Recht

Bürgerliches Recht

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 6/2022

Prütting / Wegen / Weinreich (Hrsg.), BGB. Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, Luchterhand Verlag, 17. Aufl., Köln 2022, ISBN 978-3-47209747-1, 3.968 S., geb., € 130,00.

    Kommentare zum Bürgerlichen Gesetzbuch gibt es viele, manche blicken auf eine jahrzehntealte Tradition zurück, andere sind jüngeren Datums. Zu den letzteren zählt der Prütting/Wegen/Weinreich, dessen erste Auflage im Jahre 2006 erschien. Dass sich das Werk im Kommentarschrifttum etabliert hat, beweist nichts besser als die Tatsache, dass das Buch seitdem jedes Jahr in einer Neuauflage auf den Markt gekommen ist. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch mit seinen Nebengesetzen schafft ab einer gewissen Tiefe der Kommentierung kein einzelner Autor mehr alleine. Immerhin 56 Autoren aus Praxis und Wissenschaft bürgen dafür, dass der Leser in den Kerngebieten des Zivilrechts auf dem neuesten Stand gehalten wird. Naturgemäß liegt der Schwerpunkt auf dem BGB mit stolzen 3.277 Seiten Umfang, wobei sinnvollerweise Nebengesetze im Anhang zu BGB-Bestimmungen kommentiert werden, wenn dies der Zusammenhang gebietet. So findet man etwa das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) hinter § 1836 BGB. Was zeichnet die siebzehnte Auflage aus? Hervorgehoben werden soll einmal mehr die Aktualität des Kommentars. Wenn man das Vorwort liest, wird deutlich, was die Autorenschaft alleine im Hinblick auf gesetzliche Neuregelungen zu leisten hatte. Insbesondere gilt dies für das Schuldrecht, zu nennen sind in erster Linie die Bestimmungen über den digitalen Vertrag (§§ 327 – 327u BGB) sowie die Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie der Europäischen Union in §§ 475 – 479 BGB. Dass die genannten Normen bereits kundig kommentiert sind, wird die Praxis danken, ist ihre Bedeutung doch immens. Zu nennen sind weiter das Stiftungsrecht (§§ 80 – 88 BGB) sowie das Vormundschafts- und Betreuungsrecht (§§ 1773 – 1888 BGB). Auch hier waren viele Teile neu zu schreiben. Zu berücksichtigen waren wie stets zahlreiche Gerichtsentscheidungen, welche seit der Vorauflage verkündet wurden. Dass sich Bearbeiter nicht scheuen, auch die Gegenposition zum BGH zu vertreten, macht ein Blick auf § 434 Rn. 95 deutlich, wo Wagner erst dann einen Mangel des Kraftfahrzeugs bei einer illegalen Abschalteinrichtung annehmen will, wenn eine Betriebsuntersagung die Folge ist. Die bloß abstrakte Gefahr der Betriebsuntersagung soll nicht ausreichen. Umweltbewusste Autofahrer dürften dies anders sehen, Eingehend Berücksichtigung erfährt das Internationale Privatrecht, zu nennen sind neben dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch die ROM I-Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht, die ROM II-Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht sowie die Rom III-Verordnung zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts. Deutlich wird einmal mehr, dass aufgrund des Einflusses des Rechts der Europäischen Union kaum mehr ein Kommentar ohne Berücksichtigung supranationalen Primär- und/oder Sekundärrechts auskommen kann. Beim Internationalen Gesellschaftsrecht liegt der Schwerpunkt auf der Reichweite des Gesellschaftsstatuts (S. 2528 ff.). Was die EU-Verordnungen betrifft, folgt deren Bedeutung schon daraus, dass sie in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht darstellen und nationalem Recht vorgehen. Demgemäß findet man im Kommentar Erläuterungen zur Verordnung (EU) Nr. 2016/1103 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (EuGüVO), zur Verordnung (EU) Nr. 2016/1104 zur Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher Wirkungen eingetragener Partnerschaften (EuPartVO) sowie zur Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht sowie zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (EuUntVO). Natürlich findet man auch alles Wissenswerte zu den Haager Protokollen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HaagUntProt) sowie über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (KSÜ). Das Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) schließt sich an, die wichtige Verordnung (EU) Nr. 650/2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EuErbVO) bildet den Abschluss der überstaatlichen Rechtsquellen. Darüber hinaus werden im Prütting/Wegen/Weinreich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – in welchem Lingemann auch das Arbeitsrecht erläutert –, das Gewaltschutzgesetz (GewSchG), das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG), das ProdukthaftungsG (ProdHaftG), das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sowie das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) dargestellt. Einen Schwerpunkt bildet dann noch das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Anders als der Titel vermuten lässt, ist also nicht nur das Bürgerliche Gesetzbuch Gegenstand der Kommentierung, sondern diese erstreckt sich auch auf die wichtigsten zivilrechtlichen Nebengesetze.

    Dass der Kommentar ein ausgezeichnetes Stichwortverzeichnis hat, sei noch erwähnt. Fazit: Das Werk hält, was die Vorauflagen schon versprochen und bewiesen haben. Nicht nur wer für eine bestimmte Frage zivilrechtlicher Natur eine Antwort sucht, sondern auch wer tieferschürfend systematische Ansprüche hat, wird im Prütting/Wegen/Weinreich jedenfalls nicht nur fündig werden, sondern auch eine kundige Beratung erfahren. Was will man mehr von einem guten Kommentar? (cwh)

     

    Ulmer / Brandner / Hensen, AGB-Recht Kommentar, 13. Aufl., Dr. Otto Schmidt, Köln 2022. ISBN 978-3-504-45112-7. XXXVIII, 2.197 S., € 229,00.

      Das AGB-Recht wird seit 45 Jahren von diesem führenden Kommentar nicht nur erläutert, sondern in seiner Entwicklung auch mitgestaltet. Der aus Anlass der Verabschiedung des AGB-Gesetzes Ende 1976 von Peter Ulmer (bis zur 12. Auflage noch als Mitautor genannt), Hans Erich Brandner und Horst-Diether Hensen begründete und rasch zum

      Standardwerk gewordene Kommentar trägt noch immer den Namen seiner Begründer, die Bearbeitung liegt nun in den Händen von zwölf renommierten Hochschullehrern und Rechtsanwälten. Neu hinzugekommen sind in der Neuauflage die Rechtsanwälte Wolfgang Abel und Wolfgang Schindler, die gemeinsam den neuen § 309 Nr. 15 BGB kommentieren.

      Die seit Erscheinen der Vor­auf­lage (2016) angefallene Fülle an Material, darunter eine Vielzahl höchstrichterlicher Urteile des BGH, des BAG sowie des EuGH ließ eine umfassende Überarbeitung und Fortschreibung der Kommentierung geboten erscheinen. Das Autorenteam hat die relevante Rechtsprechung sowie zahlreiche Gesetzesänderungen, u.a. die Verbandsklagenrichtlinie (RL EU 2020/1828) und die Änderungsrichtlinie zur EU-Klauselrichtlinie (RL EU 2019/2161), das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs v. 26.11.2020 und das Gesetz für faire Verbraucherverträge eingearbeitet. Letzteres hat ein neues Klauselverbot für Abtretungsausschlüsse in § 308 Nr. 9 BGB und Änderungen des die Laufzeit von Dauerschuldverhältnissen regelnden § 309 Nr. 9 BGB gebracht, die von Harry Schmitt und Guido Christensen kommentiert werden.

      Das Werk ist in drei Teile gegliedert. In Teil 1 werden nach einer lesenswerten Einleitung zum AGB-Recht (verfasst von Mathias Habersack) die §§ 305 bis 310 BGB erläutert. Die Kommentierung dieser Vorschriften, auf die fast 2/3 des Gesamtumfangs entfällt, teilen sich acht Autoren. Schwerpunkte bilden hierbei die Erläuterungen zu § 307 BGB (Andreas Fuchs) sowie zu den Klauselverboten in § 308 BGB (Harry Schmidt) und in § 309 BGB. Den umfangreichen Anhang zu § 310 BGB (AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht) hat Marcus Bieder verfasst. Ein weiterer Anhang (zu § 305 BGB) behandelt den internationalen Geschäftsverkehr. Eine wahre Fundgrube stellt der 2. Teil dar, in dem – alphabetisch geordnet – von A (Abtretungsausschluss) bis Z (Zinsanpassungsklauseln) knapp 60 Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke detailliert dargestellt und kritisch gewürdigt werden. Neu aufgenommen wurden u.a. Datenschutzklauseln und Werbeeinwilligungserklärungen. Die von Alexander Witt besorgte Erläuterung der AGB-rechtlichen Vorschriften des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) mit erstmaliger Kommentierung der §§ 4a-4a UKlaG bildet in Teil 3 den Abschluss.

      Durch die hervorragende Aufbereitung der stark von Kasuistik geprägten Materie und die gelungene Verzahnung aller drei Teile ist der Kommentar ein optimales Nachschlagewerk. Auch nach 45 Jahren bleibt der „Ulmer/ Brandner/Hensen“ mit dieser aktuellen wissenschaftlich fundierten und praxisnahen Darstellung (Stand der Bearbeitung Herbst 2021) das führende Werk zum AGBRecht, in dem Rechtsprechung und Wissenschaft Orientierung finden. (bmc)

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