Recht

Anwaltshaftung

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 2/2017

Markus Gehrlein, Anwalts- und Steuerberatungshaftung, 4. Aufl., Verlag Recht und Wirtschaft, Frankfurt a.M. 2016. XVI, 223 S., ISBN 978-3-8005-1626-1. € 79,00

Der erstmals 2010 in der Betriebs-Berater Schriftenreihe erschienene Leitfaden zur Anwalts- und Steuerberaterhaftung liegt nun schon in 4. Auflage vor. Der Autor Markus Gehrlein ist Richter am Bundesgerichtshof (Mitglied des IX. Zivilsenats) und Honorarprofessor an der Universität Mannheim. Als Ziel des Werkes wird im Vorwort der 1. Auflage angegeben, die Grundlagen der Berufshaftung der Anwälte und Steuerberater zu vermitteln, wobei der Verfasser eine einheitliche Darstellung gewählt hat, weil sich Anwalts- und Steuerberaterhaftung zwar hinsichtlich der Beratungspflichten, nicht aber bezüglich der weiteren Haftungsgrundlagen unterscheiden. Das Werk gliedert sich in neun Abschnitte. Die Darstellung beginnt mit dem Beratungsvertrag (Rechtsnatur, Zustandekommen) und den Rechtsgrundlagen der Beraterhaftung. Danach werden eingehend die Beratungspflichten (die etwas unglücklich als Belehrungspflichten bezeichnet werden) des Rechtsanwalts und des Steuerberaters behandelt. In dem folgenden Kapitel über „Ursachenzusammenhang von Pflichtverletzung und Schaden“ werden die nicht einfach zu durchdringenden Kausalitätsfragen dogmatisch präzise und übersichtlich aufbereitet. Gehrlein bekennt sich im Streit zwischen dem XI. und dem IX. Zivilsenat zu den Rechtsfolgen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens erwartungsgemäß zur Auffassung „seines“ Senats, der bei Beratungspflichtverletzungen Beweiserleichterungen in Form eines Anscheinsbeweises annimmt und eine Beweislastumkehr ablehnt. Einen Schwerpunkt stellt der Abschnitt zum Schaden dar, in dem grundsätzliche Erwägungen neben Detailproblemen stehen und deshalb keine Frage offen bleibt. Der Haftung von Sozietäten und Sozien ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Verjährungsfragen werden zu Recht ausführlich behandelt; ob allerdings die Darstellung alten Rechts (vor dem Stichtag 15.12.2004) noch so umfangreich ausfallen muss, kann bezweifelt werden. Bei den Ausführungen zur Verjährungshemmung durch Mahnbescheid werden die aktuellen Fälle des Missbrauchs des Mahnverfahrens nicht angesprochen, die aber wohl in diesem Bereich auch keine Rolle spielen. Die Darstellung wird abgeschlossen durch einen Überblick zu prozessualen Fragen. Das dann noch folgende Kapitel „Allgemeine Honorarfragen“ hat mit dem Titel des Werkes nur noch am Rande zu tun.

Das Werk ist ganz an der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgerichtet. Schrifttumshinweise finden sich nicht, folglich gibt es auch kein Literaturverzeichnis. Es wendet sich also vor allem an jene, die eine konzentrierte Orientierung über die BGH-Rechtsprechung zur Berufshaftung von Anwälten und Steuerberater suchen. Diese werden bestens bedient, weil Gehrlein als Mitglied des IX. Zivilsenats des BGH sozusagen aus erster Hand und mit hoher Verlässlichkeit diese stark richterrechtlich geprägte Rechtsmaterie lückenlos ausbreitet, in einer klar geschriebenen, und – bei allem Detailreichtum – übersichtlichen Darstellung. Trotz des hohen Preises eine lohnende Anschaffung für den angesprochenen Adressatenkreis. (bmc)

 

 

Gero Fischer, Gerhard Vill, Detlev Fischer, Axel Rinkler, Bertin Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., ZAP-Verlag Bonn 2015. XXV, 961 S., ISBN 978-3-89655-792-6. € 139,00

Das erstmals 1999 erschienene Standardwerk zur Anwaltshaftung liegt nun in 4. Auflage vor. War die 3. Auflage noch durch einen starken Wechsel bei den Autoren gekennzeichnet, ist bei der Neuauflage hierzu nur eine Veränderung festzustellen, allerdings eine gewichtige, der Begründer und Mitautor des Handbuchs Richter am Bundesgerichtshof a.D. Horst Zugehör ist aus Altersgründen ausgeschieden. Von den ursprünglich vier Autoren ist nur Gero Fischer (Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D.) als Mann der ersten Stunde übrig geblieben.

Das Werk wendet sich vor allem an Rechtsanwälte, die mit der Geltendmachung oder Abwehr eines Regressanspruchs beauftragt sind oder sich selbst Schadensersatzforderungen gegenübersehen sowie an Richter und Haftpflichtversicherer. Alle drei an diesem Werk beteiligten Richter waren (auch Gerhard Vill und Detlev Fischer sind nach Erscheinen des Werkes in den Ruhestand getreten) Mitglieder des IX. Zivilsenats, der für Anwaltsregresse und Haftung aus steuerlicher Beratung zuständig ist. Die beiden anderen Autoren sind Rechtsanwalt beim BGH (Axel Rinkler) sowie Rechtsanwalt und Leitender Justitiar bei einem (großen) Haftpflichtversicherer (Bertin Chab). Bei diesen Autoren ist gewährleistet, dass die stark richterrechtlich geprägte Rechtsmaterie der Anwaltshaftung umfassend sozusagen aus erster Hand und mit hoher Verlässlichkeit ausgebreitet wird.

Das Werk gliedert sich in 5 Teile. Der fast 500 Seiten umfassende Teil 1 behandelt die vertragliche Haftung gegenüber dem Auftraggeber. Die Reihenfolge der Abschnitte entspricht den Schritten, die bei der Prüfung eines Regressanspruchs beachtet werden sollten. Das umfangreiche einleitende Kapitel (§ 1), das sich mit dem Anwaltsvertrag befasst, stammt aus der Feder von Rinkler. Die Pflichten aus dem Anwaltsvertrag (§ 2) behandelt anschließend Vill, wobei D. Fischer den Teil zu Vergütungsfragen beisteuert. Die für die Anwaltshaftung zentralen Themen „Anspruchsgrundlagen, Verschulden sowie Kausalität, Zurechnung, Schaden und Mitverschulden sind von G. Fischer (§§ 3-5) und D. Fischer (§ 6) bearbeitet. Ausführlich und mit Unterteilung in altes und neues Recht behandelt Chab Verjährungsfragen, die bei der Anwaltshaftung eine große Rolle spielen.

Teil 2 (§§ 8-14), der die vertragliche Haftung gegenüber „Nichtmandanten“ zum Inhalt hat, wurde vollständig von D. Fischer bearbeitet, ebenso Teil 3 (Deliktische Haftung). Im Einzelnen geht es bei der Dritthaftung um die Themen Vertrag zugunsten Dritter, Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, um die Haftung aus Auskunfts- und Treuhandvertrag sowie um die Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss und aus Prospekthaftung. Der abschließende 5. Teil (bearbeitet von Chab) befasst sich mit der Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte. Über den Nutzen der „Checkliste für die Haftungsprüfung“ (Teil 4) und der übrigen Checklisten und Leitfäden, wie sie am Ende einzelner Kapitel (§ 4 und § 5) zu finden sind, kann man streiten. In Handbüchern dieser Art werden Checklisten u.ä. gerne als wertvolle Arbeitshilfen angesehen und in Rezensionen entsprechend gelobt. In diesem Werk handelt es sich eher um knappe Zusammenfassungen des Inhalts der vorangegangenen Kapitel mit Verweis auf Fundstellen. Wie es sich gehört, enthält das Handbuch Hinweise auf Spezialliteratur und eine umfassende Aufarbeitung von Rechtsprechung und Schrifttum in einer klar geschriebenen, und übersichtlichen Darstellung. Das „Handbuch der Anwaltshaftung“ kann (nicht erst mit dieser Auflage) als das Standardwerk zur Anwaltshaftung bezeichnet werden. Jedem, der sich mit der Rechtsberaterhaftung aktiv oder passiv zu befassen hat – namentlich Rechtsanwälten, Haftpflichtversicherern, Richtern – ist es deshalb nachdrücklich zu empfehlen. (bmc)

VRiOLG a.D. Dr. Bernd Müller-Christmann (bmc) war von 2002 bis Ende Februar 2016 Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe. Er ist Mitautor in mehreren juristischen Kommentaren und Autor in juristischen Fachzeitschriften.

mueller-christmann-bernd@t-online.de

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