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30 Jahre Dummies: Die Erfolgsgeschichte der gelb-schwarzen Buchreihe des Wiley-VCH Verlags

Aus: fachbuchjournal-Ausgabe 3/2022

Kein Fachchinesisch, dafür verständliche Erklärungen, handfester Rat, freundliche Leseransprache

Esther Neuendorf, Cheflektorin der ConsumerDummies, vor fünf Jahren beim Anschneiden der Torte zum 25. Jubiläum

Vor 30 Jahren kam DOS for Dummies in die Buchländen. Damit begann im Verlag Wiley-VCH die außergewöhnliche Erfolgsgeschichte dieser gelb-schwarzen Buchreihe. Wir haben mit drei Beteiligten über die Dummies gesprochen, mit Verleger Harmut Gante, mit Esther Neuendorf, ­Cheflektorin der Consumer-Dummies und mit dem Cheflektor der naturwissenschaftlichen- und IT-Dummies Marcel Ferner. Ein Gespräch über Anfang, Aufstieg, Erfolg, Zukunftspläne. (ab)

Wann sind Sie das erste Mal mit einem Dummies Buch in Kontakt gekommen? Was waren Ihre ersten Eindrücke?

Hartmut Gante: Das war 1994, im Sommer, es war „Mac für Dummies“ und ich habe damals nur gedacht: a. Was ist DAS denn? b. Eine Biene? c. Ein Vogelschiss? d. Ach, ein Buch für absolute Anfänger für den MAC? HER ­DAMIT!

Esther Neuendorf: Es war 1995. Ich kam frisch von der Uni und hatte ein Volontariat beim damaligen Dummies-Verlag begonnen. An einem der ersten Tage dort herrschte großer Trubel in den Verlagsräumen, denn Dr. Ruth Westheimer, die Autorin von „Sex für Dummies“, war im Haus, inklusive Fernsehteam. Sie war wie ein Wirbelwind, sehr engagiert, voller Energie und Begeisterung. Und irgendwie ist das stellvertretend für die Buchreihe: Sie wird getragen vom Engagement der Autoren und ihrer Begeisterung für ihr Thema.

Marcel Ferner: Das war 2005 im Rahmen der Vorbereitung auf das Bewerbungsgespräch bei Wiley-VCH. Mir hat direkt die klare Struktur des Buchs gefallen, es war übrigens „Philosophie für Dummies.“

Waren Sie denn sofort von dem Konzept überzeugt?

Hartmut Gante: Nein, es hat drei Wochen gedauert, weil ich erst dann ins Buch reingeschaut habe. Dann hat es zum ersten Mal gefunkt.

Marcel Ferner: Mir ging es ähnlich. Dafür musste ich das Buch erst lesen. Dann aber schon.

Esther Neuendorf: Ich schon. Andere IT-Bücher waren damals teilweise so nerdig und speziell, da hoben sich die Bücher ohne Fachchinesisch und mit einer freundlichen Leseransprache wohltuend ab.

Waren die Dummies gleich akzeptiert?

Esther Neuendorf: Es dauerte schon eine Weile, bis der Reihentitel akzeptiert wurde. Anfang war es schwierig, Autoren zu überzeugen ein Buch mit „für Dummies“ auf dem Titel zu schreiben und es gab viele Absagen. Hartmut Gante: Ich habe keine Ahnung, wie viele Briefe und Emails ich beantwortet habe, die mit „Wie können Sie es wagen, Ihre Leser so zu beleidigen…“ angefangen haben. Ich habe sie alle beantwortet!

Was finden Sie bei Ihrer Arbeit mit den Dummies am spannendsten?

Hartmut Gante: Ich darf dabei helfen, echte für Dummies-Bücher zu machen. Wie scharf ist DAS denn. Marcel Ferner: Auf der Frankfurter Buchmesse zu sehen, wie viele Menschen unsere Bücher mögen, und zu hören, wo und wie sie ihnen geholfen haben.

Esther Neuendorf: Die unglaubliche Themenbreite. Welche Buchreihe sonst umfasst so viele Themen. Für mich als Programmleiterin ist es natürlich toll, immer wieder neue Themenbereich „aufmachen“ und bestehende Themencluster erweitern zu können. Verbunden mit der Vielfalt an Themen sind die vielen verschiedenen Autorenpersönlichkeiten, mit denen wir im Lektorat zu tun haben.

Wie entwickeln Sie Ideen für neue Themen?

Marcel Ferner: Internetrecherche – Nachdenken – Gespräche – Kaffee – Zigaretten; in umgekehrter Reihenfolge. Esther Neuendorf: Das ist ganz unterschiedlich: durch intensive Recherche, durch Studieren von Modellhandbüchern und Curricula, durch Beobachten von Trends oder der Aktivitäten des Mitbewerbs, durch Befragung von Menschen, die sich mit einem Thema richtig gut auskennen, durch Gespräche mit Autoren und potenziellen Autoren und zum Teil auch aus dem Bauch heraus, auch das ist beim Verlegen wichtig.

Kann man aus jedem Thema einen Dummies-Titel machen oder gibt es Themen, von denen Sie lieber die Finger lassen?

Marcel Ferner: Ich denke, fast jedes eignet sich, aber so seltsam sich das anhört: Humor ist für mich nicht dummiesvizierbar.

Harmut Gante: Alles, was an emotionale Tabus rührt, ist schwierig.

Was war für Sie persönlich das schlechteste Dummies Buch oder was hätten Sie besser nicht machen sollen?

Marcel Ferner: Ich nenne hier keinen Titel, aber anfänglich habe ich mich bzw. meine Meinung von gut und richtig zu wichtig genommen. Das hat einigen Büchern geschadet.

Esther Neuendorf: Ich habe eines im Kopf, das ich besser nicht publiziert hätte, aber aus Achtung vor den Autoren schweige ich lieber still.

Was haben Sie daraus für sich gelernt?

Marcel Ferner: Ich mache kein Buch zu einem guten und kann nur anderen Menschen dabei helfen, ein gutes Buch zu schreiben.

Esther Neuendorf: Wenn beim ersten Gespräch oder den ersten Texten der Bauch „Nein“ sagte, sollte man als Lektorin besser absagen. Im eigenen Interesse und in dem des Autors.

Was ist Ihr persönliches Lieblingsbuch und warum?

Hartmut Gante: In der Reihe „Psychologie FD“. Marcel Ferner: Von den Dummies: „Philosophie für Dummies“, weil mir der Titel geholfen hat, den Job bei den Dummies zu bekommen.

Marcel Ferner, Cheflektor der naturwissenschaftlichenund IT-Dummies

 

Verleger Harmut Gante

 

Esther Neuendorf: Oh, da kann ich mich beim besten Willen nicht entscheiden.

Welche Themen werden die Dummies als nächstes erobern bzw. gibt es noch neue Felder, die Sie noch besetzen können?

Marcel Ferner: Ich würde gerne was mit Zwergbilchbeutlern, rosa Elefanten, Dinosauriern, Pinguinen und Piraten machen, weiß aber noch nicht, wie ich das unter einen Hut bringen soll.

Esther Neuendorf: In jedem Fall gibt es noch genug Regale in den Buchhandlungen, in denen noch zu wenige gelb-schwarze Bücher stehen. Wir arbeiten dran, dass sich das ändert.

Hartmut Gante: Jawohl! In jedes Buchregal, in dem zwei Bücher stehen, gehört als Drittes ein Dummies- Buch, wir haben gerade erst angefangen!

Wird es neue digitale Produkte geben?

Marcel Ferner: Mit ihrem modularen Aufbau bieten sich die Dummies dafür an, deshalb denke ich, da wird gewiss noch einiges kommen.

Hartmut Gante: Das ist eine Frage, die ich leider noch nicht beantworten darf, aber ich bin mir sehr sicher, dass wir in drei Jahren da was kommen sehen.

Wo sehen Sie die Dummies in zehn Jahren?

Esther Neuendorf: In zehn Jahren wird in noch mehr Köpfen „für Dummies“ das Synonym für verständliche Erklärung und handfesten Rat stehen.

Marcel Ferner: Als Marktführer bei Office 2031. Hartmut Gante: Wir machen etwa 110 neue für Dummies Bücher pro Jahr in Deutschland, Österreich und der Schweiz, also etwa 1.100 Titel weiter.

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