Wirtschaft

BWL für die Hosentasche

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 6/2017

Der Wiley-Verlag hat mit seiner signalgelben Dummies-Reihe scheinbar den Nerv der Zeit getroffen: Eine Vielzahl von Themen wird leicht verständlich und komprimiert aufbereitet. Es geht um wirtschaftswissenschaftliche Spezialgebiete wie Unternehmensführung, Kosten- und Leistungsrechnung, Rechnungswesen, Börse, Projektmanagement oder Marketing. Aber auch die Betriebswirtschaftslehre und die Volkswirtschaftslehre im Allgemeinen werden in der Dummies-Reihe thematisiert. Wirtschaftsstudenten müssen die Bücher nicht in einer sichtgeschützten Tasche verstecken aus Angst davor, als Dünnbrettbohrer entlarvt zu werden. Denn der Blick in die Dummies-Reihe kann sich für Examenskandidaten durchaus lohnen, indem sie ihr Wissen vor einer Prüfung auffrischen. Dann lautet die Parole: „Wissensoptimierung nach dem Minimalprinzip“. Fachfremde Leser gewinnen einen raschen Einblick in betriebs- und volkswirtschaftlich relevante Themenfelder. Zwei Bücher der Dummies-Sammlung werden hier näher betrachtet.

Amely,Tobias/Krickhahn, Thomas, BWL für Dummies, 3. Auflage, Wiley-Verlag, 2016, 447 Seiten, EUR 14,99, ISBN 978-3-527-71239-7.

Bortenlänger, Christine/Kirstein, Ulrich, Börse für Dummies, 5. Auflage, Wiley-Verlag, 2016, 387 Seiten, EUR 19,99, ISBN 978-3-527-71240-3.

 

In den Dummies-Büchern werden allerlei Themenfelder behandelt. Es geht darin um rechtliche Fragen (BGB oder Arbeitsrecht), Sprachen (Arabisch, Japanisch und Italienisch), Musik (Jazz, Songwriting, Komponieren), um Internet, Mythologie, Philosophie, Auto-Reparatur, Networking, Schwangerschaft, Zaubertricks oder Wein. Zu jedem dieser Spezialgebiete – und noch vielen mehr! – ist in der Reihe ein separates Dummies-Buch erschienen, das sowohl als Printversion wie als E-Book erhältlich ist.

Im Englischen versteht man unter einem „Dummy“ eine Leerpackung oder einen Dummkopf. Wer daraus schließt, dass die Bücher somit für „Dummköpfe“ interessant seien, ist freilich auf dem Holzweg. Es geht vielmehr darum, dass diese Publikationen kein Vorwissen voraussetzen. Man ist als Leser in der Lage, die Inhalte quasi „mit leerem Kopf“ („bei null beginnend“) zu verstehen. Es sind Sachbücher, die dem Betrachter dabei helfen, einen möglichst schnellen Einblick in ein bestimmtes Themengebiet zu erlangen. Spezialisten schreiben als freie Autoren in der Reihe mit; das Repertoire wird stetig erweitert. Die Dummies-Reihe startete im Jahr 1991 mit „DOS für Dummies“ („DOS for Dummies“). Es existierten seinerzeit nur wenige Anfängerschriften, wenn es um das Verständnis rund um das Betriebssystem MS-DOS ging. Überhaupt setzten sich die ersten Dummies-Bücher mit der Computernutzung an sich auseinander. Erst später erweiterte sich dieses Spektrum um andere Themen. Der Startschuss erfolgte in Amerika, initiiert vom Verlag John Wiley and Sons, der in New Jersey beheimatet ist; in Deutschland werden die Dummies-Bücher von der Tochtergesellschaft Wiley-VCH herausgegeben, ein ehemaliger Chemie-Verlag, der in Weinheim an der Bergstraße sitzt. Die Aufmachung der Bücher folgt immer der gleichen Struktur. Es finden sich darin lustige Cartoons, die auch den trokkensten Stoff aufzulockern vermögen. Auffällige Symbole begleiten den Leser durch das gesamte Buch. So steht eine Bombe mit lodernder Zündschnur für „Vorsicht!“, diese Passagen des Buches sollte man besonders gewissenhaft durchschauen. Auch weitere markante Symbole verweisen auf besonders wichtige Inhalte. Ein Männchen mit erhobenem Zeigefinger bedeutet, dass im nachstehenden Absatz tiefer Schürfendes zu finden ist. Eiligen Lesern wird der Rat erteilt, diese Inhalte zu überspringen. Die Sprache in den Dummies-Büchern ist einfach gehalten, dennoch seriös. Auf ausschweifende Anekdoten wird verzichtet. Es geht um den Transfer von Kernbotschaften, häufig durch Bespiele untermauert. Wer die Buchmesse 2017 in Frankfurt besuchte und dort durch die Halle 4.2 flanierte, konnte sich im Ausstellungsbereich des Wiley-Verlages einen unmittelbaren Eindruck von der Reihe verschaffen. Schon von weitem wurden die quietschgelb und schwarz gemusterten Bücher zu echten „Eyecatchern“. Optisch assoziiert wohl mancher an Fußball interessierte Leser deren grellgelb und schwarz kombiniete Aufmachung mit den Vereinsfarben von Borussia Dortmund.

Hier sollen zwei Bücher aus der Dummies-Reihe besprochen werden: Das erste beschäftigt sich mit Fragen rund um die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, im zweiten dreht es sich speziell um die Börse. „BWL für Dummies“ ist bereits in dritter Auflage erschienen. Tobias Amely ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Rechnungswesen und Finanzwirtschaft, an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Eines seiner bevorzugten Arbeitsgebiete: Bankmanagement. Außerdem führt Amely offenbar gern Unternehmensplanspiele durch. Aktuell ist er damit beschäftigt, die Dummies-Reihe mit einer Schrift zu „Investition und Finanzierung“ zu erweitern. Thomas Krickhahn ist eine promovierte Lehrkraft für besondere Aufgaben an der gleichen Hochschule. Er beschäftigt sich beispielsweise mit dem Thema Corporate Social Responsibility, also der gesellschaftspolitischen Unternehmensverantwortung. Das Buch „BWL für Dummies“ ist in fünf Hauptabschnitte untergliedert. In Anlehnung an die betriebswirtschaftliche Differenzierung Erich Gutenbergs, beschäftigen sich Amely und Krickhahn im ersten Teil mit den Arbeitsgebieten „Beschaffen, Herstellen und Verkaufen“. Bevor sie auf diese Funktionen eingehen, klären sie Fragen zur Rechtsform und zur Standortwahl. Der Leser erfährt in diesem Kapitel die Grundlagen der Materialwirtschaft. Man merkt schon ein wenig, dass die Inhalte dieses Kapitels nicht zu den Steckenpferden der Autoren zählen. So verweilen Amely und Krickhahn noch in der Welt von Just-in-Time, die Weiterentwicklung zu Just-in-Sequence bleibt unerwähnt. Im Rahmen der Fertigung werden die Produktionsfunktionen ausführlich gekennzeichnet. Fertigungsverfahren (Werkstatt, Sorte, Serie, Masse) werden hingegen nur gestreift. Im Kapital Marketing geht es erwartungsgemäß um die „Vier-P der Absatzwirtschaft“, den Marketing-Mix: Preis, Produkt, Promotion und Placement.

Im zweiten Hauptteil widmen sich die Verfasser „dem lieben Geld: Investition und Finanzierung“. Darin werden Finanzierungsinstrumente (Leasing, Factoring) ebenso beschrieben wie unterschiedliche Investitionsrechnungen. Gut gelungen sind die betriebswirtschaftlichen Querverweise, wenn die Autoren beispielsweise die klassische Investitionsrechnung zur Nutzwertanalyse (Entscheidungsmatrix) erweitern. Innerhalb des dritten Hauptkapitels beschäftigen sich Amely und Krickhahn mit der Organisation und der Führung von Unternehmen. Der Leser erfährt, wie ein Unterhemen „gemanagt“ werden kann, welche organisatorischen Strukturierungsalternativen sich bieten (Aufbauorganisation, Ablauforganisation) und welche Entscheidungen sich rund um das Personalmanagement stellen (Personalbeschaffung, Personalfreisetzung, Mitarbeitermotivation).

Knapp hundert Seiten räumen Amely und Krickhahn dem Kapitel Rechnungswesen ein. Darin berichten die Autoren von den Bestandteilen des externen Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Lagebericht, Kapitalflussrechnung), der internen Kostenverrechnung und dem Controlling. Betriebswirtschaftliche Sonderfragen diskutieren Tobias Amely und Thomas Krickhahn schließlich im fünften Hauptabschnitt, der die Überschrift „Top-Ten-Teil“ bekam. Zunächst stellen sie darin zehn mögliche Stolpersteine der Betriebswirtschaftslehre vor (Liquiditätsfalle, Zahlengläubigkeit, Fixkostenfalle). Anschließend knüpfen sie sich zehn Begriffe vor, auf die sie in der Folge näher eingehen wie Wirtschaftlichkeitsprinzip, Soft Skills, Eigenkapitalrentabilität, Cash Flow. Das Buch ist allen Leser zu empfehlen, die sich einen schnellen Einblick in die Welt der Betriebswirtschaftslehre verschaffen wollen. Die Präzision erfolgt freilich in anderen Schriften. Auch wer nicht vom „Fach“ ist, kann sich in „BWL für Dummies“ unmittelbar zurecht finden. Diese Quereinsteiger müssen nicht verzweifeln, hier wird wenig Fach-Chinesisch geschwafelt. BWL-Studenten werden dem Buch ebenfalls einen nicht unerheblichen Nutzen abgewinnen. Wenn sie sich auf ihr Examen vorbereiten, beispielsweise mündliche Abschlussprüfungen, besteht die Möglichkeit, rasch noch die eine oder andere Lernlücke zu schließen. Den betriebswirtschaftlich versierten Leser hingegen interessiert „BWL für Dummies“ nicht. Er erfährt nichts Neues und gibt sich vermutlich mit den (gewollt) oberflächlichen Umschreibungen nicht zufrieden. Doch dieser Spezialist zählt auch nicht zur Zielgruppe des Buches. Falls sich Amely und Krickhahn an die Erarbeitung einer Viertauflage setzen sollten sie überlegen, ob sie diese nicht um die Arbeitsfelder „Informationstechnologie“ und „Betriebswirtschaftslehre für Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)“ erweitern wollen.

„Börse für Dummies“ erschien bereits als Fünftauflage. Bortenlänger ist promovierte Betriebswirtin, eine Bankerin durch und durch. Früh zog es sie zur Börse. Bis zum Jahr 2012 war sie stellvertretende Geschäftsführerin der Bayerischen Börse. Seit dieser Zeit führt Bortenlänger das Deutsche Aktieninstitut in Frankfurt. Ulrich Kirstein ist von Haus aus studierter Betriebswirt sowie Kunst- und Literaturwissenschaftler. Er ist seit dem Jahr 2010 Pressesprecher und Leiter Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Börse.

Wie nicht anders zu erwarten, ähneln sich beide Bücher in ihrem Aufbau. Bortenlänger und Kirstein untergliedern ihre Schrift in sechs Hauptabschnitte. Im ersten Teil vermitteln sie grundlegende Informationen zur Börse. Darin erklären sie beispielsweise die historische Entwicklung und die Grundfunktionen der Börse. Der Leser erfährt, warum ein vorbörslicher Aktienhandel interessant sein kann und welche Risiken damit verbunden sind. Außerdem wird die Entstehung und die Vermeidung von Finanzkrisen thematisiert.

In zweiten Teil gehen Christine Bortenlänger und Ulrich Kirstein auf Aktien, Derivate und Zertifikate ein. Sie beschreiben unterschiedliche Aktienarten, welche Strategien beim Aktienkauf wichtig sind, was man unter einer Call- und einer PutOption versteht und welche Arten von Zertifikaten es gibt. Im dritten Hauptabschnitt widmen sich die Verfasser den Festverzinslichen Wertpapieren und der damit verbundenen Bedeutung von Zins- und Kursänderungen. Außerdem beschäftigen sie sich mit der Funktion des Staates für den Wertpapierhandel an sich.

Mehr als 40 Seiten räumen die Verfasser im vierten Hauptkapitel Investmentfonds ein. Sie beschreiben eine Vielzahl möglicher Fondstypen (Hedgefonds, Immobilienfonds). Es ist aber auch von Preisaufschlägen oder Zusatzkosten die Rede und wie diese möglichst zu umgehen sind. Im fünften Teil zeigen Bortenlänger und Kirstein den Zusammenhang von Informationsgewinnung und Strategiefindung für den Dax und weitere Indizes auf. Die Rede ist von Anlagestrategien und Marktanalyseformen. Schließlich endet das Buch in seinem sechsten Kapitel mit dem obligatorischen Top-Ten-Teil. Darin finden sich die zehn wichtigsten Börsenregeln, die zehn größten Psychofehler an der Börse und die zehn bedeutsamsten Steuerauswirkungen, die mit Börsengeschäften verbunden sind. Die „Börse für Dummies“ verschafft dem Leser einen kompakten Einstieg in die Thematik. Das Buch ist eine Art „Infotainment“ im besten Sinne. Ein Anfänger wird wohl strukturiert in die Wunderwelt der Börse eingeführt. In dem Buch finden sich die wichtigsten Börsen-Begriffe. Der Schreibstil ist angenehm, die Verfasser verzichten auf umständliche Schachtelsätze. Es herrscht Alltagssprache, nicht „Börsenkauderwelsch“. Bortenlänger und Kirstein verstehen sich darauf, kompliziertere Abläufe leicht nachvollziehbar darzustellen. Dies kann nur gelingen, weil die Autoren die notwendigen Fachkenntnisse rund um die Börse mitbringen. Wer allerdings kritische Worte zu Börsengeschäften sucht, oder danach Ausschau hält, welche Gefahren mit Börsentransaktionen verbunden sein können (z. B. Aktienrisiken), wird an anderer Stelle suchen müssen. Diese Aspekte werden in dem Buch lediglich gestreift. (hw) ¢

Prof. Dr. Hartmut Werner (hw) wurde im Anschluss an sein wirtschaftswissenschaftliches Studium Assistent des Finanzvorstands beim Handelsunternehmen JVC Germany. Anschließend wechselte er in die Industrie zu Continental Automotive Systems. Dort durchlief er in führenden Positionen die Bereiche Zentralcontrolling, F&EControlling, Einkaufscontrolling, Projektcontrolling, Logistikcontrolling, Zentrale Logistik und Leiter Werkslogistik. Während dieser Zeit erfolgte die externe Promotion zum „Strategischen Forschungs- und Entwicklungscontrolling“. Seit 1998 lehrt Prof. Werner Controlling und Logistikmanagement an der Hochschule RheinMain (Wiesbaden Business School).

Hartmut.Werner@hs-rm.de

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