Desch, Wolfram (Hrsg.), Das neue Restrukturierungsrecht. Praxisfragen des StaRUG, Verlag C.H.Beck, München 2021, 143 S., ISBN 978-3-406-76887-3, geb., € 39,00.
Kluth, David / Harder, Philip-Boie / Harig, Florian / Kunz, Daniel, Das neue Restrukturierungsrecht. Unternehmensrestrukturierung durch StaRUG und Eigenverwaltung, Nomos, Baden-Baden 2022, 475 S., ISBN 978-3-8487-7163-9, geb., € 78,00.
Mit dem Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz („StaRUG“) will der Gesetzgeber die Sanierung von notleidend gewordenen Unternehmen auch außerhalb einer Insolvenz erleichtern bzw. überhaupt erst möglich machen. Das StaRUG wurde am 29.12.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat zum 1.1.2021 in Kraft. Bedenkt man, dass der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz vom 18.9.2020 datiert, der Gesetzentwurf der Bundesregierung bereits am 14.10.2020 das Licht der Fachöffentlichkeit erblickte und schon am 17.12.2020 der Bundestag und am 18.12.2020 der Bundesrat zugestimmt hatten, muss man von einer Rekordzeit sprechen, in welcher das StaRUG konzeptioniert und verabschiedet wurde. Sehen muss man freilich, dass die COVID 19-Pandemie das Ihrige zu diesem Tempo beigetragen hatte¸ zahllose Unternehmen waren in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Neben staatlichen Finanzierungshilfen sollte die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht helfen. Demgemäß war das StaRUG Teil eines übergreifenden Pakets, welches durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts („SanInsFoG“) geschnürt wurde.
Nun bringt ein neues Gesetz immer auch Rechtsunsicherheit mit sich und folgerichtig reagieren die juristischen Fachverlage mit Neuerscheinungen zum jeweiligen Regelwerk. Da höchstrichterliche Rechtsprechung bzw. Judikatur überhaupt naturgemäß erst nach einer gewissen Zeit vorhanden ist, kommt entsprechenden Erläuterungswerken ein hoher Stellenwert zu. Zum StaRUG ist im BeckVerlag nun das von Desch herausgegebene Werk erschienen, bei Nomos zeichnen Kluth, Harder, Harig und Kunz für ein entsprechendes Buch verantwortlich. Die Autorenschaft setzt sich jeweils aus erfahrenen Praktikern zusammen, welche sämtlich mit Restrukturierungsfragen sowie Insolvenzen befasst sind. Dass hier Leute am Werk sind, die etwas von der Materie verstehen, merkt man schon an den zahlreichen Praxishinweisen, welche dem mit entsprechenden Fragen befassten Rechtsanwender Leitlinien für die Behandlung der Fälle an die Hand geben. Hinzu kommen Schaubilder, um die komplexen Beziehungen verständlicher zu machen.
Inhaltlich findet man in dem Werk von Desch zunächst einmal eine Einordnung des StaRUG in das Restrukturierungsgesamtsystem sowie Ausführungen zur Gesetzeskonzeption. Interessant ist der Hinweis (S. 5), aufgrund der Komplexität des Verfahrens, den damit einhergehenden Haftungsrisiken sowie der gleichwohl nicht zu vermeidenden Insolvenz werde das StaRUG vornehmlich eine Option für gut beratene Unternehmen sein. Das deckt sich mit den Erfahrungen aus dem Insolvenzplanverfahren. Auf der anderen Seite macht es deutlich, wie wichtig die einschlägige Literatur dazu sein wird. Der erste größere Abschnitt (§ 2) ist denn auch den Verfahrensbestimmungen gewidmet, insbesondere den Zugangsvoraussetzungen sowie der Restrukturierungsfähigkeit. Natürlich dürfen die allgemeinen Bestimmungen nicht fehlen. Breiten Raum nimmt dann der Restrukturierungsplan ein (§ 3). Da dessen Intention schon bislang im Insolvenzplan ihren Niederschlag fand, orientieren sich die Bestimmungen des StaRUG an den entsprechenden Aussagen der Insolvenzordnung (S. 27). Dies erleichtert etwas das Verständnis des Regelwerkes. Schon die Überschriften der einzelnen Abschnitte – Darstellender Teil, Gestaltender Teil usw. – klingen regelmäßig vertraut. Mit Stabilisierungsmaßnahmen ist der nächste Abschnitt des Buches (§ 4) überschrieben. Wichtig sind hier insbesondere deren Wirkungen (S. 53 ff.). Beim Restrukturierungsbeauftragten (§ 5) wird die Praxis – die Bemerkung sei erlaubt – nicht zuletzt die Vergütung interessieren (S. 70 ff.). Von großer Bedeutung sind die anschließenden Ausführungen zur Organhaftung in der Restrukturierung (§ 6). Da darf dann die Berufshaftung nicht fehlen (§ 7). Die Sanierungsmoderation folgt als Nächstes (§ 8). Bei den Änderungen der Insolvenzordnung (§ 9) steht naturgemäß die Eigenverwaltung im Vordergrund (S. 111 ff.). Der letzte Teil des Buches (§ 10) befasst sich mit den flankierenden Neuregelungen, wobei zwei Aspekte besonders betont werden: zum einen die Änderungen des COVInsAG (S. 132 ff.), zum anderen Fragen der Anfechtung von Rechtshandlungen, die während der Rechtshängigkeit des Restrukturierungsverfahrens vorgenommen werden (S. 138 ff.). Vor jedem Abschnitt findet man aktuelle Literaturhinweise. Vom Umfang her dreimal so stark ist das Werk von Kluth, Harder, Harig und Kunz. Begonnen wird mit dem unionsrechtlichen Hintergrund des neuen Restrukturierungsrechts (§ 1), wobei auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten geworfen wird. Die Modifizierung der Insolvenzantragsgründe steht an nächster Stelle (§ 2). Alte und neue Rechtslage werden hier einander gegenübergestellt. Mit „Krisenfrüherkennung und -management“ ist der nächste Paragraf überschrieben (§ 3). Bei der Sanierungsmoderation (§ 4) wird der Leserschaft ein Musterantrag zur Einreichung beim Restrukturierungsgericht zur Verfügung gestellt (S. 94). Die Stabilisierungsinstrumente behandelt § 5, wobei die Ausführungen allerdings weit über das hinausgehen, was die Überschrift aussagt. Auch Zuständigkeitsfragen und Verfahrensgrundsätze werden hier behandelt. Das Verfahren im Einzelnen wird dann im nächsten Abschnitt (§ 6) erläutert. Einen gewissen Schwerpunkt der Darstellung bildet der Restrukturierungsplan (§ 7), wobei die Einzelheiten der Abstimmung gesondert dargestellt werden (§ 8). Gerichtliche Planabstimmung (§ 9) und -bestätigung (§ 10) folgen. Eingegangen wird auch auf öffentliche Restrukturierungssachen (§ 11). Anfechtungs- und Haftungsrecht schließen sich an (§ 12). Man braucht nur die Überschriften der einzelnen Passagen zu lesen, um zu erkennen, wie schnell man in die Haftung geraten kann. Damit korrespondieren die Anzeigepflichten (§ 13). Um die Restrukturierung nicht zu gefährden, sind Lösungsklauseln verboten (§ 14). Eine neue Institution im deutschen Recht ist der Restrukturierungsbeauftragte (§ 15), dass seiner Vergütung vergleichsweise breiter Raum gewidmet wird, dürfte den interessierten Kreisen geschuldet sein. Die Beteiligung von Arbeitnehmern und Gläubigern (§ 16) sowie insolvenzrechtliche Änderungen mit Sanierungsbezug werden danach besprochen (§ 17). Aktuelle Änderungen der Insolvenzordnung in Bezug auf die Eigenverwaltung (§ 18), den Insolvenzplan (§ 19) sowie die Haftung (§ 20) bilden den Schluss der Darstellung. Hervorgehoben seien noch die detaillierten Gliederungsüberschriften vor den einzelnen Abschnitten, welche den Zugang zu Einzelfragen sehr erleichtern. Ein Stichwortverzeichnis fehlt in beiden Werken natürlich auch nicht. Wer also eher eine Einführung in das StaRUG sucht, findet sie im Desch, wer tiefer einsteigen möchte, nehme den Kluth/Harder/Harig/Kunz. (cwh) ⬤
Prof. Dr. Curt Wolfgang Hergenröder (cwh), Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits-, Handels- und Zivilprozessrecht, Johannes Gutenberg-Universität, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Deutsches, Europäisches und Internationales Arbeits-, Insolvenz- und Zivilverfahrensrecht. cwh@uni-mainz.de