Recht

Datenschutzrecht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 3/2019

Specht, Louisa/Mantz, Reto (Hrsg.), Handbuch Europäisches und Deutsches Datenschutzrecht. Betriebsspezifischer Datenschutz in Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor, C.H.Beck München 2019, ISBN 978-3-406-72539-5, 788 S., € 109,00

Viele Jahre lang hat der Datenschutz ein Dornröschendasein geführt. Es gab ihn, aber niemand nahm ihn so recht ernst. Erst die Datenskandale großer Unternehmen haben hier das Bewusstsein der Öffentlichkeit wachgerüttelt, in jüngster Zeit machten vor allem soziale Netzwerke insoweit von sich reden. Seit der Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat sich vielerorts hektische Betriebsamkeit breitgemacht, will doch niemand hohe Bußgelder riskieren bzw. Abmahnanwälten Angriffspunkte bieten. Nicht zuletzt aus den genannten Gründen haben Bücher zum Datenschutz Konjunktur, schon das schlechte Gewissen vieler Unternehmer bzw. Arbeitgeber sowie deren Beraterschaft verleitet zum Kauf einschlägiger Werke. Schon vor diesem Hintergrund lohnt sich der Blick auf das von Louisa Specht und Reto Mantz herausgegebene Handbuch, das – wie es könnte es anders auch sein – schon im Titel auf die supranationalen Vorgaben hinweist. 28 Autorinnen und Autoren aus allen juristischen Berufen nehmen sich sämtlicher Aspekte des Datenschutzrechts an. Rd. 770 Seiten reiner Text sind hierfür nötig Das Werk gliedert sich in drei Teile. Teil A ist datenschutzrechtlichen Grundlagen gewidmet. Nach einer Einführung (§ 1) werden die verfassungsrechtlichen Grundlagen dargestellt (§ 2), es entspricht der Natur dieses Rechtsgebietes, dass vor den nationalen Bestimmungen des Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz der Aussagegehalt von Art. 7 und 8 Europäische Grundrechtecharta, Art. 16 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention hinterfragt wird. Breiten Raum nehmen dann in § 3 die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein. Nach einer Darstellung des sachlichen und persönlichen Anwendungsbereichs geht es insbesondere um die Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Aber auch Fragen der Verantwortlichkeit, der Risikobeherrschung, der Selbstregulierung und einige mehr werden hier behandelt. Bei überstaatlichen Normen stellt sich stets das Verhältnis zum nationalen Recht, im konkreten Fall zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). § 4 ist dem gewidmet. Mit „e-privacy“ ist § 5 überschrieben, insoweit geht es um die EU-Strategie für einen digitalen Binnenmarkt und damit steht die EUDatenschutzrichtli- nie für elektronische Kommunikation im Fokus. Ohne Compliance geht auch im Recht des Datenschutzes nichts, § 6 trägt dem Rechnung. Besieht man sich diesen Begriff bei Lichte, so sagt er eigentlich nur Selbstverständliches und schon gar nichts Neues aus. Letztendlich geht es nämlich darum, dass sich Unternehmen und Unternehmer an das geltende Recht zu halten haben. Im Datenschutz ist das allerdings alles andere als selbstverständlich, wie die eingangs genannten Datenskandale beweisen. Nun bringt es die elektronische Kommunikation mit sich, dass Daten beliebig über Staatsgrenzen hinweg verschoben werden können. Das führt zu einer Vielzahl von Einzelproblemen, welche in § 7 aufgearbeitet werden. Ohne Sanktionen geht auch im Datenschutz nichts, deshalb werden die einschlägigen bußgeldbewehrten bzw. strafbaren Tatbestände erläutert. Der damit angesprochene § 8 schließt zugleich den ersten Teil ab. Teil B trägt den Titel „Datenschutzrecht in der Privatwirtschaft“, er dürfte bei der Leserschaft das größte Interesse wecken. In § 9 geht es um den wichtigen Verbraucherdatenschutz. Zahlreich sind hier die Einzelprobleme. Dies machen schon die spezifischen Anwendungsfälle deutlich, als da etwa wären (S. 261 ff.): „Scoring, Cookie-Tracking, Webanalytics, Profiling, E-Mail-Werbung, Telefonmarketing, Gewinnspielteilnahme, Kundenkartenprogramme, Adresshandel“ und einige mehr. Aber auch die Notwendigkeit eines Beschäftigtendatenschutz ist zwischenzeitlich ins allgemeine Bewusstsein gedrungen, § 10 ist den damit verbundenen Fragen gewidmet. § 11 beherbergt den Datenschutz in der Anwaltschaft, wer weiß schon, ob und wann ein Datenschutzbeauftragter erforderlich ist (S. 327 ff.). Dass Versicherungen Daten sammeln, weiß jeder, umso mehr ist bei dieser Branche Datenschutz geboten (§ 12). Da jedermann in seinem Leben irgendwann auf ärztliche Hilfe angewiesen ist und auch hier eine Fülle von Patientendaten anfallen, kommt § 13 mit seinem Datenschutz im Medizinsektor eine wichtige Aufgabe zu. Was den Datenschutz im Finanzwesen betrifft (§ 14), so kennt der Laie zumindest das Bankgeheimnis (S. 392 ff.). Die Ausführungen gehen darüber natürlich weit hinaus. Dass es beim Datenschutz in der Informationstechnik (§ 15) u.a. um Datenmanagement und IT-Sicherheit geht, liegt auf der Hand. Mancher Autofahrer wäre überrascht, wenn er wüsste, welche Daten seine Fahrweise und seine Wegstrecken betreffend von seinem fahrbaren Untersatz an das Werk übermittelt werden. Datenschutz im AutomotiveSektor sind daher ein wichtiges Thema, welches in § 14 behandelt wird. Datensammler gibt es auch im Energiesektor (§ 17), erst recht aber im Telekommunikationssektor (§ 18). Hier sind aber immerhin Begriffe wie „Fernmeldegeheimnis“ (S. 511 ff.) und „Vorratsdatenspeicherung“ (S. 519 ff.) ins allgemeine Bewusstsein gedrungen. Dass die Presse sowie allgemein die Medien von Berufs wegen neugierig sind, liegt auf der Hand, auch hier tut Datenschutz not, der dem gewidmete § 19 beschließt auch den privatwirtschaftlichen Teil.

Der dritte Teil C beleuchtet den öffentlichen Sektor. Auch der Staat mutiert langsam zur Datenkrake, dies beginnt schon bei den Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen (§ 20). Eine Vielzahl von Fragen wirft die Datensammlung der Polizei insbesondere auch im Hinblick auf ihre präventive Tätigkeit auf (§ 21). Hier sei nur die Videoüberwachung genannt (S. 612 ff.). Nachdem die Justiz sich ebenfalls auf dem Weg zur elektronischen Akte (S. 640 f.) befindet, sind auch hier neue datenschutzrechtliche Fragen entstanden (§ 22). Forschung und Hochschullehre (§ 23) interessieren naturgemäß die dafür Verantwortlichen. Dürfen Eltern volljähriger Kinder Schulnoten erfahren? Früher war das kein Thema, heute ist man insoweit eher sensibilisiert (§ 24). Auch Kultureinrichtungen werfen datenschutzrechtliche Fragen auf (§ 25): Wer darf wissen, wer welches Buch aus einer öffentlichen Bibliothek wann ausgeliehen hat? (S. 710 ff.). Sozialdatenschutz (§ 26) und Kirchlicher Datenschutz (§ 27) beschließen den öffentlichrechtlichen Teil.

Wer Antworten zu spezifischen Fragen des Datenschutzes sucht, wird im Specht/Mantz regelmäßig fündig werden. Das detaillierte Inhaltsverzeichnis sowie das gründliche Sachregister tragen zur Benutzerfreundlichkeit bei. Das Werk gibt einen ausgezeichneten Überblick und ist ohne weiteres zu empfehlen. (cwh) ˜

Prof. Dr. Curt Wolfgang Hergenröder (cwh), Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits-, Handels- und Zivilprozessrecht, Johannes Gutenberg-Universität, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Deutsches, Europäisches und Internationales Arbeits-, Insolvenz- und Zivilverfahrensrecht. 

cwh@uni-mainz.de

 

Ulrike Henschel: Der Richter und sein Lenker. Zur Geschichte, Systematik und Bedeutung juristischer Literatur (= Arbeitshefte der Arbeitsgemeinschaft für juristisches Bibliotheks‐ und Dokumentationswesen 26), Düns/Feldkirch: W. Neugebauer, 2018. 238 S., ISBN 978–3-85376–326-1. € 30,00.

Als 26. Band der Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft für juristisches Bibliotheks- und Dokumentationswesen (AjBD) ist eine Einführung zu juristischen Publikationsarten erschienen. Unter dem Titel „Der Richter und sein Lenker“, der eine Kritik zum Einfluss der Kommentatoren auf die Rechtsprechung aufgreift, systematisiert das Arbeitsheft die große Bandbreite der Veröffentlichungskonzepte in Rechtswissenschaft und Rechtspraxis. Es will die Vielfalt für den Bibliothekspraktiker und Nutzer durchschaubar machen, indem die Spezifika und Funktionen juristischer Publikationen ausführlich dargestellt werden. Neben den Bedingungen des Entstehens der unterschiedlichen Veröffentlichungsformate werden ihre Veränderungen im historischen Kontext nachgezeichnet und in ihrer Bedeutung für die Wissenschaft und Rechtspraxis gewürdigt. So werden die Unterschiede zum Beispiel zwischen Großkommentar, Praxiskommentar und Studienkommentar ebenso erläutert wie verlegerische Entscheidungen bei der Herausgabe von Gesetzessammlungen, Loseblattwerken oder Festschriften bis hin zu Formularbüchern, Fachzeitschriften, Amtsblättern, dem Vordruckwesen und Rechtsdatenbanken. Dabei gelingt es, in der scheinbar trockenen Materie durchaus auch manche überraschenden und unterhaltsamen Aspekte zu erschließen. Redaktionell betreut wurde das Werk von Dr. Josef Pauser, AjBDVorstandsmitglied und Bibliotheksleiter am öster­ reichischen Verfassungsgerichtshof, verfasst hat es Dr. Ulrike Henschel, Rechtsanwältin und Verlagsleiterin eines juristischen Fachverlags.

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