Mehrheit erhielt!
Die 1991 als »richtungsweisend und innovativ« rezipierte1. Fassung von Hitlers Wähler blieb in der hier vorliegenden Neuausgabe im Kern erhalten, da „eine vollständige Neubearbeitung des Textes und eine Neuberechnung der dort referierten Auszählungen und statistischen Analysen nicht als notwendig [erschienen]“ (S. 15). Selbst für Kenner der Erstauflage sind allein die ausgefeilte Einleitung zur Neuauflage und die Ergänzungen zu den gängigen Erklärungsmodellen Grund genug zur Lektüre. Falter geht auf die Kritik an seiner Charakterisierung der NSDAP als «Volkspartei des Protests» (sensu Th. Childers) und seine ironische Verfremdung als «Volkspartei mit Mittelstandsbauch» ein und erklärt Diskrepanzen bezüglich des Begriffs «Volkspartei» einem unterschiedlichen Wissenschaftsverständnis geschuldet. Die Souveränität, mit der der Autor kritische Einwände selbstbewusst kommentiert, sowie sein pädagogisches Geschick bei der Darstellung der detektivischen Befunde sind ein seminaristisches Lehrstück. Ferner geht es um die Bestätigung oder Revidierung von Wählerwanderungen, die Demographie der Wähler (Geschlecht, Alter, Ortsgrößen) sowie um die bedeutende Rolle des Konfessionsfaktors für die Wahlstimmen der NSDAP und die Anfälligkeit für den Nationalsozialismus seitens spezifischer sozialer Trägerschichten (Arbeiter, Angestellte, Beamte, Rentner, Pensionäre, Hausfrauen).
Dem Autor gelingen mittels elaborierter Analysen tiefe Einblicke in Hitlers Wählerschaft und da er nicht mit soziologischem Fachjargon reüssiert, sondern seine Befunde für »Nichtspezialisten« beschreibt und komplexere Zusammenhänge wie Korrelationen und ökologische Regressionsanalysen für »wahlhistorische Spezialisten« in den Anhang verlegt, sollten sich interessierte Laien nicht vor dem Zahlenwerk scheuen.
Erweiterungen der Neuausgabe betreffen die Politische Geographie, Lokal- und Regionalstudien sowie den Einfluss von Presseklima und Parteiorganisation auf das Wachstum der NSDAP. Die Komplexität der empirischen Befunde erlaubt hier keine dem Forschungsaufwand und den differenzierten Aussagen angemessene Rekapitulation: Man sollte dazu die Studie über das Scheitern der Weimarer Republik und „[d]ie Bedeutung der nationalsozialistischen Wahlerfolge als notwendige, wenn auch zweifellos nicht hinreichende Bedingung der Hitler’schen Machtübernahme“ (S. 75) auch ein Dreivierteljahrhundert nach Ende des II. Weltkriegs als eindringliche verfallsfreie Warnung an alle Demokraten lesen: Principiis obsta! (wh)
Jürgen W. Falter, Hitlers Parteigenossen. Die Mitglieder des NSDAP 1919-1945. 1. Aufl., Hardcover, geb., 584 S., zahlr. Tab. u. s/w-Abb., Campus Verlag, Frankfurt/New York, 2020, ISBN 978-3-593-51180-1, € 45,00.
Welch ein beklemmendes Paradox: In der Nachkriegszeit wollte niemand «Nazi» gewesen sein, obwohl von 1925 bis 1945 knapp 10,2 Mill. Erwachsene in die NSDAP eingetreten waren. Ende des II. Weltkriegs waren noch rd. 9 Mill. «Volksgenossen» in der Partei, also jeder siebte Erwachsene. Der Philosoph Hermann Lübbe (*1926) nannte die zögerliche Auseinandersetzung mit der Geschichte des Dritten Reichs ein «kollektives Beschweigen». Heute klingt es absurd, dass in den ersten Nachkriegsjahren die Wahrnehmungsweise dominierte, die Bevölkerung sei Opfer von Verführung und Gewalt einer Verbrecherorganisation unter der Führung Adolf Hitlers gewesen. Erst Mitte der 1980er vollzog sich die Zäsur von einer verklärten «Vergangenheitsbewältigung» zu einem faktengestützten Geschichtsbild. Schon in den 1970ern hat Jürgen W. Falter die empirische sozio-politische Spurensuche nach den Wählern und Parteigenossen Hitlers zu einem Schwerpunkt seiner politikwissenschaftlichen Arbeit gemacht, und wie bei jeder erfolgreichen Forschung gehören auch glückliche Zufälle dazu. Als Hochschullehrer an der FU Berlin (1983–1992) hatte Falter aufgrund freundschaftlicher Verbindungen zu den damaligen Direktoren des Berlin Dokument Center die Möglichkeit, gemeinsam mit dem Soziologen William Brustein aus den Datenbeständen der Gau- und Reichsdatei der NSDAP, die der Zerstörung durch die Nazis weitgehend entgangen waren, eine Stichprobe von 42.000 Fällen zu ziehen. Damals entstanden zahlreiche Publikationen zur Soziographie der NSDAP in der Zeit von 1925–1933, aber mit Falters Ruf an den Mainzer Lehrstuhl verlagerten sich dessen Forschungsthemen.
Erst nach seiner Emeritierung 2012 und der anschließenden Ernennung zum Senior-Professor konnte Falter das Forschungsdesiderat dank üppiger Förderung wieder aufgreifen und diesmal den Fokus auch auf die Zeit nach der sog. «Machtergreifung » ausdehnen.
Es war eine Sisyphusarbeit, aus den seit 1994 in das Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde (https://www.bundesarchiv.de) überführten, uneinheitlich gespeicherten und konfigurierten Datenbeständen eine zufallsangenäherte Stichprobe von gut 50.000 Fällen und ca. 141 Merkmalen zu ziehen. Nach einigen Vor-Publikationen, wie dem Sammelband Junge Kämpfer, alte Opportunisten (2016), liegt nach herkulischer Forschungsarbeit jetzt eine imposante Monographie zur Mitgliederstruktur der NSDAP vor. Der Gliederung von Hitlers Parteigenossen folgt aus Vergleichbarkeitsgründen weitgehend der von Hitlers Wähler (Rezension, s.o.), und skizzenhafte Wiederholungen ermöglichen einen kapitelweisen Einstieg in das anspruchsvolle Werk, das Falters TINA-Prinzip folgt: „There is no alternative to empirical research“ – kokett formuliert; f-alternativlos (s. https://adwmainz.de). Zunächst geht es um die Aufnahmeregeln der NSDAP. Wie im Pamphlet Mein Kampf ausgeführt, verstand Hitler seine Organisation als eine «revolutionäre Partei», die sich auf eine «historische Minorität» von Genossen mit «arischer» Abstammung und ohne Freimaurer beschränken sollte. Als nach der Machtübertragung 1933 die sog. „Märzgefallenen […] die Partei geradezu überschwemmten“ (S. 34) und es „zu einem springflutartigen Anschwellen[.] von Mitgliedsanträgen kam“ (S. 36), erfolgte ab 1. Mai 1933 bis zum 19. April 1937 eine erste Schließungsphase, um den Zustrom von Opportunisten und Karrieristen abzuwehren und einer «Verfettung » der Partei vorzubeugen. An Hitlers Geburtstag, dem 20. April 1937, wurde die Sperre sukzessiv bis 1942 vollständig aufgehoben, bis für die Allgemeinheit eine erneute Schließung bis 1945 erfolgte. Falters quantitativ-statistische Analyse liefert detaillierte Erkenntnisse zur den Mitgliederbewegungen. Am 30. Januar 1933, dem Tag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, wies die NSDAP im Saldo 922.000 Mitglieder auf, wobei ab 1929 und verstärkt ab 1930 trotz steigender Austritte eine erhebliche Beschleunigung des Mitgliederwachstums zu verzeichnen ist. Die „Menetekel kommenden Unheils“ (S. 69) wurden aber offenbar nicht hinreichend wahrgenommen. 1933 gab es in kürzester Zeit 1.712.000 Netto-Eintritte, so dass sich die Zahl der Mitglieder auf 2.634.000 erhöhte. Dass von 1933 bis 1935 310.000 Mitglieder wieder austraten, dürfte auch enttäuschte «Alte Kämpfer» betreffen, also stramme Parteigenossen der frühen «Kampfphase», die aus Entsetzen über den «Röhm-Putsch» der Partei den Rücken kehrten.
Von 1936 bis1945 gab es 81.000 Parteiausschlüsse und über eine halbe Million Todesfälle, darunter in den Kriegsjahren 1943/1944 je 99% Männer, die im Schnitt im jungen Alter von 28 resp. 24 Jahren verstarben. Über die hinter der empirischen Soziostatistik stehenden tragischen Schicksale verraten die schieren Zahlen nichts, hier ist die Historiographie gefragt.
Zu den am stärksten von der NSDAP durchsetzten Regionen zählte Schleswig-Holstein, wo sich „bis zum Ende des Dritten Reichs […] jeder vierte Wahlberechtigte der Partei angeschlossen [hatte]“ (S. 112). Wer – wie der Rezensent als vertriebener Kriegshalbwaise Jg. 1944 – in dieser «Kalten Heimat» (sensu Andreas Kossert, 2008) aufwuchs, bekam die Nachwirkungen der Affinität der Einheimischen zum NS-Gedankengut zu spüren und sie prägten seine Sozialisation.
Dass von 1925 bis 1945 767.000 Mitglieder die Partei wieder verließen, von denen ein Viertel aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder eintrat, bedarf eingehender Interpretation, der Falter ein eignes Kapitel widmet (s. unten). Die Ergebnisse zur Demographie der NSDAP-Mitglieder: Geschlecht, Alter, Familienstand, Ortsgröße und Konfession bestätigen, wie Falter konstatiert, weitgehend bekannte Daten der demographischen Zusammensetzung, ermöglichen aber „diese Befunde weiter auszudifferenzieren, zu modifizieren und substanziell zu ergänzen“ (S. 175).
Was z.B. den Anteil weiblicher Mitglieder betrifft, so lag dieser bis 1937 bei 5-8%, stieg 1937 auf 11% und wuchs dann bis 1942 auf fast 19%. Angesichts bewusster Steuerung und als Effekt von Kriegseinflüssen betrug der Frauenanteil zwischen 1942 bis 1945 33%.
In der sog. «Kampfzeit» war die NSDAP eine ausgesprochen junge Partei mit einem Durchschnittsalter der Neumitglieder zum Zeitpunkt der «Machtergreifung» von 29 Jahren, aber in der «Systemzeit» stieg das Durchschnittsalter der organisierten Mitglieder bis Kriegsende „praktisch im Gleichklang mit der Lebensdauer der Partei“ (S. 174) auf knapp 45 Jahre. Falter betont mehrfach, dass es laut den Parteistatuten keinen Automatismus kollektiver Überführungen aus der HJ oder dem BDM in die NSDAP gab. Die Kontroverse um solche Behauptungen prominenter Zeitgenossen geht weiter.
Den Sozialen Trägerschichten nach war die NSDAP eine „höchst heterogene Partei [.], nämlich eine Volkspartei mit einem leichten Übergewicht vor allem der protestantischen Mittelschicht“ (S. 200), die zwischen 1925–1945 einen 40%igen Arbeiteranteil hatte, wovon 52% Facharbeiter aus dem mittelständischen Handwerk waren. Rund 60% aller Beamten, davon sehr viele Lehrer, waren in der Partei. Vielfach dürfte sozialer Druck dafür entscheidend gewesen sein, aber oftmals auch begeisterte Zustimmung zu der NS-Ideologie.
Was Falter selbst am meisten überraschte, war der Befund, dass die zwischen 1900 und 1915 Geborenen, also die Kohorte der Kriegskinder des Ersten Weltkriegs, knapp 60% der NSDAP-Neumitglieder zwischen 1925 und 1933 stellten, während die zwischen 1880 und 1900 geborene Frontkämpfergeneration, der auch Hitler entstammte, nur auf ein Drittel kam, d.h. im Gegensatz zu früheren Annahmen unterrepräsentiert war, womit „die NSDAP primär eine Zwei-Generationenbewegung mit Volksparteicharakter dar[stellt]“ (S. 305).
Eigene ausführliche Kapitel behandeln den Sonderfall Österreich, den Reichsgau Sudentenland und die NSDAPMitglieder in den Millionenstädten Berlin, Hamburg und Wien und liefern aufschlussreiche neue Ergebnisse. Falters Ausführungen zu den ökonomischen, ideologischen, psychosozialen und nationalistischen Eintritts- und Austrittsmotiven zur NSDAP und den Mobilitätsanreizen nach dem «General Incentives»-Modell liefern das Bild einer tief in der Gesellschaft verankerten Partei und eine über die bloße Zahl der Mitglieder weit hinausgehende Zustimmung zum Nationalsozialismus.
Das faktengespickte Opus kann niemand übergehen, der sich mit der Soziographie und Geschichte der NS-Diktatur und ihren mentalen Nachwirkungen befasst – und befassen sollte, denn die rechtsextremistische Ideologie ist in modernen Demokratien bedrohlich virulent. Falters mahnender Schluss: „Vestigia terrent: Die Spuren schrecken.“ (wh)
Prof. Dr. Dr. h.c. Winfried Henke (wh) war bis 2010 Akadem. Direktor am Institut für Anthropologie, Fachbereich 10 (Biologie), der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er ist Mitglied der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften und der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.
henkew@uni-mainz.de