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Alles auf den Kopf und wieder auf die Beine gestellt!

Aus: fachbuchjournal Ausgabe 3/2017
Die komplett neu gestalteten City-Reiseführer des Michael Müller Verlags. Gespräch mit Verlagsleiter Michael Müller, Pressesprecher Matthias Kröner und Redaktionsleiter Karsten Luzay

Die offensichtliche Frage gleich am Anfang: Was war der Grund für die komplette Neugestaltung Ihrer Städte­ reiseführer? Das ist schließlich nicht billig und durchaus auch gewagt?

Michael Müller, Verleger: Durch die starke Verbreitung von Smartphones und die flächendeckende Nutzung des Internets hat sich das Leseverhalten enorm verändert. Die Übersichtlichkeit steht heute an erster Stelle. Man will sich als Reisender in einem Reisebuch schnell zurechtfinden. Was nicht heißt, dass unsere Leserinnen und Leser keine langen Textstrecken mehr schätzen. Doch sie wollen wissen, wo etwas steht und warum es da steht (Stichwort „intuitiver Zugang“). Deshalb sollte in einem Reiseführer auch die „Verlinkung“ stimmen.

Vor mir liegen sowohl der alte als auch der neue City­ Reisführer Hamburg. Der hat wirklich ein komplett neues Outfit. Schon mal Glückwunsch zur frischen Farbgestal­ tung! Insgesamt haben Sie keinen Stein auf dem anderen gelassen! Sie haben also nicht nur kosmetische, sondern ganz grundsätzliche Veränderungen vorgenommen. Was waren Ihre Überlegungen?

Karsten Luzay, Redaktionsleiter: Da wir unsere Städteführer tatsächlich auf den Kopf und wieder zurück auf die Beine gestellt haben, wollten wir diese Änderungen auch optisch zeigen: durch ein frisches Layout. Das beginnt bereits mit dem Cover, auf dem wir uns für eine Farbe entschieden haben, die es im Reisebuchbereich noch nicht gab. Außerdem sind wir von einer Zwei-Bild- zu einer Ein-Bild-Lösung gekommen. Das ist gewagt, doch wir wollten, dass man sofort erkennt, dass die Müller-Bücher heutiger geworden sind: inhaltlich, aber eben auch im Outfit. Dabei haben wir unser Markenzeichen – die Detailtiefe – natürlich beibehalten.

Matthias Kröner, Pressesprecher: Nein, unsere Leser gingen uns glücklicherweise nicht verloren. Damit das so bleibt, war dieser Relaunch wichtig. Ein Grund für eine gewisse Popularität der Müller-Bücher liegt ja auch darin, dass sich die Reiseführer im Laufe von knapp 40 Jahren immer wieder verändert haben. Wenn man die erste Portugal-Auflage betrachtet, kann man fast nicht glauben, dass die aktuell 22. Auflage im selben Verlag erschienen ist.

Doch ganz konkret zum Relaunch: Ja, es war Teamarbeit, wobei wir die Autoren miteingebunden und viel ausprobiert haben, bevor das Ergebnis so geworden ist, wie es sich jetzt darstellt. Will sagen: Der Relaunch hat uns viel Nerven gekostet, doch er war es auch wirklich wert.

Wie muss ich mir den Prozess im Verlag vorstellen? Wie gingen Sie bei diesem kompletten Relaunch vor? Haben Sie sich als Team hingesetzt und alles in Frage gestellt? Oder hatten einzelne Autoren bei Neuauflagen Verände­ rungsvorschläge? Oder gingen Ihnen Ihre Zielgruppen durch das veränderte Leseverhalten in digitalen Zeiten langsam verloren und Sie mussten reagieren?

 

 

Die Boxhandschuhe hängen wieder. Immer ein kleiner Kampf: der Relaunch einer beliebten Reiseführerserie

Was ist neu?

Karsten Luzay: Mit der neuen Staf fel der 2017er-City-Rei sefüh rer gibt es The men sei ten zu Be ginn. So hat man schnell einen ers ten Über blick: zum Auf bau der Stadt und ihrer Viertel, zur Kulina rik, zu Aus ge hen, Shop pen und, na tür lich, zur Top Ten der Se hens wür dig kei ten und zu den Al ter na ti ven der Klas si ker.

Doch auch die Tou ren durch die Stadt vier tel sind noch griffi ger ge wor den: durch ein Best-of der wich tigs ten Spots und eine Über schrift zu jeder Se hens wür dig keit, die so fort umreißt, was einen dort er war tet.

In einem ge son der ten Ka pi tel („Nach le sen & Nach schla gen“) sind alle Re stau rants und Muse en zu sam men ge fasst und nach Vorlieben kategorisiert, sodass die Leser schnell das für sie passende Museum oder Restaurant finden, ohne das komplette Buch durcharbeiten zu müssen.

Definitiv neu sind auch ein eigenes „Kinderkapitel“ und ein Kapitel „für den schmaleren Geldbeutel“. Reagieren Sie damit ganz konkret auf Wünsche Ihrer individuellen Reiseklientel?

Matthias Kröner: Ich bin mir gar nicht sicher, ob nur Individualreisende solche Tipps schätzen. Spannende Erlebnisse zum Nulltarif mag doch eigentlich jeder. Und wer (kleine) Kinder hat, wird es ebenfalls schätzen, etwas zu unternehmen, das die ganze Familie gut findet. Um mich zu outen: Meine Kinder sind 3 und 7 – und es ist nie einfach, alle Bedürfnisse zu befriedigen, die der Kinder, aber auch die der Eltern.

Kostenlos zu den neuen Städteführern gibt es die Web­ App. Was ist das?

Michael Müller: Die Web-App kann man zu Hause am Compu ter nutzen, aber auch un ter wegs auf mobilen Ge rä ten. Sie be inhal tet sämt li che Adres sen aus den Bü chern, den sogenannten „POIs“ (= Po ints of In te rest), die in einer Karte ver ortet und mit Seitenzahlen versehen sind. Sehr wichtig ist uns, dass man die POIs nach zahlreichen Attributen filtern kann.

Zwei weitere Vorteile: Die Web-App muss nicht in stal liert werden, und eine Registrierung ist nur erfor der lich, wenn man z. B. Fa vo ri ten setzt, um diese auf unterschiedlichen Endgeräten zu nut zen.

Wie reagierten und reagieren Ihre Autoren auf diesen Relaunch? Die müssen ja nun alle ihre jeweilige Stadt mit neuen Augen neu prüfen. Das ist doch richtig viel Mehraufwand, oder täusche ich mich da? Also: Wider­ stand oder Begeisterung?

Matthias Kröner: Ganz ehrlich, die Autoren (einschließlich mir) haben gestöhnt. Es war wirklich ein gewaltiger Kraftakt von allen Seiten. Doch als die ersten Vormerkerzahlen aus dem Buchhandel kamen, entspannten sich die Gesichter. Man konnte beinahe von einem Lächeln sprechen … Gerade in der Buchbranche ist es ja so, dass man als Autor sehr stark in Vorleistung geht. Wenn das dann von den Lesern geschätzt wird, ist die Freude natürlich riesig.

Werden Sie neben den City­Reiseführern auch Ihre Rei­ seführer neu gestalten?

Karsten Luzay: Für 2018 steht erst einmal der Relaunch weiterer City-Guides an. Aber natürlich denken wir auch über die Weiterentwicklung unserer Reiseführer nach. Das ist derzeit aber noch nicht spruchreif.

Herr Kröner, Herr Luzay, Herr Müller vielen Dank für das Gespräch.

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